Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Recht auf Akteneinsicht des Versicherten
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Recht auf Akteneinsicht besteht grundsätzlich nur für die Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens während der Durchführung dieses Verwaltungsverfahrens; darüber hinaus steht die Gewährung von Akteneinsicht im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung.
2. Aus § 25 Abs 1 SGB 10 ergibt sich kein Rechtsanspruch auf (Re-)Konstruktion bereits vernichteter Akten.
3. Zum Verhältnis von § 25 Abs 1 SGB 10 zu § 19 BDSG, § 83 Abs 1 S 1 SGB 10 sowie § 305 SGB 5.
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Einsicht in alle von der beklagten Krankenkasse über sie im Zeitraum von April 1992 bis November 1994 geführten Akten.
Die 1951 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie beantragte mit Schreiben vom 9. November 1994 und 12. Juli 1995 bei der Beklagten, ihr lückenlose Einsicht in alle sie betreffenden Unterlagen der Beklagten zu gewähren, die sich auf den Zeitraum von April 1992 bis zum 25. November 1994 bezögen. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 3. August 1995 mit, daß die ihr vorliegenden Unterlagen (Krankenakten) zusammengetragen worden seien und zur Einsichtnahme bereitlägen, dazu gehörten auch die Abrechnungen und die abgerechneten Krankenscheine der Arztpraxen Prof. Dr. M, Dr. B, Frau R, Dr. S sowie der Praxis Dr. B, Dr. W im III. und IV. Quartal 1994, die die Klägerin als behandelnde Ärzte benannt habe. Eine darüber hinausgehende Akteneinsicht lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. August 1995 ab. Akteneinsicht könne nur in Unterlagen gewährt werden, die der Beklagten vorlägen. Es bestehe keine Verpflichtung für die Beklagte, Unterlagen anderer Behörden beizubringen. Im übrigen könne eine Einsichtnahme nur in die Abrechnungen der Ärzte ermöglicht werden, die ihr als Behandler bekannt seien. Sofern ärztliche Behandlungen bei anderen Ärzten erfolgt seien, lägen der Beklagten auch deren Abrechnungen vor. Diese Unterlagen seien aber in umfangreichen Abrechnungsakten enthalten. Eine Auskunft über diese Unterlagen werde in einem solchen Falle nur erteilt, soweit der Betroffene Angaben mache, die das Auffinden der Daten ermögliche und wenn der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von dem Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse stehe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit Schreiben vom 10. September 1995, ergänzt durch ihre Schreiben vom 3. und 15. November 1995 Widerspruch, in dem sie weitere Ärzte benannte, die sie behandelt, untersucht oder beraten hätten. Darüber hinaus beziehe sich der Widerspruch aber vor allem auf Unterlagen über ärztliche Tätigkeiten, die sie beträfen, aber ohne ihre Zustimmung erfolgt seien und betreffe deshalb alle Berliner Ärzte, Krankenhäuser, Polikliniken, Universitätskliniken und Krankentransportunternehmen.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 8. November 1995 mit, daß die zur Einsichtnahme bereitstehenden Akten aufgrund ihrer zusätzlichen Angaben über behandelnde Ärzte vervollständigt worden seien. Die Klägerin nahm am 30. November 1995 Einsicht in diese Akten und erhielt daraus auf ihren Wunsch Ablichtungen. Darüber hinaus übermittelte ihr die Beklagte alle Daten, die über ihre Bildschirmlesegeräte abrufbar waren durch Computerausdrucke.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 1996 wies der Widerspruchsausschuß der Beklagten den Widerspruch der Klägerin im wesentlichen aus den Gründen des Ausgangsbescheides zurück. Ergänzend führte der Widerspruchsausschuß aus: Ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Abrechnungen der die Klägerin behandelnden Ärzte für den Zeitraum April 1992 bis November 1994 bestehe nur insoweit, als die Behandler benannt und die Abrechnungen nicht bereits vernichtet worden seien. Insoweit habe die Klägerin volle Akteneinsicht erhalten und die Beklagte ihre Verpflichtung zur Gewährung von Akteneinsicht erfüllt. Darüber hinaus geltend gemachte Akteneinsichtsrechte bestünden nicht. Dabei werde zur Klarstellung darauf aufmerksam gemacht, daß die Abrechnungsunterlagen der Vertragspartner der Beklagten nicht mitgliedermäßig erfaßt und gespeichert würden, sondern eine Zuordnung im Hinblick auf den Vertragspartner erfolge. Ohne Nennung der betreffenden Vertragspartner sei es aber der Beklagten aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, die gewünschten Unterlagen herauszusuchen.
Gegen die Versagung der Akteneinsicht in dem gewünschten Umfang hat die Klägerin am 30. Mai 1995 - zunächst in Form der Untätigkeitsklage - danach unter Einbeziehung der ablehnenden Bescheide Klage zum Sozialgericht erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die begehrte Akteneinsicht sei nicht gewährt worden, da ihr nur Unterlagen aus dem III. und IV. Quartal 1994 vorgelegt worden seien. Deshalb sei ihr Klagebegehren nicht erledigt. Außerdem benötige sie den begehrten lückenlosen Einblick in alle Unterlagen, die die Bek...