1. Anwendungsbereich
Rn. 635
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Sonstigen Fahrtkosten sind nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 1 EStG die Aufwendungen für diejenigen Fahrten, die weder Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte iSd § 9 Abs 4 EStG noch Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung sind. Im Gegensatz zu den sonstigen Fahrtkosten können Letztere nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 2 EStG und § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 S 5 EStG grds nur mit der Entfernungspauschale in Abzug gebracht werden.
In den Anwendungsbereich der Norm fallen damit insbesondere
- Dienstreisen,
- Außendienstmitarbeiter ohne erste Tätigkeitsstätte,
- Einsatzwechseltätigkeiten (dh berufliche Tätigkeiten, die typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten erbracht werden) oder
- auch unbefristet angestellte Leih-ArbN, die von ihrem ArbG befristet bei einem Dritten eingesetzt werden.
Rn. 636
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
vorläufig frei
2. Abzugsfähige Aufwendungen
Rn. 637
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Liegt eine auswärtige berufliche Tätigkeit vor, sind die Fahrtkosten (wie vor der Reform des Reisekostenrechts) gemäß § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 1 EStG in Höhe der tatsächlich entstandenen Aufwendungen als WK zu berücksichtigen. Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die dem ArbN durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, können wahlweise die Fahrtkosten mit den pauschalen Kilometersätzen angesetzt werden, die für das jeweils benutzte Beförderungsmittel (Fahrzeug) als höchste Wegstreckenentschädigung nach dem BRKG festgesetzt sind (§ 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 2 EStG).
a) Tatsächlich entstandene Aufwendungen
Rn. 638
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Benutzt der StPfl öffentliche Verkehrsmittel, stellen alle Aufwendungen, die er für die Reise aufgewandt hat, Fahrtkosten dar (Bahn- und Busfahrkarten einschließlich eventueller Zuschläge, Flugtickets, Fährpassagen, R 9.5 Abs 1 S 2 LStR 2015). Fiktive Kosten können hingegen nicht berücksichtigt werden (Bsp: Der StPfl verwendet seine privat erworbene Bahncard und erspart damit Aufwendungen – abzugsfähig sind nur die ermäßigten Kosten). Auch ein Ansatz der pauschalen Kilometersätze nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 2 EStG scheidet in diesem Fall aus (BFH v 11.02.2021, VI R 50/18, BStBl II 2021, 440).
Rn. 639
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Benutzt der ArbN ein eigenes Kfz, sind zum Nachweis der tatsächlichen Kosten die jährlichen Gesamtkosten des Fahrzeugs (s H 9.5 Einzelnachweis LStH 2022) zu ermitteln. Zu den Kosten des Kfz gehören alle mit dem Betrieb des Fahrzeugs im Zusammenhang stehenden variablen (Benzin, Öl, laufende Inspektionen und Reparaturen) und fixen Kosten (Versicherung, Steuer, Abschreibung, Zinsen für ein Anschaffungsdarlehen, BFH v 01.10.1982, VI R 192/79, BStBl II 1983, 17), nicht aber Park- und Straßenbenutzungsgebühren, die als Reisenebenkosten (s Rn 189) berücksichtigt werden können.
Kann der StPfl nicht mehr sämtliche Kosten belegen, stehen aber weitere Kosten zumindest dem Grunde nach fest, besteht die Möglichkeit, diese Kosten der Höhe nach zu schätzen (BFH v 07.04.1992, VI R 113/88, BStBl II 1992, 854). Das FA darf bei der Schätzung allerdings von für den StPfl ungünstigen Umständen ausgehen. Von den jährlichen Gesamtkosten kann der StPfl dann den Teilbetrag ansetzen, der dem Anteil an der Jahresfahrleistung entspricht (R 9.5 Abs 1 S 3 LStR 2015).
Rn. 640
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Die FinVerw billigt dem ArbN zu, auf Grund der für einen Zeitraum von 12 Monaten ermittelten Gesamtkosten für das Kfz einen Kilometersatz zu errechnen, der dann so lange angesetzt werden darf, bis sich die Verhältnisse wesentlich ändern (R 9.5 Abs 1 S 4 LStR 2015; auch s BT-Drucks 17/10774, 13). Nicht möglich ist es, einen Kilometersatz zu berücksichtigen, der sich aus vom ADAC ermittelten Kostentabellen ergibt, weil es sich insoweit um Durchschnittswerte, nicht aber um die beim StPfl entstandenen tatsächlichen Kosten handelt (BFH v 27.06.1980, VI R 147/77, BStBl II 1980, 651).
Zur Frage der Behandlung einer Leasingsonderzahlung als sofort abzugsfähige WK (s BFH v 05.05.1994, VI R 100/93, BStBl II 1994, 643) oder im Rahmen der Ermittlung der tatsächlichen Kosten pro gefahrenen Kilometer (so FG Mchn v 12.10.2021, 2 K 667/21) ist das Revisionsverfahren VI R 9/22 anhängig.
b) Pauschale Kilometersätze nach BRKG
Rn. 641
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Mit der Neuregelung des Reisekostenrechts hat der Gesetzgeber erstmalig in § 9 Abs 1 S 3 Nr 4a S 2 EStG eine gesetzliche Kilometerpauschale festgelegt, die die bisherige Verwaltungsregelung in R 9.5 Abs 1 S 5 LStR 2011 und in H 9.5 LStH 2013 "Pauschale Kilometersätze" ersetzt hat. Insoweit handelt es sich um eine typisierende Vereinfachungsregelung.
Der ArbN kann danach in den bestimmten Fällen anstelle der tatsächlichen Aufwendungen, die ihm durch die persönliche Benutzung eines Beförderungsmittels entstehen, auch einen pauschalen Kilometersatz für jeden gefahrenen Kilometer als WK ansetzen. Macht der ArbN von dieser gesetzlichen Typisierung Gebrauch, ist eine Prüfung der tatsächlichen Kilometerkosten nicht mehr erforderlich (BFH v 11.02.2021, VI R 50/18, BStBl II 2021, 440; BMF v 24.10.2014, BS...