Rn. 39
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Spätere Erstattung der Aufwendungen, die in einem anderen VZ als dem der Verauslagung erfolgt, sind im VZ ihrer Erstattung als Einnahme bei der entsprechenden Einkunftsart zu erfassen (gefestigte Rspr, zB BFH v 13.07.2000, VI B 184/99, BFH/NV 2000, 1470; BFH v 22.10.2002, VI R 16/02, BFH/NV 2003, 164; BFH v 26.11.2008, X R 24/08, BFH/NV 2009, 568; Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 85 mwN). Der teilweise in der Literatur (Flies, DB 1997, 802) vertretenen Auffassung, wonach der Rückfluss als "negative WK" mit den positiven WK des jeweiligen VZ zu verrechnen sei, hat sich der BFH mit Recht – insbesondere wegen der Zufälligkeit der wirtschaftlichen Auswirkung – nicht angeschlossen.
Dass auch nach der hM regelmäßig keine vollständige Kongruenz der steuerlichen Auswirkung im Abzugs- und Erstattungsjahr hergestellt werden kann, ist zwangsläufige Folge eines progressiven Steuersystems und des Prinzips der Abschnittsbesteuerung und ist vom Gesetzgeber durch die Normierung des Zu- und Abflussprinzips in § 11 EStG bewusst in Kauf genommen worden (BFH v 26.01.2000, IX R 87/95, BStBl II 2000, 396). Bei besonderen Härten wäre zu erwägen, ob ein Billigkeitserlass nach §§ 163, 227 AO in Betracht zu ziehen ist. Im Falle von Schadensersatzleistungen durch einen Schädiger ist im Übrigen auch an einen zivilrechtlichen Ausgleich des steuerlichen Nachteils iRd Naturalrestitution (§ 249 Abs 1 BGB) zu denken.
Die steuerliche Erfassung einer Einnahme setzt aber voraus, dass diese aus erwerbsbezogenen Gründen (zB Erstattung vom ArbG) gezahlt wird. Erstattungen aus privaten Motiven (zB Zuwendung von Angehörigen) sind nicht als Einnahme zu erfassen (eine steuerliche Relevanz könnte sich insoweit – bei die entsprechenden Freibeträge übersteigenden Beträgen – auf der Ebene der Schenkungsteuer ergeben).
Bei Erstattungen einer Versicherung ist zu prüfen, wofür konkret Ersatz geleistet wird. Als Einnahme ist die Zahlung nur insoweit zu erfassen, als sie entgangene Einnahmen oder verausgabte WK abdeckt; wird hingegen ein Vermögensschaden ersetzt, betrifft die Zahlung nur die nicht steuerbare Vermögensebene (FG Mchn v 16.06.1998, 16 K 3050/95, EFG 1998, 1312).
Rn. 40
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Eine Erfassung als Einnahme hat selbst dann zu erfolgen, wenn der StPfl die dem Rückfluss zugrunde liegende Aufwendung (freiwillig) nicht als WK abgezogen hat. Denn die steuerrechtliche Einordnung kann nicht von der verfahrenstechnischen Behandlung abhängen (FG RP v 29.05.2008, 3 K 1699/05, DStRE 2008, 1498: Zahlung der Vollkaskoversicherung nach Unfall auf Fahrt zur Arbeit auch dann Einnahme, wenn Versicherungsprämien zuvor nicht abgezogen worden sind; Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 87). Je nach Verursachungsgrund bzw -person sollte dieses Ergebnis aber ggf nach dem Grundsatz von Treu und Glauben korrigiert oder durch Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO kompensiert werden.
Rn. 41
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Eine Besonderheit hinsichtlich der Erfassung als Einnahme besteht für öffentliche oder private Zuschüsse zur Finanzierung von Baumaßnahmen. Deren Zahlung führt nicht zu Einnahmen aus VuV, sondern mindert die AK/HK bzw führt zur Kürzung der als WK anzusetzenden Erhaltungsaufwendungen (BFH v 14.07.2009, IX R 7/08, BStBl II 2010, 34; BFH v 07.12.2010, IX R 46/09, BStBl II 2012, 310). Dies gilt aber nur, wenn der Zuschuss nicht als Gegenleistung für die Überlassung des Grundstücks oder die Nutzung des Grundstücks zu beurteilen ist (BFH v 26.03.1991, IX R 104/86, BStBl II 1992, 999). Hiervon ist zB auszugehen bei der Gewährung von Zuschüssen im Gegenzug zur Vereinbarung von Mietzinsbindungen oder Belegungsrechten (BFH v 23.03.1995, IV R 58/94, BStBl II 1995, 702; BFH v 14.10.2003, IX R 60/02, BStBl II 2004, 14), da der Bauherr durch solche Vereinbarungen auf seine uneingeschränkte Eigentümer-/Vermieterstellung verzichtet (FG He v 22.08.2000, EFG 2001, 138) und sich damit in Teilen der ihm sonst zustehenden Vertragsfreiheit mit seinem Mieter begibt, was idR zu geringeren Mieteinnahmen führen wird.