bca) Allgemeines
Rn. 385
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Allg zum Begriff der HK s Rn 120ff. Wie dort ausgeführt, gilt die Legaldefinition des § 255 HGB auch für das Steuerrecht, einerlei, ob PV oder BV (GrS BFH BStBl II 1990, 830; BFH/NV 2002, 966; 2002, 968; 2007, 1475; BStBl II 2008, 218; 2011, 706; 2017, 437; 2019, 170; R 6.3 Abs 1 EStR 2012; OFD Ffm, Vfg v 31.01.2006, DStR 2006, 567). Dies bedeutet, dass HK Aufwendungen sind, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten entstehen, und zwar für:
§ 255 Abs 2 S 1 HGB |
Inhalt der Alternative |
Erläuterungen dazu |
Alt 1 |
Herstellung eines WG1 |
s Rn 386 |
Alt 2 |
Erweiterung eines WG1 |
s Rn 387–389 |
Alt 3 |
über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung eines WG1 |
s Rn 390 |
1 § 255 HGB verwendet den handelsrechtlichen Begriff "Vermögensgegenstand", der aber mit dem steuerlichen Begriff "WG" identisch ist (Schubert/Waubke, Beck'scher Bilanzkommentar 12. Aufl 2020, § 247 HGB Rz 12). Da es hier um das Steuerrecht geht, wird der Begriff des "WG" verwendet.
Rn. 385a
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Daneben gibt es noch einen rein steuerlichen Begriff des "anschaffungsnahen Aufwands" (= "anschaffungsnahe HK"), der für nach dem 31.12.2003 begonnene Baumaßnahmen in § 6 Abs 1 Nr 1a EStG eine Legaldefinition hat (s Rn 391). S dazu H 21.1 EStH 2020 iVm BMF v 18.07.2003, BStBl I 2003, 386.
Rn. 385b
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Ob HK vorliegen (und nicht etwa Erhaltungsaufwand), bestimmt sich bei gemischtgenutzten Gebäuden (die also mehrere WG enthalten) nur nach dem betrieblichen Gebäudeteil (BFH BFH/NV 2007, 1475; BStBl II 2008, 218; H 21.1 EStH 2020).
bcb) Aufwendungen für die Herstellung eines WG (§ 255 Abs 2 S 1 HGB Alt 1)
Rn. 386
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
"Herstellung" meint folgende Varianten (BFH/NV 2007, 1475):
Erst-Herstellung |
Zweit-Herstellung |
Funktions-/Wesensänderung |
dh Schaffung eines bisher nicht vorhandenen WG |
dh Wiederherstellung eines bereits vorhandenen, aber zerstörten/unbrauchbar gewordenen WG |
dh vorhandenes WG (also ggf auch nur ein Gebäudeteil!) wird durch Baumaßnahmen in seiner Funktion oder in seinem Wesen verändert (ebenso BFH BFH/NV 2005, 543; BStBl II 2008, 218) |
Rn. 386a
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Beispiele für "Herstellungen":
- Kosten für die erforderlichen Versorgungs- und Entsorgungsanschlüsse, zB für eine für ein EFH errichtete Sickergrube, die jedoch noch vor Fertigstellung des Gebäudes durch den Anschluss an das öffentliche Siel ersetzt wird (FG Ha EFG 1995, 63 rkr); nicht aber für die Erneuerung dieser Anschlüsse (BFH BStBl II 2003, 590)
- die Aufwendungen für die Ablösung von Stellplatzverpflichtungen (FG Nds EFG 1991, 182 rkr)
- die Aufwendungen zur Beseitigung von Baumängeln eines noch nicht fertig gestellten Gebäudes (BFH BStBl II 1992, 805; 1995, 306: keine AfaA möglich, H 6.4 EStH 2020 "Baumängelbeseitigung"; H 7.4 EStH 2020 "AfaA"; dazu Flies, BB 1996, 2169). Auch s Rn 413 "Baumangel"
- Erdarbeiten, die beim Bau eines Gebäudes regelmäßig anfallen (Abtragung, Lagerung, Einplanierung bzw Abtransport des Mutterbodens, Aushub des Bodens für die Baugrube, seine Lagerung und ggf seinen Transport; BFH BStBl II 1994, 512)
- der Restwert zzgl Abrisskosten eines alten, in Abbruchabsicht erworbenen Gebäudes (= HK eines neuen, durch grundlegenden Umbau eines alten oder unter Abbruchabsicht erworbenen alten Gebäudes; BFH BStBl II 1985, 208; 1993, 504). Anders aber, dh nachträgliche AK des Grund und Bodens, wenn Neubau geplant, aber wieder aufgegeben, FG Köln EFG 2014, 527 rkr). Ferner s Rn 413. Zur Aufteilung von Abbruchkosten s FG Münster 4 K 855/19, Rev, Az des BFH IX R 16/20
- Aufwendungen für Werkzeuge und Maschinen, die speziell für die Herstellung des Gebäudes angeschafft worden sind (FG BdW EFG 1987, 295 rkr)
- Fahrten zur Baustelle oder zur Beschaffung von Gerätschaften und Materialien (FG D'dorf EFG 1987, 451 rkr)
- grds die Kosten einer früheren Planung, wenn bei gleichem Zweck und gleicher Bauart des ursprünglich geplanten und des errichteten Gebäudes auch die Kosten der ursprünglichen Planung wertbestimmend in das neue Gebäude eingehen (BFH BStBl II 1981, 418; BFH/NV 1986, 528)
- ein Gebäude ist so sehr abgenutzt, dass es unbrauchbar geworden ist (Vollverschleiß), und unter Verwendung der übrigen noch nutzbaren Teile wird ein neues WG hergestellt (BFH BStBl II 1977, 577; 1996, 632; 2003, 590; BFH/NV 1991, 154).
Offen bleibt in diesem Zusammenhang zB, ob ein heruntergekommenes Wohngebäude, das noch zB als Notunterkunft für Asylanten/Flüchtlinge genutzt wird, darunterfällt (s Pezzer, DB 1996, 849; Spindler, DStR 1996, 765). Auch s Rn 428.
Rn. 386b
Stand: EL 154 – ET: 11/2021
Beispiel für keine "Herstellungen":
- Reine Umgestaltung vermieteter Räume durch Verlegung und Entfernung von Zwischenwänden, solange die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude nicht das bautechnische Gepräge geben (BFH BFH/NV 2007, 1475).
bcc) Aufwendungen für die Erweiterung eines WG (§ 255 Abs 2 S 1 HGB Alt 2)
Rn. 38...