Rn. 240
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
§ 9 Abs 1 S 3 EStG beginnt:
Zitat
"Werbungskosten sind auch ..."
und zählt im Anschluss eine Reihe von Aufwendungsarten auf. Diese Formulierung macht klar, dass es sich nicht um eine abschließende Aufzählung handelt, sondern neben den ausdrücklich aufgeführten weitere "unbenannte" WK existieren.
Rn. 241
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
§ 9 Abs 1 S 3 EStG mit seinen Bsp stellt sich als lex spezialis zu § 9 Abs 1 S 1 EStG dar, der die WK allgemein umschreibt (vgl Kreft/Bergkemper in H/H/R, § 9 EStG Rz 1; v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz A 20f).
- Während bei den "unbenannten" WK idR aber immer die Anforderungen des § 9 Abs 1 S 1 EStG erfüllt sein müssen (und die Aufwendungen bei Erfüllung dieser Anforderungen dann auch unbeschränkt abzugsfähig sind), ist dies bei den im Gesetz angeführten Bsp nicht immer der Fall. Ein Teil der "benannten" Aufwendungen wäre auch ohne ihre ausdrückliche Erwähnung bereits nach § 9 Abs 1 S 1 EStG abziehbar, ihre Benennung hat daher nur deklaratorische Bedeutung (vgl v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz A 28).
- Bei anderen hingegen ergibt sich die Abzugsfähigkeit oder die Einschränkung der Abzugsfähigkeit nur aufgrund ihrer expliziten Aufnahme und Ausgestaltung in § 9 Abs 1 S 3 EStG; ihrer gesetzlichen Nennung kommt damit konstitutive Wirkung zu.
Rn. 242
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
Im Einzelnen gilt Folgendes:
Nr 1 |
Schuldzinsen und auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernden Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen – deklaratorisch (vgl BFH v 04.07.1990, GrS 2–3/88, BStBl II 1990, 817für Schuldzinsen); bezüglich der Einschränkung bei Leibrenten – konstitutiv (v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz A 35) |
Nr 2 |
Steuern vom Grundbesitz, öffentliche Abgaben und Versicherungsbeiträge – deklaratorisch |
Nr 3 |
Beiträge zu Berufsständen und Berufsverbänden – deklaratorisch |
Nr 4 |
Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstäte – deklaratorisch in Bezug auf die grundsätzliche Abzugsfähigkeit von Fahrtaufwendungen von und zur Tätigkeitsstätte (diese Einordnung ist aber nicht ganz unproblematisch, da das Wohnen und die Wahl des Wohnorts zwangsläufig auch den Bereich der privaten Lebensführung tangiert, vgl BFH v 10.11.1978, VI R 21/76, BStBl II 1979, 219 und BVerfG v 04.12.2002, 2 BvR 400/98, BStBl II 2003, 534), – konstitutiv im Hinblick darauf, dass die Entfernungspauschale unabhängig davon ist, ob Kosten überhaupt oder in einer anderen Höhe angefallen sind |
Nr 4a |
Fahrtkosten bei Auswärtstätigkeit, gleichbleibendem Tätigkeitsort oder weiträumigem Tätigkeitsgebiet – deklaratorisch in Bezug auf die grundsätzliche Abzugsfähigkeit der Fahrtaufwendungen, – konstitutiv, soweit der StPfl diese nicht mit den tatsächlichen Kosten ansetzt, sondern pauschale Kilometersätze beansprucht; konstitutiv auch soweit für Fahrten zu sog Sammelpunkten sowie weiträumigen Tätigkeitsgebieten nur die Entfernungspauschale abzugsfähig ist |
Nr 5 |
doppelte Haushaltsführung – konstitutiv, da die Entscheidung, zusätzlich den alten Hausstand beizubehalten, in aller Regel der Privatsphäre zuzuordnen ist (vgl BVerfG v 04.12.2002, 2 BvR 400/98, BStBl II 2003, 534), – deklaratorisch nur im Hinblick auf solche Kosten, die trotz Umzugs in die Nähe der Arbeitsstelle entstehen (zB doppelte Miete bis zum Ablauf der Kündigungsfrist der alten Wohnung) |
Nr 5a |
notwendige Mehraufwendungen eines ArbN für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist – deklatorisch (bis VZ 2013 folgte die Abzugsfähigkeit unmittelbar aus § 9 Abs 1 S 1 EStG), – konstitutiv soweit die Aufwendungen bei einer längerfristigen Auswärtstätigkeit auf einen Höchstbetrag begrenzt sind (§ 9 Abs 1 S 3 Nr 5a S 4 u 5 EStG) |
Nr 6 |
Arbeitsmittel – teils deklaratorisch (zB bei Werkzeugen, Krüger in Schmidt, § 9 EStG Rz 265; Thürmer in Brandis/Heuermann, § 9 EStG Rz 455; aA v Bornhaupt in K/S/M, § 9 EStG Rz A 38), – teils konstitutiv, da Anschaffungen im Vermögensbereich, für Berufskleidung konstitutiv (BFH v 20.11.1979, VI R 143/77, BStBl II 1980, 73; BFH v 29.06.1993, VI R 53/92, BStBl II 1993, 838) |
Nr 7 |
Absetzung für Abnutzung und Substanzverringerung – konstitutiv, da Wertänderungen bei WG des PV – auch wenn diese zur Einkünfteerzielung eingesetzt werden – grundsätzlich außer Betracht bleiben (s Rn 52ff). |
Rn. 243–250
Stand: EL 161 – ET: 11/2022
vorläufig frei