Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. unversorgtes Ausscheiden eines satzungsmäßigen Mitglieds einer geistlichen Genossenschaft oder einer ähnlichen Gemeinschaft
Orientierungssatz
1. Zur Nachversicherung eines ehemaligen Mitglieds einer Religionsgemeinschaft.
2. Zur Rentenversicherungspflicht bzw -freiheit der satzungsgemäßen Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder der ähnlichen Gemeinschaften iS des § 2 Abs 1 Nr 7 AVG, § 1227 Abs 1 S 1 Nr 5 RVO.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 6. April 2018 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, der seine Kosten auf sich behält.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen zu Gunsten des bei der Beklagten versicherten Beigeladenen in Höhe von 93.877,07 Euro im Streit.
Der D.Mission e.V. ist eine evangelische Freikirche pfingstlicher Prägung. Sein Ziel ist nach § 2 Abs. 1 der Vereinssatzung (i.d.F. vom 13. Juni 2011) die Verkündung des Evangeliums von Jesus Christus, um Menschen zum Glauben an Jesus Christus zu führen und sie in ihrem sittlichen Verhalten so zu fördern, dass die christliche Ethik der Bibel zur maßgebenden Richtschnur in der persönlichen Lebensführung werden kann. Er ist als eingetragener Verein (eV) mit Sitz in S. organisiert (Vereinsregister S. Nr. 1526). Die Verwaltung des Vereins befindet sich in B. Der Verein unterhält mehrere sog. Glaubenshäuser, die u. a. der Förderung der christlichen Religion dienen, aber auch Erholungsgelegenheit bieten. Mit dem Glaubenshaus verbunden ist eine Missionsschule, die nach den früheren Satzungen des Vereins (z. B. Satzung i. d. F. vom 3. Juli 1970) den Orden der geistlichen Genossenschaft „S.“ darstellte. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 der Satzung idF vom 13. Juni 2011 bilden Personen, die ihrer christlichen Überzeugung und inneren Berufung folgen und in einem Glaubenshaus leben, eine auf Dauer angelegte ordensähnliche Glaubens- und Lebensgemeinschaft; dazu ist es nicht erforderlich, Mitglied in dem eingetragenen Verein zu sein.
Der am 1952 geborene Beigeladene, der zu keinem Zeitpunkt Mitglied des eingetragenen Vereins war, wurde am 1. September 1967 in das Glaubenshaus B. im Schwarzwald aufgenommen und absolvierte in der Zeit vom 1. September 1967 bis 31. Juli 1970 eine Ausbildung zum Landwirtschaftsgehilfen. In der Zeit vom 1. September 1967 bis 31. März 1975, mit Ausnahme der Zeit vom 1. Oktober 1970 bis 5. März 1971, in der er sich in einem Missionshaus in der Schweiz befand, und - nach zwischenzeitlicher Ableistung des Wehrdienstes vom 1. April 1975 bis zum 30. Juni 1976 - vom 1. Juli 1976 bis zum 30. November 2006 war der Beigeladene in den Glaubenshäusern des D.Mission e.V. in Deutschland tätig. Ab dem 1. Dezember 2006 bis zum 13. März 2013 war er gemeinsam mit seiner Ehefrau in einem Missionshaus des D.Mission e.V. in der Schweiz als Heimleiter eingesetzt. Auch während der Aufenthalte in der Schweiz war der Beigeladene in Deutschland gemeldet und über die DAK in Deutschland krankenversichert. Er verließ gemeinsam mit seiner Ehefrau am 13. März 2013 das Glaubenshaus des D.Mission e.V. in der Schweiz und erklärte gegenüber dem Verein seinen Austritt. Mit Erklärung vom 23. April 2013 bestätigte dieser die Beendigung der Vereinsmitgliedschaft, wobei das Feld zum Zeitpunkt des Austritts unausgefüllt blieb.
Am 26. Februar 2014 stellte der Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung und gab dabei an, er habe in der Zeit vom 1. September 1967 bis 13. März 2013 für den D.Mission e.V. als Landwirt und Heimleiter gearbeitet; für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 12. März 2013 seien Beiträge zur Sozialversicherung A. (Schweiz) geleistet worden. Mit Schreiben vom 20. März 2014 begehrte er eine Nachversicherung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für die Zeit vom 1. September 1967 bis 13. März 2013, wenn der D.Mission e.V. für diesen Zeitraum keine Versicherungsbeiträge entrichtet habe. Auf Anforderung der Beklagten legte der Beigeladene sodann Unterlagen zu seiner Ausbildung als Landwirtschaftsgehilfe vor.
Nach Anhörung mit Schreiben vom 1. Oktober 2014 zu der beabsichtigten Nachversicherung forderte die Beklagte den S. Mission e.V. mit Bescheid vom 5. November 2014 auf, Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen für die Zeit vom 1. September 1967 bis 30. November 2006 in Höhe von 88.524,40 Euro gemäß § 233 Abs. 2 SGB VI i. V. m. § 8 Abs. 2 SGB VI zu zahlen.
Mit Widerspruch vom 10. Dezember 2014 machte der S. Mission e.V. geltend, die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 SGB VI lägen nicht vor, weshalb eine Nachversicherungspflicht nicht bestehe. Es habe zu keinem Zeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen bestanden. Der Beigeladene habe in der Zeit vom 1. September 1967 bis 30. November 2006 in versc...