Rn. 100

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

§ 66 Abs 1 S 3 EStG aF regelt den Fall, dass für das Kind zwar nicht für den Monat Juli 2022 (bzw Mai 2021 und September 2020) ein Anspruch auf Kindergeld besteht, mindestens aber für einen anderen Kalendermonat in den Kj 2022, 2021 und 2022. Ist Letzteres der Fall, besteht ein Anspruch in Höhe der jeweiligen Einmalbeträge (2022: EUR 100; 2021: EUR 150, 2020: EUR 200 und EUR 100). Nach BZSt vom 27.05.2022, BStBl I 2022, 894 Tz I.1. ist anspruchsbegründender Monat in diesen Fällen grundsätzlich der Kalendermonat, in dem innerhalb des Kj zuletzt ein Anspruch auf Kindergeld bestand.

Zu Fällen, in denen erstmals für mindestens einen Monat nach dem anspruchsbegründenden Monat (Juli 2022, Mai 2021, September 2020) ein Anspruch auf Kindergeld bestand, s Rn 101.

 

Rn. 101

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Da § 66 Abs 1 S 3 EStG aF für den Anspruch auf den Kinderbonus nur voraussetzt, dass für einen anderen Kalendermonat als den Monat Juli 2022, Mai 2021 oder September 2020 Anspruch Kindergeld besteht, ergeben sich Anspruchskonkurrenzen in den Fällen, in denen kein Anspruch auf Kindergeld für den betreffenden Kalendermonat besteht, unterschiedliche Berechtigte jedoch Anspruch auf Kindergeld für verschieden Kalendermonate des jeweiligen Kj haben. Dies sind zB die Fälle des Berechtigtenwechsels bei getrennt lebenden Eltern (§ 64 Abs 2 S 1 EStG). Bestand zB für das Kind im Kj 2022 kein Kindergeldanspruch für den Monat Juli und bestand ein Kindergeldanspruch der Mutter für die Monate Januar bis Juni 2022 und ein Kindergeldanspruch des Vaters für den Monate August bis Dezember 2022, erscheint fraglich, welchem Elternteil der Anspruch nach § 66 Abs 1 S 3 EStG idF des Steuerentlastungsgesetzes 2022 vom 23.05.2022 (BGBl I 2022, 749) zusteht. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs zum Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz ergibt sich lediglich, dass für jedes Kind nur einem Berechtigten die Einmalbeträge gezahlt werden können, BT-Drucks 19/200058, 25. Ferner verweist die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 66 Abs 2 S 3 EStG idF des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes vom 29.06.2020 darauf, dass die Einzelheiten der Auszahlung der Einmalbeträge durch die Familienkassen durch eine Einzelweisung geregelt werden. Insoweit ergibt sich aus BZSt vom 27.05.2022, BStBl I 2022, 894 Tz I.1., dass in den Fällen, in denen im Juli 2022 kein Kindergeldanspruch besteht, anspruchsbegründender Monat der Kalendermonat sein soll, in dem innerhalb des Kj 2022 zuletzt ein Anspruch auf Kindergeld bestand. Dabei dürfte es sich um den Monat handeln, der aus Sicht des Monats Juli 2022 der letzte Monat war, in dem vor dem Juli 2022 ein Kindergeldanspruch bestand, so auch Wendl in H/H/R, § 66 EStG Rz 13 (Juni 2021), im Beispielsfall also um den Monat Juni 2022, in dem ein Kindergeldanspruch der Mutter bestand.

Die Formulierung in BZSt vom 17.05.2022, BStBl I 2022, 894 Tz I.1. "in dem innerhalb des Kj 2022 zuletzt ein Anspruch auf Kindergeld bestand", erscheint insoweit missverständlich, als sie nicht hinreichend deutlich macht, dass es sich nur um die Fälle handelt, in denen kein Kindergeldanspruch für Juli 2022 bestand, wohl aber für einen Monat vor dem Juli 2022. Dies ergibt sich mittelbar aus der Bestimmung in BZSt vom 17.05.2022, 894 Tz I.1., wonach in Fällen, in denen erstmals für mindestens einen Monat nach Juli 2022 ein Anspruch auf Kindergeld begründet wird, anspruchsbegründender Monat derjenige ist, in dem innerhalb des Kj 2022 nach dem Juli 2022 erstmals ein Kindergeldanspruch bestand.

Dieses Ergebnis lässt sich jedoch mit den gebräuchlichen Methoden der Gesetzesauslegung nicht erreichen, so dass die Regelung in BZSt vom 27.05.2022, BStBl I 2022, 894 Tz I.1. nicht als norminterpretierende Verwaltungsanweisung anzusehen ist. Gleiches gilt für die inhaltlich gleichlautenden Ausführungen in BZSt vom 06.08.2020, BStBl I 2020, 657 Tz I.1.; BZSt vom 17.03.2021, BStBl I 2021, 350 Tz I.1.

Dass die Regelung in § 66 Abs 1 S 3 EStG aF dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügt, erscheint mithin sehr zweifelhaft. Wem der Kinderbonus nach § 66 Abs 1 S 3 EStG aF in den Fällen zusteht, in denen im Kj infolge eines Berechtigtenwechsels für unterschiedliche Monate verschiedene Berechtigte Anspruch auf Kindergeld haben muss durch das Gesetz geregelt werden, eine Weisung des BZSt stellt keine hinreichende Rechtsgrundlage dar. In den Fällen, in denen mehreren Berechtigten für unterschiedliche Kalendermonate des Jahres 2022 Anspruch auf Kindergeld zusteht, haben nach dem Gesetzeswort des § 66 Abs 1 S 3 EStG aF mehrere Kindergeldberechtigte Anspruch auf den Kinderbonus, so dass dieser mehrfach auszuzahlen ist. Eine einschränkende gesetzliche Regelung dazu, dass im Falle des Berechtigtenwechsels nur einer der Kindergeldberechtigten den Kindergeldbonus beanspruchen kann und nach Maßgabe welcher Kriterien dieser Berechtigte zu bestimmen ist, lässt sich § 66 Abs 1 S 3 EStG aF nicht entnehmen. Durch Verwaltungsanweisung kann ein gesetzlicher Anspru...

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