Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Die Zuwendung eines Dritten kann ausnahmsweise Arbeitslohn sein, wenn sie als Entgelt für eine Leistung beurteilt werden kann, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll.
2. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG i.d.F.d. JStG 2010 begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit danach Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in den Fällen, in denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2007 auf einen Jahresbetrag von 1.250 EUR begrenzt wurden.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 5, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2010
Sachverhalt
Eheleute M und F waren 2007 jeweils nicht selbstständig tätig, F als Realschullehrerin, M bei der A-GmbH. Alleingesellschafterin der A-GmbH war die B-GmbH. Die B-GmbH veräußerte die A-GmbH am 1.3.2007 an die D-AG. M erhielt am 14.3.2007 von der B-GmbH einen Scheck über 5.200 EUR sowie ein Begleitschreiben, nach dem das Geld aus Anlass des Verkaufs völlig freiwillig geschenkt werde. Die Pressemitteilung dazu lautete, dass die B-GmbH sich von ihren 167 Mitarbeitern verabschiede und jeder 5.200 EUR als außerordentliche Anerkennung für geleistete Arbeit erhalte. Das FA erfasste – entgegen Ms Auffassung – die Zahlung als steuerpflichtigen Arbeitslohn. F machte auch noch Kosten für ihr häusliches Arbeitszimmer geltend. Das berücksichtigte das FA nur in Höhe von 1.250 EUR. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos (FG Düsseldorf, Urteil vom 21.6.2011, 8 K 2652/09 E, Haufe-Index 2756873).
Entscheidung
Der BFH schloss sich mit den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen der Entscheidung des FG an.
Hinweis
1. Das Besprechungsurteil hält unverändert an den Grundsätzen zur Qualifikation von Zahlungen als Arbeitslohn fest, wenn diese von dritter Seite geleistet werden (z.B.: BFH, Urteil vom 18.10.2012, VI R 64/11, BFH/NV 2013, 131, BFH/PR 2013, 48). So scheidet Lohn insbesondere aus, wenn die Zuwendung durch andere Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Drittem veranlasst ist. Über diesen Veranlassungszusammenhang entscheidet das Finanzgericht in tatrichterlicher Würdigung. Nachdem nur alle Arbeitnehmer die Zahlungen erhielten und das Begleitschreiben auch den Zahlungszweck ("außerordentliche Anerkennung für geleistete Arbeit") bezeichnete, befand der BFH die vom FG darauf gestützte Gesamtwürdigung, es liege Lohn vor, nicht nur möglich, sondern naheliegend. Dabei sind auch subjektive Einschätzungen der Beteiligten weniger entscheidend; es kommt auf die Würdigung der objektiven Tatbestände durch das FG an. Unerheblich war auch der Wille des Arbeitgebers; denn der Vorteil stammte von einem Dritten. Und auch Compliance-Regeln schließen eine Würdigung als Lohnzahlungen nicht aus. Die verfahrensrechtlichen Einwendungen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO, Verstoß gegen die Grundsätze der Beweiserhebung) hielt der BFH auch nicht für durchgreifend.
2. Grundlage der Einwendungen gegen die Behandlung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer war das JStG 2010. Denn das regelte – veranlasst durch das BVerfG (Beschluss vom 6.7.2010, 2 BvL 13/09, BFH/NV 2010, 1767, BVerfGE 126, 268) – diesen Abzug neu, und zwar rückwirkend für alle offenen Fälle ab 2007 (§ 52 Abs. 12 Satz 9 EStG). Der BFH sah hierin bereits keine rückwirkende Benachteiligung im Vergleich zur zunächst 2007 geltenden Rechtslage. Denn ein Vertrauen darauf, dass man Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in voller Höhe als Werbungskosten abziehen könnte, gab es nicht. Ein Höchstbetrag galt schon von 1996 bis 2006 und dieser war sogar schon als verfassungsrechtlich unbedenklich beurteilt worden (BVerfG, Urteil vom 7.12.1999, 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297, BStBl II 2000, 162). Im Streitfall hatte der BFH schließlich auch keine Bedenken, das Arbeitszimmer als häusliches Arbeitszimmer und nicht als außerhäusliches Arbeitszimmer zu betrachten (vgl. dazu: BFH, Urteil vom 26.2.2003, VI R 160/99, BFH/PR 2003, 301, BFH/NV 2003, 985).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.2.2013 – VI R 58/11