Rn. 113
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Soweit Aufwendungen ausschließlich durch die Lebensführung des StPfl entstehen, können sie nicht als WK angesetzt werden. § 12 Nr 1 S 2 EStG kommt dabei lediglich deklaratorische Bedeutung zu (ausführlich zum Verhältnis von § 9 EStG zu § 12 EStG s Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 29), da es insoweit bereits am erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart fehlt (s Rn 66; vgl zB auch BFH v 10.07.2012, VI B 75/12, BFH/NV 2012, 1969: Frage der Aufteilung stellt sich nicht, wenn bereits eine berufliche Mitveranlassung der Aufwendungen nicht dargelegt wurde).
Problematisch sind aber die Fallgestaltungen, in denen Ausgaben sowohl durch die Lebensführung als auch durch die Einnahmeerzielung veranlasst sind. Das insoweit einstmals vertretene strenge Aufteilungs- und Abzugsverbot (BFH v 19.10.1970, GrS 2/70, BStBl II 1971, 17), wonach auch privat mitveranlasste Aufwendungen vom BA oder WK-Abzug ausgeschlossen sind, sofern nicht objektive Merkmale und Unterlagen eine zutreffend und leicht nachprüfbare Trennung ermöglichen, hat der BFH inzwischen aufgegeben (BFH v 21.09.2009, GrS 1/06, BStBl II 2010, 672; vgl dazu zB Jochum, DStZ 2010, 665). Zumindest soweit die Aufwendungen beruflich und privat veranlasste Anteile enthalten und ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab besteht (etwa der zeitliche Umfang der jeweiligen Nutzungsanteile; im Entscheidungsfall: das Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Teile einer Reise), kommt danach eine Aufteilung der Aufwendungen, ggf im Wege der Schätzung, in Betracht ("vom Aufteilungsverbot zum Aufteilungsgebot", Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 29). Zur Aufteilung der Aufwendungen für einen sog Schulhund, der neben beruflichen in nicht unerheblichem Umfang auch privaten Zwecken dient, als WK s BFH v 14.01.2021, VI R 15/19, BStBl II 2021, 453; BFH v 14.01.2021, VI R 52/18, BFH/NV 2021, 626 (auch s Rn 875 "Hund").
Auch nach der neuen Rspr bleibt es allerdings dabei, dass unerhebliche private oder unerhebliche berufliche Veranlassungsbeiträge dem WK-Abzug in dem einen Fall nicht entgegenstehen, in dem anderen ihn ausschließen (BFH v 21.09.2009, GrS 1/06, BStBl II 2010, 672 unter C.III.4.b.c. Hierher gehört der Sache nach auch BFH v 05.07.2012, VI R 50/10, BStBl II 2013, 282 für Telefonkosten eines Marinesoldaten bei mehr als einwöchigem Auswärtsaufenthalt; der BFH begründet die Abzugsfähigkeit mit einer "Überlagerung" der privaten durch die berufliche Veranlassung).
Die FinVerw sieht die Unerheblichkeitsgrenze bei 10 % (BMF v 06.07.2010, BStBl I 2010, 614).
Die Rspr hat sich niemals auf einen festen Prozentsatz festgelegt, sondern lediglich eine Aussage für den Einzelfall getroffen (BFH v 29.04.1983, VI R 139/80, BStBl II 1983, 586: 5 % unschädlich; BFH v 21.11.1986, VI R 137/83, BStBl II 1987, 262: 15,5 % sind schädlich). Die 10 %-Grenze kann aber trotzdem als Richtwert dienen.
Greifen die jeweils für sich gesehenen privaten und beruflichen Veranlassungsbeiträge derart ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, weil es an objektiven Kriterien für eine Aufteilung fehlt, so bleibt es weiterhin bei der Nichtabziehbarkeit des Aufwands (BFH v 21.09.2009, GrS 1/06, BStBl II 2010, 672 unter C.III.4.c.; BFH v 15.10.2013, VI B 20/13, BFH/NV 2014, 327 für Versicherung, die sowohl private als auch berufliche Risiken abdeckt; BFH v 13.11.2013, VI B 40/13, BFH/NV 2014, 335 u BFH v 16.03.2022, VI R 33/18, BFH/NV 2022, 842 für bürgerliche Kleidung).
Ausgeschlossen ist eine Aufteilung auch bei einem gemischt genutzten Arbeitszimmer, da der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Daher sind Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre des StPfl eingebundenen Raum, der sowohl zur Erzielung von Einkünften als auch – in mehr als nur untergeordnetem Umfang – zu privaten Zwecken genutzt wird, insgesamt nicht abziehbar; eine Aufteilung der Aufwendungen in betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen einerseits und privat veranlasste Kosten andererseits erfolgt nicht, da insoweit die Maßstäbe zur Aufteilung von Aufwendungen nicht anwendbar sind. Dies hat der GrS des BFH klargestellt (BFH v 27.07.2015, GrS 1/14, BStBl II 2016, 265) und damit auch der "Arbeitsecke" eine Absage erteilt (BFH v 17.02.2016, X R 32/11, BStBl II 2016, 708). Ausführlich zum Arbeitszimmer s §§ 4, 5 Rn 1750ff (Nacke).