Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. hauptamtliches Vorstandsmitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
1. Für ein hauptamtliches Vorstandsmitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft kann eine nicht abhängige Beschäftigung nicht aus § 1 S 3 (S 4 aF) SGB VI bzw § 27 Abs 1 Nr 5 SGB III hergeleitet werden. Diese Vorschriften sind auf die Mitglieder des Vorstands einer eingetragenen Genossenschaft nicht entsprechend anwendbar.
2. Nach der Rechtsprechung des BSG knüpft § 1 S 3 (S 4 aF) SGB VI an das formale Merkmal der Zugehörigkeit zum Vorstand einer Aktiengesellschaft an; die Ausnahme von der Rentenversicherungspflicht wird allein von der Rechtsform der Gesellschaft abhängig gemacht, der die Vorstandsmitglieder vorstehen.
3. Die Möglichkeit, diese typisierende Regelung entsprechend anzuwenden, besteht nach dem BSG nur bei Vorstandsmitgliedern großer Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG), weil Vorschriften des Aktiengesetzes über eine Verweisung im Versicherungsaufsichtsgesetz für den Vorstand eines VVaG entsprechend gelten und dessen Mitglieder Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft deshalb rechtlich gleichgestellt sind (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 12 KR 23/06 R = BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr 3 = juris RdNr 20).
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. seit dem 1. September 2010 versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Der am ... 1966 geborene Kläger ist auf Grund eines Anstellungsvertrages vom 26. August 2010 seit dem 1. September 2010 als hauptamtliches Vorstandsmitglied der Beigeladenen zu 1. tätig. In dem Anstellungsvertrag ist u. a. Folgendes geregelt:
"§ 1 Aufgaben und Pflichten
(1)
Das hauptamtliche Vorstandsmitglied leitet gemeinsam mit den durch den Aufsichtsrat der Wohnungsgenossenschaft bestellten Mitgliedern des Vorstandes unter eigener Verantwortung im Sinne des § 27 Abs. 1 Genossenschaftsgesetz die Wohnungsgenossenschaft. Es hat seine Aufgaben mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft zu erfüllen und vertrauensvoll mit den übrigen Mitgliedern des Vorstandes und dem Aufsichtsrat zusammenzuarbeiten.
Er hat sich konsequent für die Umsetzung und Weiterentwicklung des Genossenschaftsgedankens und das Wohl aller Genossenschaftsmitglieder einzusetzen.
(2)
Das hauptamtliche Vorstandsmitglied vertritt die Genossenschaft zusammen mit einem weiteren Mitglied des Vorstandes oder mit dem Prokuristen gerichtlich und außergerichtlich. Es ist im Innenverhältnis allein zuständig und allein verantwortlich für die Bereiche: Mieteinnahmen und -anpassungen sowie den Einzug der Forderungen, Kaufmännische Verwaltung, Steuern und Finanzen, Controlling sowie Personalverwaltung/Technik, einschließlich Gebäude- und Anlagensicherheit, Bauplanung, Baudurchführung und -überwachung, Instandsetzung, Wärmeschutz, sparsame Energieverwendung.
(3)
Einschränkungen in der Geschäftsführung durch Gesetze, Satzung, Geschäftsordnung, satzungsgemäße Zustimmungsvorbehalte des Aufsichtsrates der Wohnungsgenossenschaft oder der Vertreterversammlung sind seitens des hauptamtlichen Vorstandsmitgliedes konsequent zu beachten.
(4)
Das hauptamtliche Vorstandsmitglied nimmt alle Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften war.
(5)
Das hauptamtliche Vorstandsmitglied hat innerhalb der Fristen des HGB den Jahresabschluss und den Lagebericht für das abgelaufene Geschäftsjahr aufzustellen und beide unverzüglich im Sinne des § 33 Abs. 1 GenG dem Aufsichtsrat zusammen mit dem Vorschlag über die Ergebnisverwendung zum Zweck der Prüfung zuzuleiten.
(6)
Das hauptamtliche Vorstandsmitglied hat geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Wohnungsgenossenschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden.
§ 2 Nebentätigkeiten, Wettbewerbsverbot
(1)
Die Übernahme jedweder Nebentätigkeit, sei es entgeltlich oder unentgeltlich, bedarf der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrates. Die zur Übernahme einer Nebentätigkeit erteilte Zustimmung ist jederzeit widerruflich.
(2)
Für die Dauer dieses Vertrages ist es dem hauptamtlichen Vorstandsmitglied gestattet, in der von der Wohnungsgenossenschaft gegründeten Tochtergesellschaft "WGB Wohnungsbau- und -Verwaltungsgesellschaft mbH - Hausverwaltung für Dritte" auf der Grundlage einer gesonderten vertraglichen Regelung tätig zu sein. Es ist ihm nicht gestattet (weder selbständig noch unselbständig) andere Unternehmen zu beraten oder in irgendeiner Form zu unterstützen, ein Unternehmen zu errichten oder sich an einem Unternehmen zu beteiligen und zwar weder unmittelbar noch mittelbar, weder gelegentlich noch gewerbsmäßig.
(3)
Zuwendungen, deren Wert mehr a...