Rn. 302
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Die durch das Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451) erfolgte Einfügung des § 8 Abs 1 S 3 EStG verfolgt das Ziel, bestimmte zweckgebundene Gutscheine und Geldkarten, die die Kriterien des § 2 Abs 1 Nr 10 ZahlungsdiensteaufsichtsG (ZAG) erfüllen (vgl dazu BaFin, Merkblatt – Hinweise zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz Stand November 2017, abrufbar unter https://hbfm.link/6282) und damit nicht als Zahlungsdienste gelten, als Sachbezug zu definieren, BT-Drucks 19/14909, 44. Es handelt sich somit bei § 8 Abs 1 S 3 EStG um eine Ausnahmevorschrift zu § 8 Abs 1 S 2 EStG.
Für die steuerrechtliche Bewertung der Gutscheine und Guthabenkarten ist die Erfüllung der jeweiligen gesetzlichen Kriterien der 3 Ausnahmetatbestände des § 2 Abs 1 Nr 10 Buchst a, b, c ZAG entscheidend und nicht die aufsichtsrechtliche Bewertung als Zahlungsdienst, BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242 Rz 27.
Nach BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242 Rz 30 war es – abweichend von § 8 Abs 1 S 3 EStG – nicht zu beanstanden, wenn Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, jedoch die Kriterien des § 2 Abs 1 Nr 10 ZAG nicht erfüllen, noch bis zum 31.12.2021 als Sachbezug anerkannt werden.
Die Freigrenze des § 8 Abs 2 S 11 EStG ist bei Gutscheinen und Geldkarten iSd § 8 Abs 1 S 3 EStG nur dann anwendbar, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, ausführlich s Rn 537.
Bei den Gebühren, die der ArbG für die Bereitstellung und die Aufladung von Gutscheinen und Geldkarten trägt, handelt es sich beim ArbN nicht um einen zusätzlichen geldwerten Vorteil und damit nicht um Arbeitslohn, BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242, Rz 3; ähnlich Ettlich in Brandis/Heuermann, § 8 EStG Rz 70e (März 2022): bereits keine objektive Bereicherung des ArbN.
Gutscheine iSd § 8 Abs 1 S 3 EStG sind auch Gutscheinkarten, digitale Gutscheine, Gutscheincodes sowie Gutscheinapplikationen/-Apps (vgl BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242 Rz 3), wenn sie auf einen Geldbetrag lauten.
Als Geldkarte sind auch Wertguthabenkarten in Form von Prepaid-Karten anzusehen (BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242, Rz 3); insoweit ist eine Betragsangabe nicht erforderlich, da es sich um Geldsurrogate handelt, BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242 Rz 9, 12, 14; Ettlich in Brandis/Heuermann, § 8 EStG Rz 70f (März 2022).
Rn. 303
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
§ 8 Abs 1 S 3 EStG setzt ferner voraus, dass die Gutscheine oder Geldkarten ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen. Von einer Berechtigung zum ausschließlichen Bezug von Waren oder Dienstleistungen ist insbesondere nicht auszugehen, wenn der ArbN (zB aufgrund eines vom ArbG selbst ausgestellten Gutscheins) zunächst in Vorleistung tritt und der ArbG ihm die Kosten im Nachhinein erstattet. In diesen Fällen handelt es sich um eine Geldleistung in Form einer nachträglichen Kostenerstattung (BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242 Rz 3, 20 und 21).
Eine nachträgliche Kostenerstattung ist hingegen dann nicht gegeben, wenn der ArbG einen selbst ausgestellten Gutschein an den ArbN ausgibt, den der ArbN bei einem Dritten einlöst und Letzterer mit dem ArbG unmittelbar abrechnet, Seifert, DStZ 2020, 36, 47. In diesem Fall ist entweder ein Sachbezug nach § 8 Abs 1 S 3 EStG gegeben, wenn der Gutschein auf einen Geldbetrag lautet, oder nach § 8 Abs 1 S 1 EStG, wenn dies nicht der Fall ist, Ettlich in Brandis/Heuermann, § 8 EStG Rz 70f (März 2022).
Der Bezug der Waren oder Dienstleistungen kann beim ArbG, aber auch bei einem Dritten erfolgen, vgl BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242 Rz 9, 12, 14. Die funktionale Begrenzung der Gutscheine und Geldkarten ist in geeigneter Weise durch technische Vorkehrungen und in den zur Verwendung kommenden Vertragsvereinbarungen sicherzustellen, BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242 Rz 26.
Da die Gutscheine und Geldkarten gemäß § 8 Abs 1 S 3 EStG ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen dürfen, findet die Vorschrift keine Anwendung auf Geldkarten mit Bezahlfunktion, s Rn 300. Die FinVerw beanstandet es allerdings nicht, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt oder auf einen anderen Gutschein oder eine andere Geldkarte übertragen werden können; dies gilt auch bei einem monatlichen Wechsel zB der Ladenkette im Rahmen einer weiteren Aufladung eines Guthabens auf derselben Geldkarte, BMF v 15.03.2022, BStBl I 2022, 242 Rz 24.
Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich berechtigen, sie gegen andere Gutscheine oder Geldkarten einzulösen (zB Gutscheinportale), berechtigen nicht ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen, da der alleinige Bezug eines weiteren Gutscheins oder einer weiteren Geldkarte kein Bezug von Waren oder Dienstleistungen iSd des § 8 Abs 1 S 3 EStG ist. Dies gilt nicht, wenn durch technische Vorkehrungen und in den zur Verwendung kommenden V...