1 Systematische Einordnung
Zahlungen für die zeitlich befristete Überlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern sind grundsätzlich als Betriebsausgaben abzugsfähig (§ 4 Abs. 4 EStG i. V.m. § 8 Abs. 1 KStG). Eine Sonderregelung gilt, wenn die Zahlungen nicht fremdüblich sind. Dann erfolgt – bei einer konzerninternen Vereinbarung – eine Korrektur nach den allgemeinen Verrechnungspreisvorschriften. Der Gesetzgeber sieht mit § 4j EStG eine Sonderregelung vor, die diesen Betriebsausgabenabzug von einer "angemessenen" Besteuerung der Lizenzeinnahmen im Ausland abhängig macht. Damit soll einer Privilegierung von Lizenzzahlungen durch bestimmte Länder Rechnung getragen werden.
2 Inhalt
Die Regelungen erfassen die Aufwendungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten. Das Gesetz listete nicht abschließend einige Beispiele für diese Zahlungen auf. Hiervon erfasst werden Zahlungen an solche Gesellschaften, die im Ausland einer sog. Präferenzregelung unterliegen und es sich hierbei um eine nahe stehende Person i. S. v. § 1 Abs. 2 AStG handelt.
Die Abzugsbeschränkung findet keine Anwendung, soweit die auf die entsprechenden Einnahmen beim Gläubiger angewandte Präferenzregelung dem Nexus-Ansatz der OECD entspricht (§ 4j Abs. 1 Satz 4 EStG). Dieser wurde in Kapitel 4 des Abschlussberichts 2015 zu OECD-BEPS Aktionspunkt 51 definiert. Das Forum on Harmful Tax Practices (FHTP) der OECD analysiert international bestehende Präferenzregime und stuft diese ggf. als Instrument schädlichen Steuerwettbewerbs ein. Die Mitgliedstaaten der OECD haben sich hinsichtlich der als schädlich eingestuften IP-Regime zu einer Abschaffung oder Nexus-konformen Anpassung der Regelungen bis spätestens 30.6.2021 verpflichtet. IP-Regime werden vom FHTP auf Nexus-Konformität geprüft. Nur wenn diese nicht dem Nexus-Ansatz entsprechen, liegt eine Schädlichkeit i. S. d. Lizenzschranke vor. Die Staatenliste im BMF-Schreiben v. 6.1.2022 dient hier als (nicht verbindliche) Arbeitshilfe.
Zur Feststellung einer privilegierten Besteuerung ist die tatsächliche Besteuerung der Einnahmen des Gläubigers aus der Rechteüberlassung mit der Regelbesteuerung anderer Einkünfte in demselben Staat zu vergleichen. Eine Präferenzregelung muss nicht ausschließlich für Einnahmen aus Rechteüberlassungen gelten. Präferenzregelungen sind nicht nur auf sog. "Intellectual Property" (IP)-Regime wie z. B. Lizenzboxen, IP-Boxen oder Patentboxen beschränkt, sondern können auch Einnahmen oder Einkünfte begünstigen, die über die Einnahmen aus Rechteüberlassungen hinausgehen. Eine niedrige Besteuerung i. S. d. § 4j Abs. 1 S. 1 EStG liegt unter den Voraussetzungen des § 4j Abs. 2 S. 1 EStG vor. Die Einnahmen aus Rechteüberlassungen unterliegen demnach entweder keiner Besteuerung oder einer Ertragsteuerbelastung von unter 25 %. Ob der niedrigen Besteuerung auch weitere Einnahmen oder Einkünfte des Gläubigers der Einnahmen aus Rechteüberlassungen unterliegen, ist unbeachtlich.
Die Rechtsfolgen ergeben sich aus § 4j Abs. 3 EStG. Danach sind die Aufwendungen, die beim Empfänger einer niedrigen Besteuerung unterliegen, in folgendem Umfang nicht abzugsfähig:
nicht abzugsfähiger Teil |
= |
25 % - Belastung durch Ertragsteuern in % |
|
|
25 % |
Dies hat zur Folge, dass die Aufwendungen in umso größerem Umfang abzugsfähig sind, wie sich die Steuerbelastung der Grenze von 25 % annähert. Wird dieser Wert erreicht, liegt keine niedrige Besteuerung vor und die Regelung ist nicht anzuwenden. Hingegen würde bei einer ausländischen Ertragsteuerbelastung von 0 % der gesamte Aufwand nicht abzugsfähig sein.
3 Praxisfragen
Die FinVerw hat mit BMF-Schreiben v. 5.1.2022 ausführlich zu der Regelung Stellung genommen und mit Schreiben v. 6.1.2022 eine Liste der nexuskonformen Regelungen für die Jahre 2018, 2019 und 2020 veröffentlicht. Bereits in einem früheren BMF-Schreiben hat die Finanzverwaltung die Anwendung der Regelung des § 4j EStG und insbesondere die Frage der Nexus-Konformität speziell für den VZ 2018 erläutert und anhand einer Staatenliste präzisiert.
Es ist auf einen entsprechenden Nachweis der Höhe der ausländischen Besteuerung zu achten. Dies wird nur durch die Vorlage umfangreicher Unterlagen möglich sein.
4 Beratungshinweise
Durch den Verweis auf § 8 Abs. 5 S. 2 und 3 AStG (§ 4j Abs. 2 S. 4 EStG) kommt es bei der Prüfung der Niedrigbesteuerung nicht auf die rechtlich geschuldete, sondern auf die tatsächlich erhobene und abgeführte Steuer an. Dies ist bei den zu erfüllenden Mitwirkungspflichten zu berücksichtigen, um zu verhindern, aus formalen Gründen in den Anwendungsbereich der Regelungen zu fallen.
Die objektive Beweislast für die Höhe und betriebliche Veranlassung der Lizenzaufwendungen trägt der Steuerpflichtige. Er hat wegen des...