Walter Jost, Dr. Christoph Goez
Rz. 6
Die Vergütung für die Tätigkeit in Strafverfahren ist im Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses geregelt. Wenn eine höhere als die gesetzliche Gebühr angestrebt wird, kann ein Wahlverteidiger auf die Vorschrift des § 42 RVG bzw. der gerichtlich bestellte Pflichtverteidiger oder beigeordnete Rechtsanwalt auf § 51 RVG zurückgreifen. Darin ist geregelt, dass ein Oberlandesgericht in Verfahren mit besonderem Umfang oder besonderer Schwierigkeit eine über die normalen Gebühren hinausgehende Pauschgebühr bewilligen kann.
Auch das Vergütungsverzeichnis unterscheidet in den Teilen 4 und 5 zwischen Wahlanwalt einerseits und gerichtlich bestelltem oder beigeordneten Rechtsanwalt andererseits. Während dem Wahlanwalt lediglich einen Gebührenrahmen vorgegeben wird, erhalten die gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwälte feste Pauschgebühren.
So werden nach VV RVG 4100 einem Wahlanwalt eine Grundgebühr i. H. v. 40–360 Euro (Mittelgebühr 200 Euro) zugestanden, während sich der gerichtlich bestellte oder beigeordnete RA mit pauschal 160 Euro zufrieden geben muss. Ebenso verhält es sich mit der Terminsgebühr, die beim Wahlanwalt von 40–300 Euro (Mittelgebühr 170 Euro) reicht und bei den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwälten nur 136 Euro beträgt (VV RVG 4102).
Auch in Teil 5 des VV, welches in Bußgeldsachen greift, wird zwischen den beiden Personengruppen unterschieden. Auch hier sind die Rahmen- und Pauschgebühren zu unterscheiden. Teil 5 des VV ist eine eigenständige Gebührenregelung. Strafgeld- und Bußgeldsachen sind daher verschiedene Angelegenheiten, die folglich auch gesondert abzurechnen sind (vgl. auch § 17 Nr. 10 RVG). Aber dennoch gibt es Berührungspunkte durch die in den VV RVG 4100 bzw. VV RVG 5100 enthaltenen gegenseitigen Anrechnungsregelungen. Danach entsteht die Gebühr nach VV RVG 5100 (Grundgebühr) nicht, wenn in einem vorangegangenen Strafverfahren für dieselbe Handlung oder Tat die Gebühr nach VV RVG 4100 entstanden ist. Dies gilt auch umgekehrt. Eine wegen derselben Tat oder Handlung bereits entstandene Gebühr nach VV RVG 5100 ist auf die Grundgebühr nach VV RVG 4100 anzurechnen.
Rz. 7
Sowohl in Straf- als auch in Bußgeldverfahren entstehen die Gebühren für Einzeltätigkeiten gesondert. Es handelt sich dabei jeweils um eine eigene Angelegenheit i. S. d. § 15 RVG. Beachtet werden muss hierbei jedoch, dass der RA für jede Einzeltätigkeit auch einen Einzelauftrag erhalten hat.
Rz. 8
Die vorzeitige Erledigung einer Angelegenheit oder die vorzeitige Beendigung des Auftrags hat gem. § 15 Abs. 4 RVG keine Auswirkung auf bereits entstandene Gebühren. Der RA verdient sich also auch dann die volle Gebühr, wenn er nicht sämtliche für die Erledigung der ihm übertragenen Einzeltätigkeiten erforderlichen Leistungen erbracht hat.
Rz. 9
Zu beachten ist außerdem die Gebührenbegrenzung des § 15 Abs. 6 RVG.
Rz. 10
In Vollstreckungs- bzw. Gnadensachen gilt ebenfalls der 5. Teil VV. Der Wahlanwalt erhält hier nach VV RVG 5200 10–100 Euro (Mittelgebühr 55 Euro), der gerichtlich bestellte oder beigeordnete RA pauschal 44 Euro. Diese Vergütung wird dem RA für die Vertretung in der Vollstreckung und in einer Gnadensache auch dann zugebilligt, wenn ihm die Verteidigung übertragen war. Auch hier kann vom Wahlverteidiger auf § 42 RVG und vom gerichtlich bestellten oder beigeordnetem RA auf § 51 RVG zurückgegriffen werden.