ba) Die Herkunft des Begriffs
Rn. 332
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
§ 7 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG spricht nicht selbst von "Wirtschaftsgebäuden". Der Begriff entstammt aus einer Überschrift im Gesetz zur Verbesserung der Abschreibungsbedingungen für Wirtschaftsgebäude und für moderne Heizungs- und Warmwasseranlagen (v 19.12.1985, BGBl I 1985, 2434). Gemeint ist mit dieser Kurzbezeichnung eine Gebäudeart, für die § 7 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG und, soweit noch zeitlich anwendbar, § 7 Abs 5 S 1 Nr 1 EStG eine beschleunigte AfA vorsehen.
bb) Überblick über die Tatbestandsmerkmale von Wirtschaftsgebäuden
Rn. 333
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale der Wirtschaftsgebäude, die kumulativ erfüllt sein müssen, sind:
bc) Gebäude
Rn. 334
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Insoweit wird auf die Ausführungen unter s Rn 317 ff zum Gebäudebegriff verwiesen.
bd) "Soweit"
Rn. 335
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Aus dem Wort "soweit" folgt, dass sich die AfA nach § 7 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG nicht notwendig auf das ganze Gebäude beziehen muss, da ein Gebäude nach dem jeweiligen Nutzungs- und Funktionszusammenhang – eigenbetriebliche und fremdbetriebliche Nutzung, eigene und fremde Wohnnutzung – in bis zu vier selbstständige unbewegliche WG zerfallen kann, s Rn 72. § 7 Abs 5a EStG bezieht auch solche selbstständigen Gebäudeteile in den Anwendungsbereich der § 7 Abs 4 u 5 EStG mit ein.
Rn. 336
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Vor diesem Hintergrund bezieht sich § 7 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG auf Gebäude, "soweit" sie zum BV gehören und nicht Wohnzwecken dienen. Wegen § 7 Abs 5a EStG wäre es konsequenter gewesen, § 7 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG würde sich auf Gebäude als Ganzes beziehen ("die" statt "soweit") und allenfalls § 7 Abs 5a EStG klarstellend zu ergänzen, dass für jeden selbstständigen Gebäudeteil gesondert zu prüfen ist, ob er die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG erfüllt.
be) Betriebsvermögen
Rn. 337
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Das Gebäude bzw der Gebäudeteil muss zum BV (notwendig oder gewillkürt) gehören (glA Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 400). Damit soll verhindert werden, dass ungerechtfertigt steuerliche Vorteile erlangt werden (Entwurf der BReg, BT-Drucks 10/4042, 6). Diese wurden darin gesehen, dass der StPfl für Gebäude im PV einerseits die hohen Abschreibungssätze des § 7 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG beanspruchen könnte, andererseits aber bei einer Veräußerung außerhalb der (damals!) zweijährigen Spekulationsfrist (§ 23 Abs 1 Nr 1 Buchst a EStG aF) die Differenz zwischen Abschreibungsrestwert und Veräußerungserlös nicht besteuert wurde (Roland, DStZ 1986, 63). Durch die Neufassung des § 23 Abs 1 Nr 1 Buchst a EStG (StEntlG 1999/2000/2002 v 24.03.1999, BGBl I 1999, 402) und Ausdehnung der "Spekulationsfrist" auf 10 Jahre bei Grundstücken ist diese Begründung mindestens zT hinfällig.
Rn. 338
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Aus dem Erfordernis "BV" ergibt sich Folgendes:
- Gewinneinkünfte: BV gibt es nur bei den Gewinneinkunftsarten (§ 2 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG), dh bei Gewerbebetrieb, LuF und selbstständiger Arbeit, nicht bei den Überschusseinkünften (§ 2 Abs 2 S 1 Nr 2 EStG). Die §-7-Abs-4-S-1-Nr-1-EStG-AfA gibt es daher nur im BV.
- Gewinnermittlungsart: Ob der Gewinn durch Bilanzierung oder durch §-4-Abs-3-EStG-Rechnung ermittelt wird, ist ohne Belang.
- Art des BV: Ob das Gebäude notwendiges oder gewillkürtes BV oder Sonder-BV ist, ist ebenfalls bedeutungslos (Korn, KÖSDI 1986, 6244), sodass die Einlage in das gewillkürte BV ggf als Steuergestaltungsinstrument in Betracht kommt. Nachteil: ab Einlage entstehende stille Reserven werden irgendwann einmal versteuert. Zur AfA-Bemessungsgrundlage bei der Einlage s Rn 378.
- Gleichheitsgrundsatz: ME ist die Ungleichbehandlung von Gebäuden im PV und BV verfassungsgemäß, die Privilegierung von BV ist mE sachlicher Differenzierungsgrund iSd Art 3 Abs 1 GG.
bf) Nicht Wohnzwecken dienend
Rn. 339
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Die Gebäude(-teile) dürfen nicht Wohnzwecken dienen, dh, sie dürfen nicht dazu bestimmt und geeignet sein, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen (BFH BStBl II 2004, 221; 2004, 223; 2004, 225; R 7.2 Abs 1 S 1 EStR 2012; Schnitter in Frotscher/Geurts, § 7 EStG Rz 401). Gebäude dienen nicht Wohnzwecken, wenn sie zur vorübergehenden Beherbergung von Personen bestimmt sind (R 7.2 Abs 1 S 3 EStR 2012).
Als "Mindestausstattung" müssen Wohnzwecken dienende Räume enthalten: Heizung, Küche, Bad, Toilette (BFH BStBl II 2004, 221; 2004, 223; 2004, 225).
Rn. 340
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Dazu folgende Übersicht für wichtige Zweifelsfragen:
Nutzungsart der Räume |
Wohnzwecke |
Keine Wohnzwecke |
Altenheime, wenn die Überlassung von Wohnräumen von den damit verbundenen Dienstleistungen überlagert wird |
|
x1 |
Altenheime, wenn die Überlassung von Wohnräumen von den damit verbundenen Dienstleistungen nicht überlagert wird |
x2 |
|
Asylbewerber-Gemeinschaftsunterkünfte |
|
x3 |
Betreutes Wohnen |
x4 |
|
Betriebsfeuerwehrleute-Wohnu... |