Rn. 11
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Aus dem Nettoprinzip (s Rn 4f) folgt, dass Aufwendungen eine Vermögensminderung voraussetzen. Fehlt es an einer Verminderung des Vermögens des StPfl, so liegen idR keine berücksichtigungsfähigen WK iSd § 9 EStG vor.
Rn. 12
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Steuerrechtlich sind demzufolge keine Aufwendungen gegeben, wenn der StPfl auf die Aufwendung von Ausgaben verzichtet oder ihm Ausgaben erspart bleiben (zB ersparte Übernachtungskosten bei einer Dienstreise, weil der StPfl kostenfrei bei Freunden oder Bekannten übernachten kann oder weil ihm der ArbG sämtliche Aufwendungen erstattet, BFH v 08.07.2010, VI R 24/09, BStBl II 2011, 288). In diesem Fall kann er bspw auch keine Übernachtungspauschalen ansetzen (BFH v 08.07.2010, VI R 24/09, BStBl II 2011, 288). Führen Zuwendungen des ArbG, durch die sich der ArbN eigene Aufwendungen erspart, dagegen zu stpfl Einnahmen, können in Höhe der Zuwendungen abziehbare WK vorliegen, wenn die Zahlungen durch den ArbN zu abziehbaren WK geführt hätten (BFH v 03.02.2011, VI R 9/10, BFH/NV 2011, 976 – s Rn 15).
Rn. 13
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Entgehen dem StPfl Einnahmen oder Vorteile, weil er zB arbeitslos wird (vgl BFH v 15.12.1977, VI R 102/75, BStBl II 1978, 216), keinen Mieter für seine Wohnung findet (BFH v 19.04.2012, VI R 25/10, BStBl II 2013, 699, bei Umzug aus beruflichen Gründen insoweit abweichend von § 8 Abs 3 BUKG), er ein ihm versprochenes zinsbegünstigtes Darlehen nicht erhält (vgl BFH v 29.01.1982, VI R 59/78) oder ein gestundeter Kaufpreis vorzeitig gezahlt wird, so dass keine Stundungszinsen anfallen (BFH v 21.10.1980, VIII R 190/78, BStBl II 1981, 160), so wird hierdurch nicht etwa das bestehende Vermögen des StPfl gemindert, sondern es wird lediglich nicht erhöht, ein Abzug als WK ist daher ausgeschlossen. Ebenso wenig führt die unentgeltliche Überlassung eines Gegenstandes an einen Dritten zur Nutzung zu abzugsfähigen WK, denn auch hier findet kein Abfluss aus dem Vermögen statt.
Rn. 14
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Keine Aufwendungen im Rechtssinne sind mangels Vermögensminderung der Einsatz der eigenen Arbeitskraft (BFH v 30.06.1955, IV 695/54U, BStBl III 1955, 238; BFH v 29.08.1969, VI R 319/67, BStBl II 1969, 705; BFH v 01.10.1985, IX R 58/81, BStBl II 1986, 142; ihre Berücksichtigung ist auch nicht im Billigkeitswege möglich, BFH v 31.08.1994, X R 66/92, BFH/NV 1995, 391), der eigenen Arbeitszeit, die Aufzehrung der eigenen Gesundheit (s v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz B 26), die Verwendung von Urlaubszeiten (FG Brandenburg v 11.04.2001, 2 K 1991/99, EFG 2001, 886) oder Zahlungen an sich selbst. Ebenso wenig stellen kalkulatorische Kosten im Rahmen einer betriebswirtschaftlichen Kosten- und Leistungsrechnung wie der kalkulatorische Unternehmerlohn Aufwendungen dar.
Rn. 15
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Gleiches gilt grundsätzlich auch für fiktive Aufwendungen/Ausgaben, zB wenn der StPfl bei einem beruflich veranlassten Umzug die Wohnungsausstattung nicht an den neuen Wohnort transportiert, sondern entsorgt (vgl FG Nds v 25.09.1980, VII 96/77, EFG 1981, 231), oder nicht mit Schuldzinsen belastet ist, weil er zur Finanzierung einer Immobilie kein Darlehen aufnimmt, sondern seine Wertpapiere veräußert. Davon abzugrenzen ist der Fall, dass sich der ArbN aufgrund von Zuwendungen des ArbG, die bei ihm zu stpfl Einnahmen führen, eigene Aufwendungen erspart, die, hätte er sie selbst geleistet, den WK-Abzug ermöglicht hätten. Hier kann der ArbN fiktive WK abziehen (BFH v 03.02.2011, VI R 9/10, BFH/NV 2011, 976; BFH v 28.04.2020, VI R 5/18, BStBl II 2021, 725; Krüger in Schmidt, § 9 EStG Rz 15), ggf auch bei einer anderen Einkunftsart (BFH v 04.06.1996, IX R 70/94, BFH/NV 1997, 20: zinsloses ArbG-Darlehen, das zum Erzielen von Vermietungseinkünften eingesetzt wird, führt zu fiktiven WK bei den Einkünften aus VuV). Hierher gehört auch der Fall einer Dienstwagenüberlassung durch den ArbG iSd § 8 Abs 2 S 2 EStG: Der ArbG trägt AK, fixe Kosten wie Steuer und Versicherung sowie idR auch die Reparaturkosten für den Pkw. Macht der ArbN für seine beruflich veranlassten Fahrten WK geltend, so handelt es sich insoweit um fiktive WK, als in den Pauschalen gedanklich ein Anteil für die vom ArbG getragenen Kosten enthalten ist.
Rn. 16
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Das Gesetz sieht aber auch Ausnahmen vom Erfordernis der tatsächlichen Vermögensminderung vor. So ist die Entfernungspauschale nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 S 2 EStG dem ArbN unabhängig davon zu gewähren, ob ihm tatsächlich WK entstanden sind. Ähnlich verhält es sich mit den Pauschbeträgen nach § 9a EStG: aus Vereinfachungsgründen werden WK in Höhe der Pauschbeträge gewährt, unabhängig davon, ob dem StPfl tatsächlich entsprechende Aufwendungen entstanden sind.