Rn. 30
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Eine schädliche Verwendung iSd § 95 Abs 1 EStG tritt ein, wenn folgende Sachverhalte gegeben sind:
Ab dem Zeitpunkt, ab dem das Vereinigte Königreich und Nordirland nicht mehr Mitgliedsstaat der EU sind und auch nicht als solche zu behandeln wären, würden die Folgen einer schädlichen Verwendung eintreten, wenn der Zulageberechtigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich oder Nordirland hat. Da der Zulageberechtigte bei Abschluss des Altersvorsorgevertrages nicht davon ausgehen musste, dass das Vereinigte Königreich und Nordirland die EU verlassen werden, wird durch das Brexit-Steuerbegleitgesetz vom 25.03.2019 (BGBl I 2019, 357) eine Vertrauensschutzregelung eingeführt. Diese greift für Lebenssachverhalte mit einem Vertragsschluss vor dem Stichtag des Brexit-Referendums und einem dauerhaften Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich und Nordirland seit dem Stichtag (vgl BT-Drs 19/7377, 20).
Rn. 31
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die schädliche Verwendung liegt hier im Gegensatz zu den Regelungen des § 93 EStG unabhängig von der Frage vor, ob es zu einer Auszahlung von gefördertem Altersvorsorgevermögen kommt oder nicht (s BMF vom 05.10.2023, BStBl I 2023, 1726 Rz 240).
Rn. 32
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Mit dem Verweis auf §§ 93 und 94 EStG wird der Tatsache entgegengesteuert, dass mit dem Wegzug und dem Wegfall der unbeschränkten StPfl die Auszahlungen aus dem geförderten Altersvorsorgevertrag nicht mehr besteuert werden können. Im Regelfall steht nach dem DBA für Alterseinkünfte dem Wohnsitzstaat das Besteuerungsrecht zu. Hier würde dann ein Fiskus profitieren, der die Förderungen nicht finanziert hat.
Rn. 33
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Dies gilt nicht umfassend. Aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 10.09.2009, C-269/07, BFH/NV 2009,1930 wird danach differenziert, wohin der StPfl verzieht.
- Verlegt der StPfl seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einen Staat innerhalb der EU oder des Raums, in dem das EWR-Abkommen anwendbar ist, bleiben die Altersvorsorgezulagen und die gesondert festgestellten Steuerermäßigungen erhalten.
- Verlegt der StPfl seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einen Staat außerhalb der EU oder außerhalb des Raums, in dem das EWR-Abkommen anwendbar ist, kommen die Regelungen des § 95 EStG zur Anwendung, es sei denn, es greift die Vertrauensschutzregelung zum Brexit (s Rn 30).
Rn. 34
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die nachgelagerte Besteuerung kann in beiden Fallgestaltungen nicht realisiert werden, es sei denn, das entsprechende DBA räumt Deutschland ein Besteuerungsrecht ein. Daher ist es aus fiskalischer Sicht wünschenswert und geboten, wenn für die Sachverhalte, in denen der StPfl innerhalb der EU oder des WR-Raums verzieht, ein Besteuerungsrecht Deutschlands über DBA oder Vereinbarungen gesichert wird. Ob sich das immer realisieren lässt, kann zurzeit nicht sicher beurteilt werden.
Rn. 35
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Die Beendigung der Zulageberechtigung muss hinzukommen, damit die Altersvorsorgezulagen und die gesondert festgestellten Steuerermäßigungen zurückgefordert werden dürfen. Bleibt die Zulageberechtigung bestehen, wäre es widersinnig, im ersten Schritt eine Altersvorsorgezulage zu gewähren und sie im zweiten Schritt wieder zurückzufordern.
Rn. 36
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Der Gesetzeswortlaut gibt keine eindeutige Auskunft darüber, ob beide Tatbestandsmerkmale (Wegzug und Wegfall der Zulageberechtigung) gleichzeitig eintreten müssen. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift muss in beiden Fallvarianten eine schädliche Verwendung eintreten. Es ist unerheblich, ob zunächst der Wegzug und dann der Wegfall der Zulageberechtigung erfolgt oder umgekehrt.
Rn. 37
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Gleiches gilt für das alternative Tatbestandsmerkmal "Beginn der Auszahlungsphase". Der Gesetzeswortlaut gibt keine eindeutige Auskunft darüber, ob beide Tatbestandsmerkmale (Wegzug und Beginn der Auszahlungsphase) gleichzeitig eintreten müssen. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift muss in beiden Fallvarianten eine schädliche Verwendung eintreten. Es ist unerheblich, ob zunächst der Wegzug und dann der Beginn der Auszahlungsphase erfolgt oder umgekehrt.
Rn. 38
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Derzeit ist ein Verfahren beim BFH anhängig, in dem die Frage entscheidungserheblich ist, ob die Verlegung des Wohnsitzes in die Schweiz die Rechtsfolgen aus § 95 EStG auslöst (BFH X R 24/22). Es geht um das Streitjahr 2019, demnach um die Rechtslage nach § 95 EStG aF. Die rechtliche Beurte...