Entscheidungsstichwort (Thema)
Freibetrag wegen notwendiger auswärtiger Unterbringung bei der Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe
Orientierungssatz
1. Bei der Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe wird ein vom Einkommen abzugsfähiger Freibetrag für auswärtige Unterbringung gewährt, wenn die Vermittlung einer geeigneten Ausbildungsstelle nur bei Unterbringung des Auszubildenden außerhalb des Haushalts seiner Eltern möglich ist.
2. Damit soll die Berufsmobilität des Auszubildenden gefördert und das regional unterschiedliche Ausbildungsplatzangebot besser ausgeschöpft werden. Der Freibetrag ist nur dann anzusetzen, wenn der Auszubildende gerade wegen der Ausbildung gezwungen ist, den Haushalt der Eltern zu verlassen, vgl. BSG, Urteil vom 08. Juli 2009 - B 11 AL 20/08 R.
3. Der gesamte Freibetrag greift nur dann, wenn am gemeinsamen Wohnort von Eltern und Auszubildendem es nicht möglich ist, eine geeignete Ausbildungsstelle zu finden.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten in der Sache über die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für den Bewilligungszeitraum vom 1. März 2010 bis 31. August 2011.
Der am 1985 geborene Kläger begann am 5. August 2001 eine Ausbildung als Maler und Lackierer in H ... Zum 1. Juni 2003 zog er aus dem Haushalt seiner Mutter in H. aus, welche zum 1. Juli 2003 von H. nach F. a. M. verzog. Er zog in eine eigene 35 qm große Wohnung in H. und beantragte BAB bei der Beklagten, welche ihm bewilligt wurde. Der Kläger bestand die Abschlussprüfung nicht und beendete seine Ausbildung zum 29. Juli 2005. Danach absolvierte er verschiedene Fördermaßnahmen in H. und anderem eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) vom 4. September 2007 bis 3. Juli 2008, für welche er BAB in Höhe von 465 EUR monatlich erhielt.
Am 18. August 2008 stellte der Kläger einen Antrag auf BAB für eine Berufsausbildung als Gebäudereiniger im B. B. e. V. in H ... Die Ausbildung sollte vom 1. September 2008 bis 31. August 2011 dauern und der Kläger im 1. Lehrjahr 310 EUR, im zweiten Lehrjahr 412,67 EUR und im dritten Lehrjahr 433,32 EUR brutto verdienen. Der Kläger gab an, seit dem 22. Mai 2003 in einem eigenen Hausstand in H. zu wohnen. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf BAB ab. Dem Kläger stünden aus eigenem Einkommen und der Anrechnung des Einkommens seiner Mutter ausreichende Mittel zur Verfügung, um seinen Lebensunterhalt und seine Berufsausbildung zu bestreiten. Der monatliche Gesamtbedarf in Höhe von 571 EUR, sei durch anrechenbares eigenes Einkommen in Höhe von 314,65 EUR und anrechenbares Einkommen der Mutter in Höhe von 303,20 EUR komplett gedeckt. Sein Widerspruch hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2008), wogegen er keine Klage erhob.
Am 24. Februar 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten BAB für den Folgeabschnitt. Für Pendelfahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte entstanden Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel in Höhe von 31,20 EUR. Er bezog Halbwaisenrente in Höhe von 67,89 EUR monatlich. Seine Miete incl. Nebenkosten betrug 232,19 EUR monatlich. Der Gesamtbetrag der Einkünfte (wobei bereits die Werbungskosten vom Bruttolohn in Abzug gebracht sind) der Mutter des Klägers betrug im Jahr 2008 34.525 EUR. Ihr Arbeitgeber zahlte ihr vermögenswirksame Leistungen. Die festzusetzende Einkommensteuer betrug 6.304 EUR, der Solidaritätszuschlag 246,89 EUR und die Kirchensteuer 404,01 EUR.
Mit Bescheid vom 8. März 2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und beantragte zugleich die Überprüfung der früheren ablehnenden Entscheidung. Es seien nicht alle Freibeträge berücksichtigt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Das anzurechnende Einkommen übersteige den Bedarf des Klägers. Sein monatlicher Bedarf in Höhe von 602,20 EUR sei durch eigenes anzurechnendes monatliches Einkommen in Höhe von 224,75 EUR und anzurechnendes Einkommen seiner Mutter in Höhe von 602,23 EUR gedeckt. Ein besonderer Freibetrag für eine auswärtige Unterbringung sei dem Kläger nicht einzuräumen. Er wohne bereits seit 2003 in einer eigenen Wohnung und die auswärtige Unterbringung sei nicht zum Zwecke der Ausbildung als Gebäudereiniger erfolgt.
Der Kläger hat hiergegen am 4. Mai 2010 Klage vor dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt. Die Klage hat er wie folgt begründet: Ihm stehe der zusätzliche Freibetrag zu. Der Freibetrag sei anzusetzen, wenn der Auszubildende gerade wegen der Ausbildung gezwungen war, den Haushalt der Eltern zu verlassen. Diese Voraussetzung sei hier gegeben, da es sich bei der streitgegenständlichen Ausbildung im Hinblick auf seinen beruflichen Werdegang um die Fortführung der bereits im Jahr 2003 begonnenen "ersten" Berufsausbildung handelt, die er nicht habe erfolgreich abschließen können. Für die erste Berufsausbildung se...