1. Allgemeines
Rz. 1
Anders als nach der BRAGO hat die StBGebV (jetzt StBVV) von Anfang an eine Zeitgebühr vorgesehen. Nunmehr sieht § 4 Abs. 2 RVG auch die Möglichkeit bei RAen vor, eine Zeitgebühr in außergerichtlichen Angelegenheiten zu vereinbaren. Demgegenüber hat sie für StB nach wie vor eine weitergehendere Bedeutung.
Rz. 2
Die Zeitgebühr findet nämlich Anwendung
- als "eigenständige Gebühr", falls dies von der StBVV selbst im Einzelnen bestimmt ist;
- als "Hilfsgebühr" bei Nichtvorliegen genügender Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswertes oder zur sinngemäßen Anwendung bei fehlender Bestimmung einer Gebühr nach Maßgabe von § 2;
- als "höhere vereinbarte" Gebühr gem. § 4 Abs. 1.
Rz. 3
Nachdem sie zunächst mit 20 bis 60 DM je angefangene halbe Stunde festgelegt war, wurde sie durch die 1. ÄndVGebV 1988 auf 25 bis 70 DM und durch die 2. ÄndVGebV 1991 auf 30 bis 77,50 DM angehoben. Die 3. ÄndVGebV sah seit Mitte 1998 den Betrag von 37,50 bis 90 DM vor; damit sollte ein Ausgleich für die gestiegenen Kosten des StB und der erhöhten Anforderungen an die StB-Leistungen geschaffen werden (vgl. dazu aber Rz. 11).
Rz. 4
Mit Wirkung vom 01. 01. 2002 wurde durch Art. 7 des Gesetzes zur Umstellung des Kostenrechts und der StBGebV auf Euro der seit 1998 gültige Betrag auf "19 bis 46 Euro" abgeändert (BGBl I 2001, S. 751). Durch die seit dem 20. 12. 2012 geltende Verordnung zum Erlass und zur Änderung steuerlicher Verordnungen erfolgte eine deutliche Anhebung der Zeitgebühr auf 30 bis 70 Euro. Die Erhöhung des Obersatzes der Zeitgebühr zum 01. 07. 2020 um 5 Euro auf 75 Euro dient dem Inflationsausgleich.
2. Die im Einzelnen geregelten Zeitgebühren
Rz. 5
Der Gebührenrahmen der Zeitgebühr ist dann anzuwenden, wenn nach den gesetzlichen Vorschriften abgerechnet wird und die Zeitgebühr in einer Einzelbestimmung der StBVV vorgesehen ist (OLG Düsseldorf v. 13. 10. 1994, 13 U 211/98, GI 1996, S. 94). Die Einzelbestimmung ist in der Gebührenrechnung neben der Angabe von § 13 zur Erfüllung der Formvorgaben aus § 9 anzugeben (OLG Düsseldorf v. 25. 04. 1996, 13 U 81/95, GI 1996, S. 269).
Rz. 6
In folgenden Fällen finden sich ausdrückliche Bestimmungen:
- für Arbeiten zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes gem. § 15a EStG (§ 24 Abs. 4 Nr. 2);
- für die Anfertigung einer Meldung über die Beteiligung an ausländischen Körperschaften, Vermögensmassen und Personenvereinigungen und an ausländischen Personengesellschaften (§ 24 Abs. 4 Nr. 3);
- für sonstige Anträge und Meldungen nach dem Einkommensteuergesetz (§ 24 Abs. 4 Nr. 5) = Auffangvorschrift für Anträge und Meldungen außerhalb der Einkommensteuererklärung (z. B. Fragebogen des Finanzamts für Eröffnung der Steuernummer – persönliche Daten des Steuerpflichtigen usw.);
- für die Überwachung und Meldung der Lohnsumme sowie der Behaltensfrist i. S. v. § 13a Abs. 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 1, Abs. 5 i. V. m. Abs. 6 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (§ 24 Abs. 4 Nr. 13);
- für die Berechnung des Begünstigungsgewinnes i. S. v. § 34a Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes – Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne (§ 24 Abs. 4 Nr. 14);
- für Vorarbeiten bei der Ermittlung des Überschusses der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, wenn die Arbeiten über das "übliche Maß" erheblich hinausgehen (§ 25 Abs. 2);
- für die Prüfung von Steuerbescheiden (§ 28);
- für die Teilnahme an Prüfungen, einschl. Schlussbesprechung und Überprüfung des Berichts (§ 29 Nr. 1);
- für die Hilfe bei der Einrichtung einer Buchführung (§ 32);
- für sonstige Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Buchführung (§ 33 Abs. 7);
- für sonstige Tätigkeiten im Zusammenhang mit Lohnsteuerabzug und Lohnbuchführung (§ 34 Abs. 5);
- für Abschlussvorarbeiten, insbesondere Anfertigungen oder Berichtigungen von Inventurunterlagen (§ 35 Abs. 3);
- für die Prüfung von Konten, Überschussrechnungen und Buchführungen einschl. der Berichterstattung (§ 36 Abs. 1);
- für die Prüfung von Bilanzen usw. für steuerliche Zwecke (§ 36 Abs. 2 Nr. 1);
- für die Berichterstattung über eine Tätigkeit nach Nummer 1 die Zeitgebühr (§ 36 Abs. 2 Nr. 2);
- für die Mitwirkung bei der Erteilung von Steuerbescheinigungen (§ 38 Abs. 2).
3. Weitere Anwendungsfälle der Zeitgebühr
Rz. 7
Die Zeitgebühr ist außerdem in folgenden Fällen zulässig:
- als Regelgebühr, wenn sich bei einem nicht durch die StBVV ausdrücklich erfassten Gebührentatbestand aus § 2 die sinngemäße Anwendung eines Gebührentatbestandes mit Zeitgebühr ergibt;
- anstelle der Wertgebühr, wenn die Voraussetzungen des § 13 Nr. 2 (fehlende Möglichkeit der Schätzung des Gegenstandswertes) vorliegen;
- zusätzlich oder anstelle einer Wertgebühr oder Betragsrahmengebühr bei besonderer Gebührenvereinbarung i. S. v. § 4 (vgl. ausführlich: Schall, Die Zulässigkeit der Zeitgebühr nach der StBGebV, StB 1991, S. 81, 83; zu den Grenzen: Maxl/Feiter, Vertragsfreiheit oder Bindung an die StBGebV bei der Vereinbarung von Zeithonoraren, INF 1995, S. 438).
4. Entsprechende Anwendung der Zeitgebühr
Rz. 8
Die Zeitgebühr ist keine Hilfsgebühr für anderweitig nicht geregelte Sachverhalte. Insbesondere der Umstand, dass umfangreiche Vor- oder Nebenarbeiten a...