Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht von Mitarbeitern in einer Physiotherapiepraxis
Leitsatz (amtlich)
Die in einer Physiotherapiepraxis tätigen Mitarbeiter sind Arbeitnehmer des Praxisinhabers/Praxisbetreibers und nicht des dort tätigen freiberuflichen Physiotherapeuten/Krankengymnasten, auch wenn er diesen gegenüber weisungsbefugt ist.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. August 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2000 bis 01.09.2002 in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert war.
Die 1962 geborene Klägerin war ab dem 01.02.1996 als selbständige Physiotherapeutin aufgrund eines Vertrages über freiberufliche Tätigkeit vom 20.12.1995 mit dem Praxisinhaber A. in dessen Physiotherapiezentren in H., S. und G. tätig. Als Kostenerstattung für die Überlassung von Personal (Gehälter und Lohnnebenkosten), Räumlichkeiten (Mieten und Mietnebenkosten) Geräten, Fahrzeugen, Verbrauchsmaterial und für die Übernahme der gesamten Praxiskosten (Verwaltungs- und Betriebskosten) hatte die Klägerin einen Betrag von 40 bzw. 35 % des Abrechnungsbetrages ihrer Umsätze an den Praxisinhaber abzuführen. Hierfür stellte dieser der Klägerin aus dem bestehenden Patientenstamm Patienten zur Durchführung von Behandlungen zur Verfügung. Ausweislich des Vertrages über freiberufliche Tätigkeit hatte die Klägerin über die Übernahme von Behandlungsaufträgen und die Art und Weise der Durchführung der Behandlung in eigener Verantwortung zu entscheiden. Sie war berechtigt, ihre Abrechnungen unter Zuhilfenahme des Personals des Praxisinhabers auch selbst durchzuführen. Bis zum 31.12.1998 entrichtete die Klägerin den halben Regelbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Mit (nicht mehr in den Akten befindlichem) Bescheid vom 18.04.1996 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin nach § 2 Satz 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) fest.
Mit Bescheid vom 21.01.2002 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin als selbständige Krankengymnastin nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI fest und führte weiter aus, der Beitragsforderungsbescheid vom 27.08.1999 behalte seine Gültigkeit. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 22.02.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie sei ab 01.05.1999 nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI versicherungspflichtig.
Nachdem die Kaufmännische Krankenkasse H. KKH auf Anfrage der Beklagten mitgeteilt hatte, die Klägerin habe für die Monate Dezember 1998 bis Dezember 1999 Pflichtbeiträge für einen Beschäftigten abgeführt, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 17.07.2002 den Bescheid vom 21.01.2002 hinsichtlich der Zeit vom 01.05.1999 bis 31.12.1999 zurück und half insoweit dem Widerspruch teilweise ab. In der Zeit vom 01.05.1999 bis 31.12.1999 habe keine Versicherungspflicht bestanden, da die Klägerin einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt habe.
Mit Bescheid vom 20.08.2002 hob die Beklagte den Bescheid vom 18.04.1996 für die Zeit vom 01.12.1998 bis 30.04.1999 auf. Ab dem 01.01.2000 liege der Tatbestand, der zum Wegfall der Versicherungspflicht geführt habe, nicht mehr vor. Ab diesem Zeitpunkt bestehe wieder Versicherungspflicht.
Mit weiterem Schreiben vom 20.08.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie unterliege nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI der Versicherungspflicht. Sobald diese Nachweise darüber einreiche, dass für ihren Ehemann wieder Pflichtbeiträge aus einem Beschäftigungsverhältnis bei ihr abgeführt würden, werde der am 17.07.2002 erteilte Bescheid geprüft und geändert.
Die Klägerin teilte mit, für die Zeit nach dem 31.12.1999 habe sie auf die Arbeitskraft ihres Ehemannes verzichten müssen, da sich dieser einer beruflichen Qualifizierungsmaßnahme unterzogen habe. Er habe jetzt eine Anstellung als PC-Systembetreuer gefunden und sei nun wiederum als Teilzeitangestellter in der Praxis mit einem Stundendeputat von 20 Stunden tätig. Die Klägerin legte weiter den Anstellungsvertrag zwischen ihr und ihrem Ehemann vor, wonach dieser ab dem 02.09.2002 als Bürokraft mit einem monatlichen Bruttoentgelt von 400,00 € und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt war.
Mit Bescheid vom 06.02.2003 nahm die Beklagte daraufhin den Bescheid vom 20.08.2002 hinsichtlich der Zeit ab dem 02.09.2002 zurück. Die Versicherungspflicht als Selbständige ende mit Ablauf des 01.09.2002.
Nachdem die Klägerin erklärt hatte, es sei lediglich noch über die Widersprüche für die Zeit vom 01.01.2000 bis 01.09.2002 zu entscheiden, alle weiteren Widersprüche würden für erledigt erklärt, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2003 den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses und die Entrichtung von Beiträgen daraus sei unab...