Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht. Ortsbürgermeister. Aufwandsentschädigung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Bürgermeister einer rheinland-pfälzischen Ortsgemeinde ist abhängig beschäftigt.
2. Der zu versteuernde Teil seiner Aufwandsentschädigung unterliegt grundsätzlich der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Normenkette
SGB IV § 14; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 4 Nr. 2, Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Beteiligte
AOK-Die Gesundheitskasse in Rheinland-Pfalz |
Geschäftsführer der Regionaldirektion Rhein-Lahn |
1. Bundesversicherungsanstalt für Angestellte |
Verfahrensgang
SG Koblenz (Aktenzeichen S 5 K 83/96) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 22.4.1998 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers als Ortsbürgermeister einer rheinland-pfälzischen Ortsgemeinde (Beigeladene zu 2) in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der 1941 geborene Kläger wurde auf eigenen Antrag zum 31.12.1994 als Dienstordnungsangestellter der AOK-Hessen mit einem Versorgungsanspruch von 75 vH der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Die Versorgungszusage schließt nach Auskunft des Hessischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Sozialordnung vom 6.2.1995 die Einkünfte aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht mit ein. Seit 11.8.1994 ist der Kläger als Ortsbürgermeister der Ortsgemeinde … tätig. Hierfür erhält er nach Auskunft der Verbandsgemeinde … eine monatliche Aufwandsentschädigung zuzüglich einer jährlichen Zuwendung. Die Aufwandsentschädigung ist zu 1/3 steuerfrei. Der steuerpflichtige Teil der Aufwandsentschädigung betrug im Jahre 1994 1.546,00 DM und beträgt heute 1.649,33 DM monatlich. Die steuerpflichtige jährliche Zuwendung belief sich im Jahre 1999 auf 2.474,00 DM.
Auf seinen Antrag, ihn für die Tätigkeit als Ortsbürgermeister von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung zu befreien, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21.3.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6.6.1995 fest, der Kläger unterliege mit dieser Tätigkeit der Sozialversicherungspflicht, da es sich dabei um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handle. Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs 4 Nr 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) bestehe nicht, weil der Kläger keine Versorgung nach Erreichen einer Altersgrenze beziehe.
Die Klage hat das Sozialgericht Koblenz (SG) mit Urteil vom 22.4.1998 abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger unterliege in seiner Eigenschaft als Ortsbürgermeister der Beigeladenen zu 2) der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung für Angestellte, da er abhängig beschäftigt sei und ein Arbeitsentgelt erhalte. Als Ehrenbeamter erfülle er nicht die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB VI. Der Kläger leite nach § 47 der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz (GemO) als Ortsbürgermeister die Gemeinde und vertrete sie nach außen. Daher gäben Verwaltungsaufgaben der Tätigkeit das Gepräge. Die nunmehrige Direktwahl der Ortsbürgermeister ändere daran nichts. Da der Kläger nach der Entschädigungsverordnung Rheinland-Pfalz eine über seine Auslagen hinausgehende Aufwandsentschädigung erhalte, die zu einem Drittel zu versteuern sei und die die Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 SGB IV übersteige, liege ein rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor.
Gegen das am 14.5.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.5.1998 Berufung eingelegt. Er trägt vor, aus den einschlägigen Bestimmungen der GemO ergebe sich, dass der Ortsbürgermeister zwar der Ortsgemeinde vorstehe, seine Tätigkeit jedoch nicht durch Verwaltungsaufgaben geprägt sei. Er sei keinem allgemeinen Weisungsrecht seines Dienstherren unterworfen und werde durch die Gemeindemitglieder direkt gewählt. Die weisungsgebundenen Tätigkeiten nach § 47 GemO gäben der Tätigkeit des Ortsbürgermeisters in Rheinland-Pfalz nicht das Gepräge. Durch die Aufwandsentschädigung würden lediglich die mit der Wahrnehmung des Ehrenamtes verbundenen notwendigen baren Auslagen und Aufwendungen abgegolten. Er habe keinen Urlaubsanspruch und keine vorgeschriebene Arbeitszeit. Aus alledem ergebe sich, dass der Ortsbürgermeister nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Ortsgemeinde stehe und daher auch nicht der Rentenversicherungspflicht unterliege.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 22.4.1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.3.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6.6.1995 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Eigenschaft als Ortsbürgermeister der Ortsgemeinde … nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und die zugrundeliegenden Bescheide für rechtmäßig.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich der jeweil...