1. Eindeutigkeit und Auslegung
Rn. 95
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Durch das StÄndG 2001 (BGBl I 2001, 3794) wurde § 6a Abs 1 Nr 3 EStG, also das Schriftformerfordernis s (Rn 99ff) um folgenden Hs ergänzt:
Zitat
"die Pensionszusage muss eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten".
Dieses Eindeutigkeitsgebot war am 23.12.2001 in Kraft getreten. Mit ihm sollten Auslegungszweifel über den Inhalt einer Pensionszusage reduziert werden. Es diente somit ebenso wie das Schriftformerfordernis dazu, Rechtsklarheit zu schaffen. Die Regelung des § 6a Abs 1 Nr 3 Hs 2 EStG ging über die in R 41 Abs 7 S 1 EStR 1999 aufgestellten Anforderungen hinaus, auf die in den Gesetzesmaterialien Bezug genommen wird.
Der BFH ist allerdings der Auffassung, dass die Ergänzung des § 6a Abs 1 Nr 3 EStG um den obigen Hs nur deklaratorische Bedeutung habe, da jene Anforderungen auch bereits vor ihrer Einfügung galten (BFH vom 23.07.2019, XI R 48/17 Rz 16). Er führt aus, dass für die Auslegung des § 6a Abs 1 Nr 3 EStG die "allgemein geltenden Auslegungsregeln" anzuwenden waren und sind, "soweit ihr Inhalt nicht bereits klar und eindeutig feststeht".
Rn. 95a
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Die Vorschrift des § 6a Abs 1 Nr 3 Hs 2 EStG war die Reaktion des Gesetzgebers auf die Rspr des BFH zum in Abschn 31 Abs 5 S 1 KStR 1995 geregelten Klarheitsgebot. Es verlangte zur ertragsteuerlichen Anerkennung der Pensionszusage eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer KapGes, dass die Zusage auf einer klaren und eindeutigen Vereinbarung zwischen Gesellschafter-Geschäftsführer und Gesellschaft beruhte. Der BFH (BFH vom 22.10.1998, BFH/NV 1999, 972; BFH vom 24.03.1999, BFH/NV 1999, 1643; BFH vom 24.03.1999, BStBl II 2001, 612) erweiterte das Klarheitsgebot, als selbst nach ihrem Wortlaut mehrdeutigen Pensionszusagen die ertragsteuerliche Anerkennung nicht versagt wurde. Voraussetzung war nur, dass ihr Inhalt durch Auslegung und ggf Beweiserhebung eindeutig ermittelt werden konnte.
2. Leistungsart, Leistungsform, Leistungsvoraussetzungen, Leistungshöhe
Rn. 96
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§ 6a Abs 1 Nr 3 Hs 2 EStG setzt voraus, dass die Pensionszusage Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten Pensionsleistungen regelt:
- Unter der Art der in Aussicht gestellten Pensionsleistungen sind die Leistungsarten (Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenleistungen) zu verstehen (Höfer, Bd I Kap 2 Rz 11ff).
- Der Begriff "Form" spricht die Zahlungsweise an, also zB ob Renten oder Kapitalien gewährt werden sollen und ob Geld- bzw Sach- oder Nutzungsleistungen gewährt werden (Höfer/de Groot/Küpper, BetrAVG Bd I Arbeitsrecht, Kap 2 Rz 25ff (März 2023)).
- Die Voraussetzungen regeln, bei welchem Ereignis (zB Erreichen der Altersgrenze, Tod, Invalidität) die Versorgung erbracht wird und ob zB Wartezeiten eine Leistung ausschließen.
- Schließlich wird verlangt, dass die Höhe der Pensionsleistungen für jeden Leistungsfall feststeht. Die Zusage muss somit ggf den anzuwendenden Rechnungszinsfuß angeben, wenn er zur Ermittlung der Leistungshöhe benötigt wird (zB s Rn 94d).
Eine ausdrückliche Regelung ist allerdings hinsichtlich solcher Inhalte entbehrlich, die sich unmittelbar und zwingend aus gesetzlichen Vorschriften ergeben. Sinn und Zweck des § 6a Abs 1 Nr 3 Hs 2 EStG verlangen in der Pensionszusage nur Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten Pensionsleistungen, soweit die Vertragsfreiheit der Vertragsparteien reicht. Schließlich können nur hinsichtlich dieser frei regelbaren Inhalte Auslegungszweifel entstehen. Daher ist zB in einer mittels Entgeltumwandlung finanzierten Pensionszusage nicht zu regeln, dass der ArbG kraft Gesetzes zu einer jährlichen Anpassung der Pensionsleistungen um mindestens 1 % verpflichtet ist. Diese Pflicht ergibt sich zwingend aus § 16 Abs 5 BetrAVG. Soll aber eine höhere jährliche Anpassungsrate als von 1 % gewährt werden, so muss dies ausdrücklich vereinbart werden.
3. Anforderungen an das Eindeutigkeitsgebot
Rn. 97
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Darüber hinaus verlangt § 6a Abs 1 Nr 3 Hs 2 EStG, dass die Angaben zu Leistungsart, -form, -voraussetzungen und zur Höhe eindeutig sind. Das ist nur dann der Fall, wenn sie nicht mehrdeutig sind, also keinen Auslegungszweifeln unterliegen. Nicht vom Eindeutigkeitsgebot erfasste Regelungsbereiche müssen hingegen nicht eindeutig geregelt werden. Es genügt, wenn der Inhalt der Pensionszusage insoweit im Wege der Auslegung und Beweiserhebung ermittelt werden kann, so zB hinsichtlich des Invaliditätsbegriffs (Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II Kap 2 Rz 172 (Januar 2023)).
Rn. 97a
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Dem Eindeutigkeitsgebot wird auch dann genügt, wenn die Ermittlung der künftigen Leistung klar geregelt ist, aber am Bilanzstichtag die absolute Höhe der künftigen Leistung nicht feststeht, da sich die Berechnungsparameter bis zum Eintritt des Leistungsfalles noch ändern können. Dies wäre zB der Fall bei den Regeln zur Bemessung einer Abfindung der Versorgung nach § 3 Abs 5 BetriebsrentenG iVm § 4 Abs 5 BetriebsrentenG. Die Abfindungshöhe richtet sich in...