Rn. 553
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Gegen § 8 Abs 3 EStG bestehen verfassungsrechtliche Bedenken insoweit, als der Preisabschlag von 4 % auf den Endpreis und der Rabattfreibetrag von 1 080 EUR im Kj nur auf die vom ArbG nicht überwiegend für den Bedarf seiner ArbN hergestellten, vertriebenen oder erbrachten Waren oder Dienstleistungen Anwendung findet. Damit hängt die Gewährung der Steuervergünstigung des § 8 Abs 3 EStG davon ab, in welcher Branche der ArbN beschäftigt ist, ferner werden selbstständige Vertreter nicht erfasst. Der BFH hat den Umstand, dass § 8 Abs 3 EStG nur auf ArbN Anwendung findet, allerdings ohne nähere Begründung als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet, BFH v 21.10.2010, X R 43/08, BFH/NV 2010, 1436 (Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, 2 BvR 2421/10).
Die Steuervergünstigung des § 8 Abs 3 EStG wirkt sich zudem nur für ArbN aus, die in bestimmten Branchen (zB Konsumgüterindustrie, Handel, Dienstleistungsgewerbe) beschäftigt sind, obwohl die durch den Sachbezug bewirkte steuerliche Erhöhung der Leistungsfähigkeit beispielsweise gegenüber einem in der Investitionsgüterindustrie beschäftigten ArbN keine Unterschiede aufweist (vgl Kister in H/H/R, § 8 EStG Rz 5 (Februar 2021); Gröpl in K/S/M, § 8 EStG Rz D 35, D 39 (April 2015)).
Rn. 554
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Beispiel:
Der bei einem Kfz-Vertragshändler beschäftigte ArbN, der als Sachbezug einen Pkw unentgeltlich oder verbilligt erhält, kann den Freibetrag von EUR 1 080 in Anspruch nehmen, nicht aber der bei einem Landmaschinenhersteller beschäftigte ArbN, auch wenn ihm der ArbG einen baugleichen Pkw zu denselben Konditionen überlässt.
Rn. 555
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Wendet derselbe ArbG zwei bei ihm beschäftigten ArbN jeweils unterschiedliche Waren gleichen Wertes zu, von denen die eine vom ArbG für den allgemeinen Markt hergestellt wird, die andere jedoch nicht, wird die Leistungsfähigkeit beider ArbN im gleichen Umfang erhöht, der Rabattfreibetrag steht jedoch nur demjenigen ArbN zu, der das vom ArbG für den allgemeinen Markt hergestellte Produkt zugewendet erhält.
Rn. 556
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Dies erscheint im Hinblick darauf bedenklich, dass der Gesetzgeber im ESt-Recht die Belastungsentscheidung getroffen hat, die Markteinnahmen abzüglich des erwerbssichernden und des existenzsichernden Aufwands zu besteuern (vgl BVerfG v 11.11.1998, 2 BvL 10/95, BStBl II 1999, 502, 506). Der Steuerfreibetrag nach § 8 Abs 3 EStG für unternehmensspezifische Waren und Dienstleistungen widerspricht diesem gesetzlichen Belastungsprinzip und schafft ein Steuerprivileg. Dem Gesetzgeber steht zwar bei der gesetzlichen Neuregelung ein weiter Gestaltungsspielraum zu, für die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Vorteilsgewährung durch den ArbG bedarf es bei im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten jedoch eines sachlichen Grundes, soll die Regelung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verstoßen.
Rn. 557
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Da § 8 Abs 2 und 3 EStG der Ermittlung der steuerlichen Leistungsfähigkeit des ArbN in Bezug auf die Sachbezüge dient, erscheint es fraglich, ob die unterschiedliche Bewertung von unternehmensspezifischen Gütern und Fremdprodukten sachlich gerechtfertigt ist (vgl Gröpl in K/S/M, § 8 EStG Rz D 354, D 39 (April 2015); verneinend Kister in H/H/R, § 8 EStG Rz 5 (Februar 2021)). Zudem führt die Differenzierung dazu, dass Vorteile von erheblichem wirtschaftlichen Gewicht nach § 8 Abs 3 EStG teilweise freigestellt werden, während vergleichsweise geringwertige Vorteile, denen darüber hinaus noch ein sozialer Einschlag zukommen kann (zB die unentgeltliche Gewährung von Mahlzeiten), idR nicht dem Rabattfreibetrag unterfallen (Ausnahme: Bedienstete im Hotel- und Gaststättengewerbe, sofern die ihnen gewährten Mahlzeiten denen entsprechen, die auch den Gästen angeboten werden).
Rn. 558
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Zudem ergibt sich aus § 8 Abs 1 EStG der Grundsatz der Gleichbehandlung von Geld und Gütern in Geldeswert, sodass die unterschiedliche Bewertung von verschiedenen Arten von geldwerten Gütern einer zwingenden sachlichen Rechtfertigung bedarf.
Fraglich erscheint, ob sich aus den mit der Bewertung der geldwerten Güter verbundenen Schwierigkeiten eine Begründung für die unterschiedliche Bewertung der Fremdprodukte gegenüber den unternehmensspezifischen Gütern herleiten lässt (verneinend: Gröpl in K/S/M, § 8 EStG Rz D 33ff (April 2015); Kister in H/H/R, § 8 EStG Rz 5 (Februar 2021). Die Schwierigkeiten bei der Bewertung hängen jedoch weder von der Art der Sachbezüge noch von der des Beschäftigungsverhältnisses ab (Kister in H/H/R, § 8 EStG Rz 5 (Februar 2021)). Es ist nicht ersichtlich, dass die Ermittlung des Endpreises iSd § 8 Abs 3 EStG gegenüber der des Endpreises iSd § 8 Abs 2 S 1 EStG für die nicht der SvEV unterliegenden Güter größere Schwierigkeiten bereitet. Da der genau zu ermittelnde Endpreis im allgemeinen Geschäftsverkehr den Ausgangspunkt für den Preisabschlag v...