1. Allgemeines
Rz. 1
§ 12 entspricht weitgehend § 15 RVG. Geregelt werden mehrere Fragen, die für alle Gebühren in gleicher Weise zu beantworten sind:
- die Gebühr gilt die gesamte Tätigkeit ab, für die sie gewährt wird (Abs. 1);
- der StB kann die Gebühr grundsätzlich nur einmal fordern (Abs. 2);
- Abs. 3 regelt die Anwendung verschiedener Gebührensätze auf Teile des Gegenstandes;
- die vorzeitige Erledigung der Angelegenheit oder des Auftrages lässt bereits entstandene Gebühren grundsätzlich unberührt (Abs. 4);
- Abs. 5 behandelt die wiederholte Erteilung eines Auftrages in derselben Angelegenheit, zudem seit Inkrafttreten der 3. ÄndVGebV im Jahr 1998 auch die erneute Tätigkeit nach mehreren Jahren in derselben Sache;
- in Abs. 6 wird bestimmt, dass der mit mehreren Einzelhandlungen beauftragte StB nicht mehr an Gebühren als der mit einem Gesamtauftrag beauftragte StB erhält.
2. Pauschalierungscharakter der Gebühr
Rz. 2
Die StBVV fasst die Gebühren, die den einzelnen Angelegenheiten zugeordnet werden, pauschal zusammen. Damit ist sichergestellt, dass für eine "Angelegenheit" keine weiteren, zusätzlichen Gebühren gefordert werden können und die gesamte Tätigkeit des StB vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit insgesamt abgegolten wird (Abs. 1).
Rz. 3
Dieser Pauschalierungscharakter der Gebühr darf nicht mit einer "Pauschalvergütung" (§ 14) verwechselt werden. Letztere fasst "mehrere Angelegenheiten" zusammen und erlaubt aufgrund einer Vereinbarung in Textform ein pauschales Entgelt für diese Tätigkeiten. Demgegenüber regelt § 12, dass pauschal eine Gebühr für die Erledigung einer Angelegenheit festzusetzen ist.
Rz. 4
Für diese "eine" Angelegenheit kommt es bei dem von dem StB ausgeübten Tätigkeiten nicht darauf an, ob einzelne Teile mehr oder weniger aufwändig waren. Dies spielt nur für die Bemessung des Rahmensatzes eine Rolle (vgl. § 11 – Rz. 5 f.). Mit der Gebühr sind grundsätzlich auch vorbereitende Arbeiten (z. B. Studium der Fachliteratur, Sachverhaltsfeststellung) oder Nach- und Nebenarbeiten abgedeckt (z. B. Fristenkontrolle, Weiterleitung von Bescheiden). Die Beantwortung von Nachfragen und Beleganforderungen des FA ist grundsätzlich durch den Pauschalierungscharakter der Gebühren abgegolten. Ein dadurch erhöhter Aufwand lässt sich durch einen höheren Zehntelsatz bei den Gebühren ausgleichen (Raab, DStR 2019, 1232). Vertreten lässt sich auch, für diese Tätigkeiten Gebühren nach § 31 analog (§ 2) anzusetzen (siehe § 24 Rz. 9) oder nach § 24 Abs. 4 Nr. 5 i. V. m. § 2 (Feiter, eKommentar StBVV, § 12 Rz. 5). Der sicherste Weg ist eine ausdrückliche Regelung in einer Vergütungsvereinbarung nach § 4.
Rz. 5
Eine Gebühr entsteht, sobald der StB aufgrund des Auftrages irgendeine Tätigkeit vorgenommen hat (so die gesetzliche Begründung zu § 12). Somit lässt nicht die Auftragserteilung als solche, sondern die Aufnahme der erstmaligen Tätigkeit die Gebühr entstehen. Regelmäßig würde schon das erste Kontaktgespräch eines neuen Mandanten mit dem StB zur Begründung der Gebühr genügen. Allerdings ist hier im Einzelfall zu prüfen, ob nur ein Anbahnungsgespräch zum Abschluss eines Vertrages vorgelegen hat. Wird im Rahmen dieses ersten Gespräches schon über konkrete Maßnahmen oder steuerliche Probleme gesprochen und entfaltet der StB dabei schon beratende Tätigkeiten, wird regelmäßig auch eine Gebühr entstanden sein (insbesondere z. B. die Erstberatungsgebühr gem. § 21). Ist der Auftrag definitiv erteilt und hat der StB seine Tätigkeit aufgenommen, steht ihm die Gebühr für diese Angelegenheit auch bei vorzeitiger Erledigung oder Beendigung des Auftrages zu (Abs. 4, hierzu Rz. 16–19).
3. Dieselbe Angelegenheit
Rz. 6
§ 12 spricht an mehreren Stellen von der "Angelegenheit". Dieses ist ein Grundbegriff der gesamten StBVV (dazu E I – Rz. 50 f.) und stellt die maßgebliche "Abrechnungseinheit" für den Anfall von Gebühren dar.
Rz. 7
Der Begriff der "Angelegenheit" ist aber nicht eindeutig definiert. Die in der StBVV aufgezählten Gebühren und Tatbestände sind stets eine selbständige Angelegenheit, wobei der Umfang im Einzelnen durch den Auftrag bestimmt wird. Der Auftrag kann mehrere Angelegenheiten umfassen (z. B. Anfertigung der Steuererklärungen für alle Steuerarten), er kann die Angelegenheiten auch eingrenzen (z. B. Mitwirkung an einer Außenprüfung nur für die Schlussbesprechung).
Rz. 8
Die "Angelegenheit" ist damit nicht identisch mit dem "Auftrag", der häufig "mehrere Angelegenheiten" umfasst. Umfasst ein Auftrag mehrere selbständige gebührenrechtliche "Angelegenheiten", so bedingt die Bearbeitung der "Angelegenheit" ihrerseits u. U. wiederum eine Vielzahl von "Einzeltätigkeiten". Letztere sind aber gebührenrechtlich unbeachtlich (siehe auch E I – Rz. 50).
Rz. 9
Bei einem Verwaltungsverfahren bestimmt der von Amts wegen oder auf Antrag erlassene Verwaltungsakt (z. B. Steuerbescheid) den Umfang der Angelegenheit. So ist z. B. bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten die gemeinsame Steuererklärung eine Angelegenheit, weil ein zusammengefasster Steuerbescheid ergeht. Abgegolten werden auch Tätigkeiten für übl...