Schrifttum:

Verwaltungsanweisungen:

BZSt vom 09.07.2019; BStBl I 2019, 655 (Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem EStG (DA-KG 2019));

BZSt vom 06.08.2020, BStBl I 2020, 657 (Kinderbonus 2020);

BZSt vom 27.08.2020, BStBl I 2020, 702 (Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem EStG (DA-KG 2020));

BZSt vom 17.09.2021, BStBl I 2021, 1598 (Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG) 2021));

BZSt vom 30.06.2022, BStBl I 2022, 1010 (Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem EStG (DA-KG 2022));

BZSt vom 26.05.2023, BStBl I 2023, 818 (Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem EStG (DA-KG 2023)).

Ferner s Schrifttum § 62 vor Rn 1.

I. Allgemeines

A. Überblick über die Vorschrift

 

Rn. 1

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Die Vorschrift, die inhaltlich den §§ 48, 49 und 50 SGB I entspricht (BT-Drucks 13/1558, 162), durchbricht den Grundsatz, dass das Kindergeld an sich an einen der Anspruchsberechtigten iSd §§ 6264 EStG auszuzahlen ist. Durch diese Abzweigung wird erreicht, dass das Kind oder diejenige Person unmittelbar das Kindergeld ausbezahlt erhält, die Unterhaltsansprüche gegenüber dem Kindergeldberechtigten hat, dieser seine Unterhaltspflicht jedoch nicht erfüllt, mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages leisten muss, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld, Weber-Grellet in Schmidt, § 74 EStG Rz 1 (43. Aufl).

Bei der Entscheidung über einen Abzweigungsantrag handelt es sich um einen VA mit Doppelwirkung gegenüber dem Berechtigten und dem Abzweigungsempfänger, V 33.1 Abs 3 S 9 DA-KG 2023. In den Fällen der Verletzung der Unterhaltspflicht kommt das Kindergeld den Kindern oder den Personen, die tatsächlich Unterhalt leisten, direkt und ohne Zivilprozess und Vollstreckungsmaßnahmen zu, Wendl in H/H/R, § 74 EStG Rz 3 (06/2020).

Daneben ermöglicht § 74 Abs 2 EStG die Überleitung des Kindergeldes auf den Sozialleistungsträger, wenn dieser Leistungen ohne Anrechnung des Kindergelds erbracht hat.

B. Rechtsentwicklung

 

Rn. 2

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Die Vorschrift wurde durch das JStG 1996 in das EStG eingefügt.

 

Rn. 3

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

§ 74 Abs 1 EStG regelt in seiner ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung die Auszahlung des Kindergelds an andere Personen als den oder die Kindergeldberechtigten. Dies setzt nach § 74 Abs 1 S 1 EStG die Verletzung der gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind voraus.

Nach § 74 Abs 1 S 3 EStG kann eine Abzweigung allerdings auch dann erfolgen, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltsverpflichtet ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld, vgl dazu Reuss, EFG 2009, 494.

Nach § 74 Abs 1 S 4 EStG kann die Auszahlung auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt leistet.

 

Rn. 4

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

§ 74 Abs 2 EStG ordnet für Erstattungsansprüche der Träger von Sozialleistungen gegen die Familienkasse die entsprechende Geltung der §§ 102109 und 111113 SGB X an.

 

Rn. 5–8

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

vorläufig frei

II. Abzweigung (§ 74 Abs 1 EStG)

A. Abzweigung bei Nichterfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht (§ 74 Abs 1 S 1 EStG)

1. Unterhaltsberechtigte Kinder

 

Rn. 9

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Auszahlungsempfänger nach § 74 Abs 1 S 1 EStG kann nur das Kind des Kindergeldberechtigten sein, für das das Kindergeld festgesetzt worden ist. Die Regelung betrifft in der Praxis überwiegend Kinder, die den elterlichen Haushalt verlassen haben, Wendl in H/H/R, § 74 EStG Rz 9 (06/2020). Voraussetzung für eine Abzweigung ist ferner, dass das Kind für sich selbst sorgt, Wendl in H/H/R, § 74 EStG Rz 9 (06/2020).

§ 74 Abs 1 EStG erfasst Kinder die als eheliche (§ 1601ff BGB), nichteheliche (§ 1615aff BGB), für ehelich erklärte (§ 1723ff BGB) oder angenommene (Adoptiv-)Kinder (§ 1741ff BGB) gesetzlich unterhaltsberechtigt sind. Die Vorschrift ist nicht analog auf Stiefkinder und Pflegekinder ohne gesetzlichen Unterhaltsanspruch anzuwenden, da keine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, FG SAnh vom 05.07.2011, 4 K 882/10, EFG 2012, 430; FG BdW vom 14.06.2012, 12 K 3606/11, EFG 2012, 2027; Wendl in H/HR, § 74 EStG Rz 7 (06/2020); hingegen analoge Anwendung bejahend: Janda in K/S/M, § 74 EStG Rz B 4 (06/2022).

Der Abzweigung unterliegt das für ein Kind festgesetzte Kindergeld, soweit es nicht der Auszahlungsbeschränkung des § 70 Abs 1 S 2 und 3 EStG unterliegt, V 33.1 Abs 1 DA-KG 2023.

2. Nichterfüllung der Unterhaltspflicht

 

Rn. 10

Stand: EL 173 – ET: 06/2024

Die nicht bloß abstrakt, sondern im Einzelfall konkret festzustellende Unterhaltspflicht des Kindergeldberechtigten korrespondiert mit der anspruchsbegründenden Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Kindes (vgl § 1602 BGB; BFH vom 16.04.2002, VIII R 50/01, BStBl II 2002, 575; BFH vom 17.03.2006, III B 135/05, BFH/NV 2006, 1285). Der Unterhaltsanspruch des Kindes setzt einen ungedeckten Unterhaltsbedarf des Kindes (FG Düsseldorf vom 07.04.2016, 16 K 1697/15 Kg, FamRZ 2016, 1893) und die Leistungsfähigkeit de...

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