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Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Aktenkoffer und Aktentasche
Aktenkoffer und Aktentasche sind Arbeitsmittel, wenn sie so gut wie ausschließlich zum Transport beruflicher Unterlagen verwendet werden:
- anerkannt von FG Bln v 02.06.1978, III 126/77, EFG 1979, 225 für Betriebsprüfer; von FG Münster v 12.11.1996, 8 K 2250/94 E, EFG 1997, 334 für Sporttasche eines Sportlehrers; von FG Ha v 23.05.2011, 6 K 77/10, EFG 2011, 2057 für "Pilotentrolley FlightKit" mit Innenfächern;
- abgelehnt von FG Ha v 17.01.1972, III 24/70, EFG 1972, 329 für normalen Koffer des fliegenden Cockpitpersonals, in dem auch private Reiseutensilien transportiert wurden; von FG BBg v 31.05.2011, 10 K 10 202/09 für Reisekoffer einer Flugbegleiterin.
Anrufbeantworter
kein Arbeitsmittel, wenn an den auch für Privatgespräche genutzten Telefonanschluss angeschlossen, weil anders als bei Telefonkosten, für die eine Aufteilung anhand von Einzelgesprächsnachweisen möglich ist, eine sachgerechte Aufteilung nicht gelingt.
Antiquität
Auch antike Möbel können Arbeitsmittel darstellen, wenn sie nahezu ausschließlich zur Erledigung beruflicher Aufgaben verwendet werden (BFH v 31.01.1986, VI R 78/82, BStBl II 1986, 355 für antiken Schreibtisch). Zu prüfen ist in solchen Fällen aber immer, inwieweit die Aufwendungen die Lebensführung des StPfl berühren und nach allgemein Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind (§ 9 Abs 5 EStG iVm § 4 Abs 5 Nr 7 EStG). Antiquitäten unterliegen zwar keiner wirtschaftlichen, bei ständigem Gebrauch jedoch einer technischen Abnutzung, so dass AfA zu berücksichtigen ist (BFH v 31.01.1986, VI R 78/82, BStBl II 1986, 355). Allerdings vollzieht sich der Wertverzehr über sehr lange Zeiträume hinweg. Für eine 300 Jahre alte Meistergeige hat der BFH typisierend eine Restnutzungsdauer von 100 Jahren angesetzt (BFH v 26.01.2001, VI R 26/98, BStBl II 2001, 194; BFH v 01.03.2002, VI R 141/00, BFH/NV 2002, 787). Anders FG Nds v 16.04.1997, IX 547/97, EFG 1997, 953: keine AfA, da betragsmäßig zu vernachlässigen.
Arbeitszimmer
Mit Wirkung ab dem VZ 1996 beschränkte der Gesetzgeber durch § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b EStG den Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer erstmals; ab VZ 2007 hat er die Abzugsbeschränkung weiter verschärft (allerdings verfassungswidrig, soweit dem ArbN kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, Beschluss des BVerfG v 06.07.2010, 2 BvL 13/09, BStBl II 2011, 318). Diese Regelung gilt über § 9 Abs 5 EStG auch im Bereich der Überschusseinkünfte.
Es stellte sich die Frage, inwieweit Arbeitsmittel, die zur Ausstattung des Arbeitszimmers gehören (zB Schreibtisch, Stuhl, Bücherschrank, Regal), ebenfalls der Abzugsbeschränkung unterliegen. Die Frage hat der BFH dahingehend beantwortet, dass § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG gegenüber § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b EStG Anwendungsvorrang genießt mit der Folge, dass Aufwendungen für Arbeitsmittel weiterhin unbeschränkt abzugsfähig sind (BFH v 21.11.1997, VI R 4/97, BStBl II 1998, 351; BFH v 05.10.2011, VI R 91/10, BStBl II 2012, 127; BMF v 06.10.2017, IV C 6-S 2145/07, BStBl I 2017, 1320; zust Geserich in K/S/M, § 9 EStG H 130; krit Söhn, FR 1998, 637; FG Ha v 13.07.2005, V 13/00, EFG 2006, 60, im konkreten Fall aber nicht entscheidungserheblich); begründet hat der BFH seine Auffassung damit, dass es nicht einleuchte, für die nämlichen Arbeitsmittel danach zu differenzieren, ob sie sich zufällig im Arbeitszimmer befinden oder nicht. Ein in einem Arbeitszimmer ausgelegter Teppich zählt nicht zu den Arbeitsmitteln iSd § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG (BFH v 08.11.1996, VI R 22/96, BFH/NV 1997, 341).
Bekleidung
Das Tragen von Kleidung befriedigt ein allgemeines menschliches Bedürfnis und hat deshalb immer auch einen Bezug zur Lebensführung. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind daher als unverzichtbare Aufwendungen der Lebensführung nach § 12 Nr 1 S 2 EStG grundsätzlich nicht abziehbar (BFH v 16.03.2022, VIII R 33/18, BFH/NV 2022, 842). Wenn § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG Aufwendungen für typische Berufskleidung zu den WK rechnet, stellt dieses eine Durchbrechung der Regelung des § 12 Nr 1 EStG dar; insoweit hat die Vorschrift des § 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG gegenüber dem allgemeinen WK-Begriff des § 9 Abs 1 S 1 EStG konstitutive Bedeutung (BFH v 20.11.1979, VI R 143/77, BStBl II 1980, 73).
Abzugsfähig sind nur Aufwendungen für typische Berufskleidung. Hierzu gehören lediglich solche Kleidungsstücke, die ihrer Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet und wegen der Eigenart des Berufs nötig sind (BFH v 19.01.1996, VI R 73/94, BStBl II 1996, 202). Liegt die Benutzung als normale bürgerliche Kleidung iRd Möglichen und Üblichen, scheidet eine Qualifizierung als typische Berufskleidung hingegen aus (zB BFH v 20.03.1992, VI R 55/89, BStBl II 1993, 192; BFH v 16.03.2022, VIII R 33/18, BFH/NV 2022, 842). Zur typischen Berufskleidung gehören im Wesentlichen Kleidungsstücke, die durch ihre uniformartige Beschaffenheit eine berufliche Funktion erfüllen, sowie ...