Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. mitarbeitender Kommanditist einer KG. Abgrenzung. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ob der Kommanditist einer KG im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mitarbeitet oder ob er in seiner ausgeübten Tätigkeit selbst handelnder Mitunternehmer ist, beurteilt sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Für die Abgrenzung kommt es darauf an, ob die Pflicht zur Arbeitsleistung ausschließlich und unmittelbar auf der Verpflichtung als Gesellschafter beruht oder ob der Kommanditist die Leistung gegenüber der Gesellschaft auf Grund eines außergesellschaftsrechtlichen Tatbestands erbringt. Die Vereinbarung einer Vergütung macht einen zusätzlichen Vertragsschluss erforderlich.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1 Sätze 1-2, § 7a Abs. 1 Sätze 1, 3, § 28h Abs. 2; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1; SGB III § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1; SGB X § 33 Abs. 1; SGG § 197a Abs. 1; VwGO § 154 Abs. 2-3, § 162 Abs. 3
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.11.2019 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen, zu tragen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als Kommanditist der Klägerin.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, deren Komplementärin die Beigeladene zu 2), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist (GmbH & Co KG). Gegenstand des Unternehmens der mit Wirkung zum 01.01.2011 gegründeten Klägerin ist die Durchführung von Sicherheitsprüfungen, Service und Installationen im Bereich Energiemanagement und Beratung jeglicher Art (nicht notariell beurkundeter Gesellschaftsvertrag ohne Datum). Gründungsgesellschafter waren die 1983 geborene Betriebswirtin N. W. (im folgenden N.W.), die 1958 geborene R. A. (im folgenden (R.A.) und der 1977 geborene Vertriebsingenieur C. P. (im folgenden C.P.). Die Hafteinlage für N.W. wurde auf 2.000 €, diejenige für R.A. und C.P. auf jeweils 1.500 € festgesetzt. Von dem Stammkapital der am 24.03.2011 gegründeten Beigeladenen zu 2) i.H.v. 25.000 € übernahmen R.A. und C.P. jeweils 7.500 Geschäftsanteile und N.W. 10.000 Geschäftsanteile (notariell beurkundeter GmbH-Gründungsvertrag vom 24.03.2011 und GmbH-Gesellschaftsvertrag). Gegenstand der Beigeladenen zu 2) ist der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen sowie die Übernahme der persönlichen Haftung und Geschäftsführung bei Handelsgesellschaften, insbesondere die Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafterin an der Klägerin in P.. Im Zusammenhang mit der am 03.06.2015 beschlossenen Sitzverlegung von P. nach S. wurde der Gesellschaftsvertrag im Hinblick auf den Sitz des Unternehmens geändert, die übrigen Bestimmungen blieben unverändert (GmbH-Gesellschaftsvertrag ohne Datum, notariell bescheinigt am 16.06.2015). Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 03.06.2015 schied R.A. aus der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) aus. Mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2015 wurden sowohl ihr Kommanditanteil als auch ihr GmbH-Geschäftsanteil in zwei gleiche Teile aufgeteilt und an N.W. und C.P. abgetreten und verkauft (Kauf- und Abtretungsvertrag vom 03.06.2015). Außerdem wurde mit notariell beurkundetem Beschluss vom 03.06.2015 C.P. zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) bestellt.
Ab 01.06.2015 war der 1984 geborene und zu 1) beigeladene Betriebswirt P. G. als Projektleiter bei der Beigeladenen zu 2) beschäftigt.
Am 15.12.2017 veräußerte N.W. einen Teil ihrer GmbH- und Kommanditanteile an C.P. und den Beigeladenen zu 1) (notarieller Kauf- und Abtretungsvertrag über eine Geschäftsbeteiligung vom 15.12.2017). Ab 01.01.2018 trugen C.P., der Beigeladene zu 1) und N.W. Anteile i.H.v. 60, 25 bzw. 15 %.
Am 29.12.2017 beschlossen C.P., N.W. und der Beigeladene zu 1) die Neufassung des Gesellschaftsvertrages der Klägerin ab dem 01.01.2018 und unabhängig vom Gewinn der Gesellschaft eine monatliche Tätigkeitsvergütung für C.P. und den Beigeladenen zu 1) i.H.v. jeweils 6.500 € brutto.
Der ab 01.01.2018 geltende nicht notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthält insbesondere nachfolgende Regelungen:
§ 3 Gesellschafter, Kapitalbeteiligung
3.1 Persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) ist die Beigeladene zu 2) mit Sitz in Stuttgart.
3.2 Die Komplementärin leistet keine Einlage. Am Vermögen der Gesellschafter ist die Komplementärin nicht beteiligt.
3.3 Das Kommanditkapital beträgt 5.000,00 €.
3.4 Kommanditisten sind:
a) Herr C. P. mit einer Kommanditeinlage von 3.000,00 €
b) Frau N.W. mit einer Kommanditeinlage von 750,00 €
c) Der Beigeladene zu 1) mit einer Kommanditeinlage von 1.250,00 €.
3.5 Der Betrag der Kommanditeinlage bestimmt die im Handelsregister einzutragende Haftsumme des Kommanditiste...