Prof. Dr. Hans-Friedrich Lange
Leitsatz
1. Eine von einem Reiseunternehmer angebotene Kreuzfahrtschiffsreise einschließlich des Bustransfers des Reisenden zum Abfahrtshafen ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 UStG eine einheitliche Reiseleistung.
2. Wird der Bustransfer im Gemeinschaftsgebiet bewirkt und wird die Kreuzfahrtschiffsreise im Drittlandsgebiet erbracht, unterliegt (nur) der Bustransfer der Margenbesteuerung nach § 25 UStG.
3. Der Abzug von Vorsteuerbeträgen hinsichtlich des Bustransfers ist ausgeschlossen.
Normenkette
§ 25 Abs. 1, § 25 Abs. 2, § 25 Abs. 4 UStG 1993/1999, Art. 26 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb ein Reiseunternehmen, das sich insbesondere auf die Organisation von Kreuzfahrten spezialisiert hatte und hierfür Schiffe charterte. Für die Anreise zum jeweiligen Abfahrtshafen im Gemeinschaftsgebiet nutzten einige der Reiseteilnehmer den von der Klägerin angebotenen Bustransfer. Die Klägerin hatte diese Bustransferleistungen von verschiedenen Busunternehmern bezogen. Die Kreuzfahrten führten fast ausschließlich durch Drittlandsgebiet (internationale Gewässer).
Die Klägerin vertrat die Auffassung, (auch) der Bustransfer im Gemeinschaftsgebiet sei – wie die im Drittlandsgebiet erbrachten Kreuzfahrtschiffsreisen – gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG steuerfrei, weil es sich bei diesen Bustransferleistungen um untergeordnete (unselbstständige) Hilfsleistungen zu diesen Kreuzfahrtschiffsreisen handele.
Das FA war dagegen der Meinung, die Bustransferleistungen seien als im Gemeinschaftsgebiet bewirkte Leistungen nach § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG steuerpflichtig und unterlägen der Margenbesteuerung nach § 25 Abs. 3 UStG. Die hierfür von der Klägerin aufgewendeten Beträge hätten den jeweils entrichteten Zahlungen der Reiseteilnehmer entsprochen, sodass sich eine Marge von 0 DM und in der Folge keine USt ergebe. Gleichzeitig sei der Vorsteuerabzug für diese Reisevorleistungen nach § 25 Abs. 4 UStG ausgeschlossen.
Die Klage blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.6.2009, 1 K 337/05, Haufe-Index 2254052, EFG 2010, 283).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.
Für den Fall einer im Streitfall vorliegenden einheitlichen Reiseleistung i.S.v. § 25 Abs. 1 Satz 3 UStG normiere § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG ein ausdrückliches Aufteilungsgebot, wonach eine Steuerfreiheit der Reiseleistung nur in Betracht komme, wenn und soweit die entsprechenden Reisevorleistungen tatsächlich im Drittlandsgebiet bewirkt wurden. Das sei hier hinsichtlich der Bustransferleistungen nicht der Fall gewesen.
Die Klägerin sei gem. § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG nicht berechtigt, die ihr für die Bustransferleistungen von den Busunternehmern in Rechnung gestellte USt als Vorsteuer abzuziehen.
Hinweis
1.§ 25 UStG enthält eine Sonderregelung für die Besteuerung von Reiseleistungen eines Reiseunternehmers (z. B eines Reisebüros). Die Vorschrift gilt für Reiseleistungen, soweit der Reiseunternehmer dabei sog. Reisevorleistungen – das sind Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugutekommen – bezogen (eingekauft) und gegenüber den Reisenden im eigenen Namen erbracht hat (§ 25 Abs. 1 Sätze 1 und 5 UStG). Die Reiseleistung des Reiseunternehmers ist als sonstige Leistung anzusehen (§ 25 Abs. 1 Satz 2 UStG). Erbringt der Reiseunternehmer an einen Reisenden im Rahmen einer Reise mehrere Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche sonstige Leistung (§ 25 Abs. 1 Satz 3 UStG).
2. Die Reiseleistung des Reiseunternehmers ist gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG steuerfrei, soweit die ihr zuzurechnenden Reisevorleistungen im sog. Drittlandsgebiet – das ist das Ausland mit Ausnahme des Gebiets der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft – erbracht werden.
3. Der wesentliche Vorteil der Sonderregelung besteht für den Reiseunternehmer darin, dass die von ihm erbrachte Reiseleistung nach § 25 Abs. 3 Satz 1 UStG mit einer geringeren Bemessungsgrundlage als im Normalfall besteuert wird. Seine Leistung wird nicht wie sonst nach dem Betrag (abzüglich der Umsatzsteuer) bemessen, den der Leistungsempfänger (Reisende) aufwendet, um die Leistung zu erhalten (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Angesetzt wird gem. § 25 Abs. 3 Sätze 1 und 2 UStG vielmehr lediglich der Unterschied zwischen dem Betrag, den der Reisende für die Reise aufwendet, und dem Betrag, den der Reiseunternehmer für die Reisevorleistungen aufwendet – jeweils abzüglich der Umsatzsteuer.
4. Sozusagen im Gegenzug für den Ansatz dieser verminderten Bemessungsgrundlage (sog. Margenbesteuerung) sieht allerdings § 25 Abs. 4 Satz 1 UStG abweichend von § 15 Abs. 1 UStG vor, dass der Reiseunternehmer nicht berechtigt ist, die ihm für die Reisevorleistungen gesondert in Rechnung gestellten Steuerbeträge als Vorsteuer abzuziehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.10.2011 – XI R 18/09