Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergangsgeld. mehrmonatiger Zeitraum zwischen dem Ende einer medizinischen Rehabilitation und dem Beginn einer stufenweisen Wiedereingliederung. unmittelbarer Anschluss iS des § 51 Abs 5 SGB 9. Zuständiger Rehabilitationsträger. Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit. Reha-Antrag
Leitsatz (amtlich)
Auch bei einem mehrmonatigen Zeitraum zwischen dem Ende der medizinischen Rehabilitation und dem Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung kann im Einzelfall noch ein unmittelbarer Anschluss der stufenweisen Wiedereingliederung an die vorangegangenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation iS von § 51 Abs 5 SGB 9 gegeben sein.
Orientierungssatz
Der Umstand, dass im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit § 74 SGB 5 weiterhin eine ausdrückliche Regelung zur stufenweisen Wiedereingliederung enthalten ist, während sich im SGB 6 keine entsprechende Vorschrift findet, begründet keinen Vorrang für die gesetzliche Krankenkasse. Andernfalls würde die Regelung des § 15 Abs 1 SGB 6 iVm § 28 SGB 9 unterlaufen, wonach die stufenweise Wiedereingliederung jedenfalls generell auch zum Leistungskatalog der von den Rentenversicherungsträgern zu gewährenden medizinischen Rehabilitationen zählt (vgl BSG vom 29.1.2008 - B 5a/5 R 26/07 R = SozR 4-3250 § 51 Nr 1).
Normenkette
SGB IX § 51 Abs. 1, 5, § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 28; SGB VI § 9 Abs. 1, § 13 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 1, § 20; SGB V § 74
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Übergangsgeld unter Berücksichtigung des in der Zeit vom 15. August 2008 bis 15. Dezember 2008 bereits gewährten Krankengeldes zu gewähren ist.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin, die Ehefrau des 2011 verstorbenen Versicherten, begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin von der Beklagten die Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit einer stufenweisen Wiedereingliederung des Versicherten.
Der 1950 geborene und zwischenzeitlich 2011 verstorbene Versicherte war bis Juni 2007 als EDV-Angestellter bei den Stadtwerken P. beschäftigt. Aufgrund einer motorisch inkompletten Querschnittlähmung infolge einer Krebserkrankung bewilligte die Beklagte ihm eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, die der Versicherte vom 27. Juni 2008 bis 18. August 2008 in der H.-S.-Klinik im Berufsförderungswerk in B. W. durchführte (Bescheid vom 22. Juli 2008 - Bl. 18 Verwaltungsakte -VA-). Während der stationären Maßnahme hatte der Beklagte dem Versicherten Übergangsgeld (kalendertäglich 40,92 €) gewährt (Bescheid vom 1. September 2008 - Bl. 41 VA).Vor dieser Maßnahme wie auch erneut nach Ende der Maßnahme erhielt der Versicherte von der Beigeladenen Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 54,64 €.
Im Entlassungsbericht vom 9. September 2008 ist in der sozialmedizinischen Beurteilung vom leitenden Arzt Dr. W. und dem behandelnden Assistenzarzt Dr. G. ausgeführt, dass seit dem Eintritt der Lähmung ausreichend Zeit vergangen sei. Die Anpassung an die jetzt bestehende Situation sei umfassend eingeübt. Einer beruflichen Wiedereingliederung in etwa fünf bis sechs Monaten stehe nichts entgegen. Aus medizinischer Sicht sei der Versicherte rehabilitationsfähig und persönlich auch sehr motiviert. Möglich seien körperlich leichte Tätigkeiten in einem Umfang von drei bis unterhalb sechs Stunden täglich.
Ausweislich eines Aktenvermerkes der Beigeladenen vom 3. bzw. 25. November 2008 (Bl. 23 VA-Beigel.) hatte der Versicherte am 3. November 2008 mitgeteilt, dass eine Untersuchung im Klinikum L. ergeben habe, dass keine weiteren Metastasen festgestellt worden seien. Einen Rollstuhl habe er bekommen, der Umbau des Kfz sei bis spätestens 21. November 2008 abgeschlossen. Er werde sich dann an den behandelnden Arzt bezüglich der Ausstellung des Wiedereingliederungsplanes wenden. Am 25. November 2008 meldete der Versicherte sich nochmals und informierte den Sachbearbeiter der Beigeladenen darüber, dass er bereits den Wiedereingliederungsplan beim Arbeitgeber abgegeben habe, ab dem 1. Dezember 2008 für 3 Stunden arbeiten werde für die Dauer von 14 Tagen, dann müsse man weiter sehen.
Am 1. Dezember 2008 begann der Versicherte - wie angekündigt - die stufenweise Wiedereingliederung bei den Stadtwerken P. (im Dezember 2008 zunächst mit drei Stunden täglich, ab Januar 2009 vier Stunden täglich, ab März 2009 fünf Stunden und ab April 2009 sechs Stunden), die er zum 30. April 2009 nach seinen eigenen Angaben auch erfolgreich beendete. Er bezog dort nach Auskunft des Arbeitgebers keinen Tariflohn (laut Erklärung des Arbeitgebers im Wiedereingliederungsplan - Bl. 64 bis 72 VA - ohne Lohnfortzahlung) und auch nicht mehr den tariflichen Zuschuss zum Krankengeld. Die Beigeladene gewährte dem Versicherten ab Beginn der Maßnahme am 1. Dezember 2008 bis zur Ausschöpfung des Krankengeldanspruches am 15. Dezember 2008 noch weiter Krankengeld (ve...