Rz. 1
Die Vorschrift entspricht § 9 RVG. Sie bestätigt die entsprechende Norm des Auftragsrechts (§ 669 BGB). Eine Verpflichtung zur Erhebung von Vorschüssen enthält sie als "Kann"-Bestimmung nicht. Der StB soll aber nicht zur Vorleistung verpflichtet sein (OLG Düsseldorf v. 27. 02. 1997 – 13 U 8/96, GI 1998, 170), ohne zu wissen, dass er eine angemessene Vergütung auch tatsächlich durchsetzen kann.
Rz. 2
unbesetzt
Rz. 3
Der Vorschuss soll den Anspruch des StB auf Zahlung seiner Vergütung und von ihm verauslagten Kosten sichern. Er ist auch dann angemessen, wenn er seiner Höhe nach die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen voll abdeckt. Ergibt sich bei der Abwicklung des Auftrags eine voraussichtlich höhere Vergütung als der bisherige Vorschuss, können weitere Vorschüsse verlangt werden.
Rz. 4
Der Vorschuss ist eine Vorauszahlung auf die später fällig werdende Vergütung. Zusätzlich zum Vorschuss ist auch Umsatzsteuer einforderbar, da § 15 keineswegs voraussetzt, die endgültige Honorarberechnung müsse schon vorliegen. Der Vorschuss geht mit der Zahlung in das Vermögen des StB über und unterliegt nicht den Vorschriften über verwaltete Fremdgelder (Anderkonten). Andererseits ist der StB aber auch nicht berechtigt, sich ohne ausdrücklich erteilte Befugnis aus den auf Anderkonten verwalteten Geldern des Mandanten selbst Vorschüsse anzuweisen, vgl. § 8 Abs. 3 BOStB. Allenfalls ist bei Abwicklung der Anderkonten eine Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) zulässig.
Rz. 5
Die Vorschussanforderung ist im Gegensatz zur förmlichen Berechnung der Vergütung nicht formgebunden. Vorschüsse können auch, soweit vereinbart, im Bankeinzugsverfahren erhoben (beispielsweise monatlich für Buchführungsleistungen) oder auf Grund formloser Rechnungen (z. B. bei Unterzeichnung durch Bürovorsteher) oder ggf. sogar mündlich eingefordert werden. Auf die gewählte Bezeichnung kommt es nicht an, wenn materiell ein Vorschuss gezahlt wird.
Rz. 6
Um bei einem Vorschuss der nicht trennscharfen Grenzziehung zur "Abrechnung vor Fälligkeit" und damit einer möglichen Bindungswirkung beim Bestimmungsrecht des Gebührensatzes zu entgehen, sollten StB klarstellen, dass es sich um einen Vorschuss handelt, diesen also als "Vorschuss" und nicht als "Rechnung" bezeichnen (vgl. zum Vorschuss nach RVG Schneider in Schneider/Volpert, RVG, 9. Aufl. 2021, § 9 Rz. 85). Bei Anforderung eines Vorschusses handelt es sich um eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung, wenn die Anforderungen des § 14 UStG erfüllt sind; einer Bezeichnung als "Rechnung" bedarf es nicht. Möglich ist auch, in der Vorschussanforderung auf die Angabe von Zehntelsätzen zu verzichten (Beyme, KANZLEI intern 10/2019, 5).
Rz. 7
Nach Eintritt der Fälligkeit (§ 7) kann kein Vorschuss mehr gefordert werden. Nach diesem Zeitpunkt muss die Leistung des StB ordnungsgemäß abgerechnet werden (AG Neuss v. 16. 12. 1998 – 30 C 3156/98, DStR 1999, Heft 46, S. X.). Gebühren und Auslagen können bereits entstehen, ohne dass gleichzeitig Fälligkeit eintritt. Nach Fälligkeit können Gebühren und Auslagen nur noch mit einer ordnungsmäßigen Berechnung gem. § 9 eingefordert werden. Dies entspricht dem Schutzzweck der Norm zugunsten des Auftraggebers.
Rz. 8
Wird der Vorschuss nicht gezahlt, kann der StB seine Leistung zurückstellen; eine Vorleistungspflicht i. S. v. § 320 Abs. 1 BGB besteht nicht. Auf die erheblichen Konsequenzen hat der StB aber als nebenvertragliche Verpflichtung und aufgrund von Treu und Glauben hinzuweisen. Der StB kann den Auftrag auch seinerseits kündigen.
Rz. 9
Hat der StB die erhaltenen Vorschüsse nicht verdient, ist er zur Rückzahlung verpflichtet (vgl. E I – Rz. 81). Ein zu hoher Vorschuss ist bereits bei Erledigung oder Beendigung der Angelegenheit (§ 7) zur Rückzahlung fällig und kann vom Mandanten zurückgefordert oder aufgerechnet werden. Die Rechtsgrundlage für die Rückforderung ergibt sich in diesem Fall aus dem Vertragsverhältnis (z. B. bei Geschäftsbesorgung aus § 667 BGB), ansonsten aus den Regeln zur ungerechtfertigten Bereicherung (so BGH v. 03. 02. 1988 – IVa ZR 196/86, StB 1988, 312) bzw. aus einem Bereicherungsanspruch (OLG Düsseldorf v. 05. 03. 1998 – 13 U 84/97, GI 1999, 174). Die spätere Berechnung i. S. v. § 9 hat lediglich formellen Charakter und ist nicht der Saldoziehung beim Kontokorrent gleichzusetzen.
Rz. 10
Vorschüsse sind mit dem Auftrag zu verrechnen, für den sie angefordert wurden. Eine "Querverrechnung" mit verschiedenen Aufträgen ist wegen der Zweckbindung grundsätzlich nicht möglich. Umstritten ist, ob eine Verrechnung von Vorschüssen bei unterschiedlichen Angelegenheiten innerhalb eines Auftragsverhältnisses möglich ist (z. B. Verrechnung überzahlter Vorschüsse für Buchführungsarbeiten mit Jahresabschlusstätigkeiten). Um dies rechtssicher zu regeln, kann es im Steuerberatungsvertrag allgemein vereinbart werden ("Eine Verrechnung von Vorschüssen für verschiedene Angelegenheiten ist möglich."). Die Frage kann dadurch umgangen werden, indem Vorschüsse möglichst ...