Rn. 71
Stand: EL 172 – ET: 04/2024
Bei der Korrekturvorschrift des § 70 Abs 2 EStG handelt es sich um eine sonst gesetzlich zugelassene Korrektur iSd § 172 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, vgl BFH vom 28.06.2006, III R 13/06, BStBl II 2007, 714.
Die eigenständige Korrekturvorschrift betrifft nur die Fälle, in denen die ursprünglich rechtmäßige Kindergeldfestsetzung durch eine spätere Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten oder des Kindes, vgl dazu BFH vom 28.06.2006, III R 13/06, BStBl II 2007, 714; Selder in Brandis/Heuermann, § 70 EStG Rz 29 (Oktober 2021), rechtswidrig geworden ist. Das ist zB beim Überschreiten der Altersgrenze der Fall, BFH vom 17.12.2014, XI R 15/12, BStBl II 2016, 100. Auch der Wechsel der sachlichen Zuständigkeit der für die Kindergeldgewährung zuständigen Behörde, dh der Übergang der Verpflichtung von einem auf einen anderen Rechtsträger, ist nach BFH vom 06.04.2017, III R 33/15, BStBl II 2017, 997 eine iSd § 70 Abs 2 EStG für den Anspruch auf Kindergeld erhebliche Änderung. Gleiches gilt für die Mitteilung einer ausländischen Behörde über die Gewährung von Familienleistungen, die erst nach der Kindergeldfestsetzung erfolgt, BFH vom 25.07.2019, III R 34/18, BStBl II 2021, 20.
Durch § 173 Abs 1 S 1 Nr 1 AO wäre eine solche Anpassungsänderung nicht zu bewirken, da diese Änderungsvorschrift ausschließlich auf solche Steuerbescheide Anwendung findet, die von Anfang an rechtswidrig sind. Zudem setzt § 173 Abs 1 S 1 Nr 1 AO das nachträgliche Bekanntwerden von neuen Tatsachen voraus, nicht aber die Änderung rechtserheblicher Tatsachen nach Festsetzung des Kindergelds.
Die Anwendung der §§ 131ff AO auf die Kindergeldfestsetzung ist nach § 172 Abs 1 S 1 Nr 2 AO ausgeschlossen, weil für das Kindergeld als Steuervergütung nach § 155 Abs 4 AO die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften maßgebend sind, BFH vom 28.06.2006, III R 13/06, BStBl II 2007, 714.
§ 70 Abs 2 EStG gilt nicht für Bescheide, mit denen eine Kindergeldfestsetzung abgelehnt oder aufgehoben wird, BFH vom 21.01.2004, VIII R 15/02, BFH/NV 2004, 910.
Rn. 72
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Für das Verhältnis des § 70 Abs 2 EStG zu § 173 AO gilt, dass § 173 AO ein anderer Anwendungsbereich zukommt, s Rn 71. § 70 Abs 2 EStG betrifft die Aufhebung oder Änderung einer ursprünglich materiell richtigen Kindergeldfestsetzung. § 70 Abs 2 EStG ist deshalb neben § 173 AO anzuwenden. Dieser wird durch die Korrekturvorschriften des § 70 Abs 2–4 EStG nicht verdrängt, BFH vom 25.07.2001, VI R 18/99, BStBl II 2002, 81; BFH vom 26.07.2001, VI R 163/00, BStBl II 2002, 174.
Gleiches gilt für die Anwendung des § 174 AO sowie des § 175 AO, vgl BFH vom 25.07.2001, VI R 18/99, BStBl II 2002, 81.
Rn. 73
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Zur Aufhebung der Kindergeldfestsetzung wegen nachträglicher Zweifel an der Vaterschaft und Beweisvereitelung vgl FG Münster vom 08.11.2007, 12 K 4311/06 Kg, EFG 2008, 764.
Rn. 74–84
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vorläufig frei