1. Allgemeines
Rn. 750
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Zu den notwendigen Mehraufwendungen, die nach § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 EStG als WK zu berücksichtigen sind, zählen insbesondere Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten, (zeitlich befristete) Verpflegungsmehraufwendungen und die notwendigen Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort (BFH v 04.04.2019, VI R 18/17, BStBl II 2019, 449). Der Gesetzeswortlaut des § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 EStG enthält dabei eine allgemeine Regelung und daneben spezielle Bestimmungen über die abziehbaren Aufwendungen.
§ 9 Abs 1 S 3 Nr 5 S 4–9 EStG beschränken und pauschalieren die iRd doppelten Haushaltsführung berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft sowie Fahrtkosten.
Rn. 751
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Mit der Beschränkung der abziehbaren Aufwendungen auf die "notwendigen Mehraufwendungen" führt der Gesetzgeber eine Angemessenheitsprüfung ein, die iRd allgemeinen WK-Begriffs des § 9 Abs 1 S 1 EStG nicht erfolgt. Sind Aufwendungen als überhöht anzusehen, können sie insoweit nicht abgezogen werden, als sie über das erforderliche Maß hinausgehen (BFH v 16.03.1979, VI R 126/78, BStBl II 1979, 473). Dabei ist auf einen objektiven Maßstab und nicht die subjektive Einschätzung des StPfl abzustellen, dh darauf, was ein durchschnittlicher ArbN zur Führung eines zweiten Haushalts als erforderlich ansehen darf. Die Vorstellung darüber, was zum unabdingbaren Muss der Führung eines zweiten Haushalts gehört und was als Luxusaufwendung anzusehen ist, unterliegt den sich insoweit im Zeitablauf wandelnden Vorstellungen der Bevölkerung.
Rn. 752
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Die Feststellungslast für den Nachweis der tatbestandlichen Voraussetzungen des Vorliegens einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung sowie der Entstehung von Aufwendungen iRd doppelten Haushaltsführung trägt der StPfl.
Vorweggenommene oder nachträgliche WK sind nach allgemeinen Grundsätzen zu berücksichtigen. Dh, dass Aufwendungen für eine Wohnung nach § 9 Abs 1 S 1 EStG iVm § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 EStG nur dann als vorab entstandene WK einer doppelten Haushaltsführung abziehbar sind, wenn der StPfl endgültig den Entschluss gefasst hat, die Wohnung zukünftig im Rahmen einer steuerlich anzuerkennenden doppelten Haushaltsführung zu nutzen (BFH v 23.10.2019, VI R 1/18, BFH/NV 2020, 354). Ob dies der Fall ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.
Auch iRd doppelten Haushaltsführung ist Drittaufwand nicht anzuerkennen. Mietet beispielsweise der Vater des StPfl die Wohnung an und kommt er auch für die Miete tatsächlich auf, so ist ein Abzug beim StPfl ausgeschlossen (BFH v 13.03.1996, VI R 103/95, BStBl II 1996, 375).
2. Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte
Rn. 753
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Zu den Mehraufwendungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung gehören die Kosten der Unterkunft am Ort der ersten Tätigkeitsstätte.
a) Unterkunftskosten bis zum VZ 2013
Rn. 754
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Unterkunftskosten am Beschäftigungsort waren nach der BFH-Rspr notwendig iSv § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 S 1 EStG in der bis zum VZ 2013 geltenden Fassung und damit abzugsfähig, wenn sie den Durchschnittsmietzins einer 60 qm-Wohnung am Beschäftigungsort nicht überschritten (grundlegend BFH v 09.08.2007, VI R 10/06, BStBl II 2007, 820; BFH v 06.03.2008, VI R 3/05, BFH/NV 2008, 1314; BFH v 16.03.2010, VIII R 48/07, BFH/NV 2010, 1433). Zur Ermittlung des ortsüblichen Durchschnittsmietzinses s BFH v 12.07.2017, VI R 42/15, BStBl II 2018, 13.
Aber auch sonstige notwendige Mehraufwendungen (bspw die AK bzw AfA für die erforderliche Wohnungseinrichtung) konnten daneben nach st Rspr insoweit als WK abgezogen werden, als solche Gegenstände ihrer Art nach zum Leben in einer Wohnung notwendig und die hierfür aufgewandten Kosten nicht als überhöht anzusehen waren (zB BFH v 03.12.1982, VI R 228/80, BStBl II 1983, 467; BFH v 13.11.2012, VI R 50/11, BStBl II 2013, 286, mwN).
An der Differenzierung zwischen den Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort (seit VZ 2014 Ort der ersten Tätigkeitsstätte) und den sonstigen notwendigen Mehraufwendungen einer doppelten Haushaltsführung hat sich auch mit der Neufassung des § 9 Abs 1 S 3 Nr 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts nichts geändert (BFH v 04.04.2019, VI R 18/17, BStBl II 2019, 449).
Beispielhaft genannt seien die AK für Schränke, Bad- und Kücheneinrichtung, Tische und Stühle, Bett samt Bettzeug, Gardinen und Lampen. Dazu gehören auch die Kosten für die Anmietung einer Garage, wenn nach den örtlichen Verhältnissen das Vorhalten eines Pkw-Stellplatzes erforderlich erscheint, und zwar unabhängig davon, ob der StPfl das Kfz beruflich nutzt; die Kosten werden nicht durch die Entfernungspauschale abgegolten (BFH v 13.11.2012, VI R 50/11, BStBl II 2013, 286). Nicht dazu gehören Gegenstände, die der Freizeitunterhaltung dienen wie zB Bücher. In gewissem Umfang unterliegen aber auch Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände, die der soziokulturellen Teilhabe des ArbN...