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Stand: EL 124 – ET: 10/2017
Historie: 27.04.2017: 2./3. Lesung Bundestag; 02.06.2017: Bundesrat stimmt Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen zu (BR-Drucks 366/17).
Die erstmals gesetzlich geregelte Steuerfreiheit der Sanierungsgewinne im Bereich des EStG, KStG und GewStG ist als staatliche Subventionierung einzustufen und steht deshalb unter dem Vorbehalt der Europäischen Kommission, dass diese Maßnahmen keine schädliche Beihilfe darstellen. Die Änderungen treten somit erst am Tag des Beschlusses der Europäischen Kommission in Kraft. Dem ersten Vernehmen nach ist damit zu rechnen, dass die gesetzliche Regelung für Steuerbefreiungen von Sanierungserträgen auch aus Sicht der Europäischen Kommission unionsrechtskonform ausgestaltet ist: Uhländer, DB 2017, 1224, 1232.
Patente, Lizenzen, Konzessionen o Markenrechte lassen sich zur Gewinnverlagerung von multinationalen Konzerne über Staatsgrenzen hinweg auf andere Rechtsträger in Staaten übertragen, die durch besondere Präferenzregelungen in einen Steuerwettbewerb mit anderen Staaten getreten sind. Diese Gestaltung – soweit nicht an ein Mindestmaß an tatsächlicher Geschäftstätigkeit gebunden – ist von der OECD als schädlich eingestuft worden. Dazu wurde ein Teilabzugsverbot in Form einer sog "Lizenzschranke" eingeführt: § 4j EStG neu. Erfolglos blieb der Bundesrat mit der Bitte, die Lizenzschranke bereits für Aufwendungen nach dem 31.12.2016 und der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Regelung bereits ab Juli 2017 einzuführen.
Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens kamen
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die Anhebung der Schwelle bei GWG (§ 6 Abs 2 und 2a EStG) sowie |
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die gesetzliche Regelung des bisherigen Sanierungserlasses in § 3a EStG neu sowie |
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eine Änderung bei der Steuerbefreiung nach § 3 Nr 71 EStG (Invest-Zuschuss für Wagniskapital) hinzu. |
Die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen wurde auch in § 7b GewStG übernommen, ins KStG dagegen – angepasst – nur für BgA u Eigengesellschaften (§ 8 Abs 8 u 9 KStG) bzw Organgesellschaften (§ 15 KStG), ansonsten geht § 8c KStG dem § 3a EStG vor.
Im Einzelnen gilt für das EStG Folgendes:
Erweitert die Steuerfreiheit von Wagniskapitalzuschüssen für junge Unternehmen (Anwendung ab VZ 2017 gem § 52 Abs 4 S 16 EStG)
Nachdem der GrS des BFH den Sanierungserlass der FinVerw für rechtswidrig erachtet hatte (verstößt gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung), erfolgt nun eine gesetzliche Regelung zur Freistellung von Gewinnen aus dem Wegfall von betrieblichen Verbindlichkeiten im Rahmen von Forderungsverzichten, Insolvenzplanverfahren oder Restschuldbefreiungen zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung (parallel § 3a GewStG). Anwendbar auf alle Fälle, in denen die Schulden ganz oder teilweise nach dem 08.02.2017 (Tag der Veröffentlichung des Beschlusses des GrS des BFH v 28.11.2016, GrS 1/15) erlassen wurden. Wurde der Schuldenerlass bis zum 08.02.2017 ausgesprochen oder bis zum Stichtag eine verbindliche Auskunft erteilt, ist nach dem Schreiben des BMF- v 27.04.2017, BStBl I 2017, 741 der Sanierungserlass aus Vertrauensschutzgründen weiterhin anwendbar. Bei Schuldenerlass nach dem 08.02.2017 und nicht aufgehobener oder widerrufener verbindlicher Auskunft kann der StPfl wählen, ob er die Steuerbefreiung nach § 3a EStG oder die Vertrauensschutzregelung in Anspruch nehmen will.
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Abs 2 S 1: Erhöhung der Sofortabschreibung für GWG von bisher 410 EUR auf 800 EUR. |
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Abs 2a S 1 u 4: Die untere Wertgrenze zur Bildung eines Sammelpostens wird von 150 EUR auf 250 EUR angehoben. |
Die neuen Wertgrenzen sind erstmals bei WG anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in das BV eingelegt werden: § 52 Abs 12 S 3 u 5 EStG.
Die Wirkung des neu geschaffenen § 4j EStG ("Aufwendungen für Rechteüberlassungen", sog Lizenzschranke) besteht letztlich darin, dass ein umgekehrtes AStG geschaffen wird. Während das AStG bei Niedrigbesteuerung ausl Einkünfte zu einer Besteuerung dieser Einkünfte im Inl führt, führt § 4j EStG neu zu einer Teil-Abzugsbeschränkung bei einer Niedrigbesteuerung beim Lizenzempfänger (Belastung der "Einnahmen" durch Ertragsteuern von weniger als 25 %), ungeachtet eines bestehenden DBA, nach Maßgabe des Abs 3: s Benz/Böhmer, DB 2017, 206.
§ 4j EStG gilt auch für inl Betriebsstätten ausl StPfl, die als Nutzungsberechtigte (s § 50g EStG) der Rechteüberlassungen behandelt werden (u gem § 8 Abs 1 KStG für Körperschaften).
Der Lizenzgläubiger muss eine dem Schuldner nahestehende Person iSv § 1 Abs 2 AStG sein (§ 4j Abs 1 S 1 EStG). Damit soll sichergestellt werden, dass das Abzugsverbot nur in Konzernfällen Anwendung findet, Aufwand gegenüber Dritten aber weiterhin unbeschränkt abziehbar bleibt. Lizenzzahlungen einer inl Betriebsstätte an das ausl Stammhaus sind nicht betroffen, da ein Stammhaus nach § 1 Abs 2 AO keine nahestehende Person ist; erfasst wird aber die Zahlung eines inl StPfl an die au...