Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Fahrkostenerstattung durch den Unfallversicherungsträger im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Orientierungssatz
1. Nach § 43 Abs. 1 S. 1 SGB 7 werden die im Zusammenhang mit der Ausführung u. a. von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlichen Reisekosten nach § 53 SGB 9 vom Unfallversicherungsträger übernommen. Zu den Reisekosten gehören nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 SGB 7 Fahr- und Transportkosten.
2. Nach § 74 Abs. 4 SGB 9 i. V. m. § 5 Abs. 1 BRKG gilt bei Benutzung eines Kraftfahrzeugs eine Höchstgrenze von 130.- €. je Fahrt.
3. Nach § 39 Abs. 2 SGB 7 kann zum Ausgleich besonderer Härten eine besondere Unterstützung gewährt werden. Eine besondere Bedarfssituation kann u. a. in einer wirtschaftlichen Notlage bestehen oder in einer ungewöhnlichen Schwierigkeit in der Familie.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt höhere Fahrt- und Reisekosten im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der 1966 geborene Kläger erlitt am 06. Januar 2006 einen Arbeitsunfall.
Mit Bescheid vom 09. August 2016 erklärte sich die Beklagte zur dauerhaften beruflichen Wiedereingliederung des Klägers bereit, die Kosten einer Umschulung zum Techniker (Bautechniker) nach § 35 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) i.V.m. § 33 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) einschließlich eines Reha-vorbereitungslehrgangs (RVL) im - vom Kläger favorisierten - Berufsförderungswerk (BFW) München mit Sitz in Kirchseeon zu übernehmen. Der RVL verlief vom 10. Oktober 2016 bis zum 13. Februar 2017, die sich daran anschließende Umschulung dauerte weitere zwei Jahre und sollte planmäßig am 15. Februar 2019 enden. Zugleich erklärte sich die Beklagte im Bescheid bereit, neben Ausbildungskosten sowie Unterkunft und Verpflegung auch Fahrtkosten zu übernehmen und zwar „…für die Hin- und Rückreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln (2. Klasse) sowie im Regelfall für zwei Familienheimfahrten im Monat, maximal jedoch 24 Heimfahrten im Jahr … . Bei Benutzung eines Kfz wird eine Entschädigung i.H.v. 0,20 € für die tatsächlich gefahrenen Kilometer gewährt, höchstens jedoch 130,00 € pro Fahrt (Hin- und Rückfahrt).
Planmäßig nahm der Kläger an dieser Umschulung teil und legte die Fahrwege mit dem Pkw zurück.
Mit Schreiben vom 22. August 2017 beantragte er bei der Beklagten die Erstattung weiterer 1.632,00 Euro an Reise- und Fahrtkosten. In den vergangenen 10 Monaten habe er 19 Familienheimfahrten absolviert, wobei jede Strecke 582,5 km betrage. Addiert mit der Rückfahrt und multipliziert mit der Anzahl der Fahrten (19) ergebe sich eine Gesamtkilometerleistung von 22.135 km. Für jeden vollen Monat seien ihm an Reisekosten von der Beklagten 260,00 € und anteilig für Oktober 2016 195,00 € erstattet worden, in der Summe somit 2.795,00 €. Daraus ergebe sich rein rechnerisch ein Erstattungsbetrag pro Kilometer von 0,126 €. Verglichen mit einem Rehabilitanden, der nach zwei Wochen im Zuge der Familienheimfahrt 650 km nach Hause fahre (An- und Abreise), habe er beinahe die doppelte Leistung zu erbringen, einen deutlich höheren Zeitaufwand sowie an materiellen Mitteln. Dies sei aus Gründen der Gleichbehandlung unhaltbar. Nach § 53 SGB IX und § 5 des Bundesreisekostengesetzes (BRKG) sei zwar eine Deckelung der Kosten vorgesehen, jedoch sei nach § 53 Abs. 4 SGB IX auf Antrag eine Anpassung zu fordern, wenn die Maßnahme noch mindestens zwei weitere Monate andauere. Zudem sei des BRKG nach dessen § 1 nur auf Beamte und Richter u. a. anwendbar, nicht jedoch auf ihn.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 04. September 2017 die Gewährung höherer Reise-/Fahrtkostenerstattung ab. In Ziffer 4 des Bewilligungsbescheides vom 09. August 2016 sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass Fahrtkosten für Familienheimfahrten je Fahrt in Höhe von höchstens 130,00 € übernommen werden könnten. Maßgebend für die getroffene Entscheidung zur Höhe der Fahrtkostenerstattung im Zuge der Familienheimfahrten seien die gemeinsamen Richtlinien der Unfallversicherung nach § 43 Abs. 5 SGB VII über Fahrtkosten. Unter Ziffer 4.1.2 der Richtlinien sei geregelt, dass die Wegstreckenentschädigung bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges 0,20 € für Wege zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der Ausführung der Leistung, höchstens jedoch 130,00 € betrage. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ein sogenannter Härtefall nach Ziffer 12 der Richtlinie bestehe. Mit Härtefallregelungen sollte ein bestimmter Personenkreis begünstigt werden. Härtefallregelungen stellten eine gesetzliche Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dar. Eine unbillige Härte liege nach ständiger Rechtsprechung des Sozialgerichts allgemein dann vor, wenn das Ergebnis der Regelbemessung in einem Missverhältnis zu derjenigen Leistung stehe, welche Versicherte aufgrund ihrer bisherigen Leistung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzel...