Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
Geben die Gesellschafter der Besitz-Personengesellschaft in zeitlichem Zusammenhang mit der Begründung der Betriebsaufspaltung der Betriebs-GmbH jeweils ein ungesichertes, unkündbares Darlehen, für das Zinsen erst zum Ende der 16-jährigen Laufzeit gezahlt werden sollen, so gehören die Darlehensforderungen zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter bei der Besitz-Personengesellschaft.
Normenkette
§ 4 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Die Gesellschafter einer Besitz-Personengesellschaft gewährten der von ihnen beherrschten Betriebs-GmbH bei Begründung der Betriebsaufspaltung jeweils ein Darlehen von 100 000 DM. Diese Darlehen sollten für 16 Jahre unkündbar sein und nicht laufend verzinst werden. Stattdessen sollten die Gesellschafter bei Fälligkeit der Darlehen jeweils einen Betrag von 400 000 DM erhalten, nämlich neben der Tilgung von 100 000 DM angesammelte Zinsen von 300 000 DM (Zinssatz 9,05 %). Eine vorzeitige Tilgung oder Zinszahlung war ausgeschlossen. Sicherheiten stellte die GmbH nicht.
Das FA behandelte die Darlehen als Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei der Besitzgesellschaft. Infolge der Aktivierung der Nennbeträge zuzüglich bisher aufgelaufener Zinsen ergaben sich Gewinnerhöhungen bei der Besitzgesellschaft. Weder FG noch BFH hatten dagegen Bedenken.
Entscheidung
Zunächst setzt sich der BFH mit Verfahrensrügen auseinander. Eine der Rügen scheint ihm zwar berechtigt, aber der Verfahrensfehler habe sich nicht auf das Ergebnis ausgewirkt. Das FG habe aus anderen Gründen richtig entschieden.
Bei einer Besitz-Personengesellschaft gehörten Darlehen an die Betriebs-GmbH nach ständiger Rechtsprechung zum Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft. Entsprechend seien von Gesellschaftern gewährte Darlehen an die GmbH regelmäßig Sonderbetriebsvermögen II, jedenfalls dann, wenn das Darlehen im zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung der Betriebsaufspaltung und zu marktunüblichen Bedingungen gewährt werde. Hier seien die Darlehensbedingungen nicht fremdüblich. Kein fremder Darlehensgeber hätte einer Handwerks-GmbH 100 000 DM für 16 Jahre unkündbar und ungesichert überlassen. Eine ausreichende Sicherheit wäre insbesondere im Hinblick auf die Zinsansammlung verlangt worden.
Die Fremdüblichkeit könne nicht aus dem Vergleich mit Zero-Bonds einer Landesbausparkasse abgeleitet werden. Zero-Bonds seien Inhaberschuldverschreibungen. Weder habe die GmbH eine entsprechende Urkunde ausgestellt noch sei sie dazu nach dem BGB berechtigt gewesen. Inhaberschuldverschreibungen würden im Rechtsverkehr auch gesichert, entweder durch Grundpfandrechte oder die Sicherungen des emittierenden Geldinstituts. Die mangelnde Besicherung werde nicht durch eine besondere Rendite kompensiert, denn dieselbe Rendite hätte auch bei Zero-Bonds einer Landesbank erzielt werden können. Bei dieser Sachlage komme es nicht darauf an, ob die GmbH ihren Finanzierungsbedarf auch anders hätte decken können.
Hinweis
Der Besprechungsfall zeigt, dass die gewünschte Darstellung der Fremdüblichkeit eines Rechtsgeschäfts nur gelingt, wenn man die zwischen Fremden bestehenden Rechtsbeziehungen im Einzelnen analysiert. Hier lag es auf der Hand, dass eine mittelständische Handwerks-GmbH nicht Zero-Bonds im Stil eines großen Kreditinstituts ausgeben konnte. Ob allerdings im konkreten Fall eine andere Möglichkeit bestanden hätte, Darlehen der Gesellschafter außerhalb des Betriebsvermögens der Besitzgesellschaft zu gewähren, erscheint fraglich.
Im Grundsatz erkennt der BFH aber an, dass der Gesellschafter der Besitzgesellschaft auch außerhalb dieser Stellung Rechtsbeziehungen zu der Betriebs-GmbH haben kann. Indizien für eine betriebliche Veranlassung sind vor allem, ob ein zeitlicher Zusammenhang mit der Betriebsaufspaltung besteht oder ob das Geschäft besonders vorteilhaft für die GmbH und damit mittelbar auch für die Betriebsgesellschaft ist. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn – wie hier – marktunübliche Konditionen zugunsten der GmbH vereinbart werden oder ein für die Betriebsgesellschaft unverzichtbares Wirtschaftsgut überlassen wird (z.B. Patent).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.10.2000, IV R 73/99