Die aus den Workshops mit über 20 Kanzleien abgeleiteten Themen können auch für andere Kanzleien als Inspirationen für deren eigene Strategie-Überlegungen herangezogen werden. Innovative Kanzleien haben vieles davon schon umgesetzt und arbeiten permanent an deren Weiterentwicklung. Die Themen lassen sich zu folgenden Gruppen zusammenfassen:
- Blick auf die Mandantschaft
- Leistungsangebot der Kanzlei
- Prozesse und Qualität
- Technik und Innovation
- Team, Kompetenzen & interne Kommunikation
- Strategie & Vision
Im Folgenden werden diese Themen im Einzelnen dargestellt.
Die strategische Arbeit mit Kanzleien hat den Blick auf diese Themen geschärft. Alle hier aufgezählten Punkte sind in diesem Sinne nicht Ideen, sondern konkrete Aufgaben und strategische Initiativen, die Kanzleien in ihrem individuellen Weg durch die digitale Transformation angepackt bzw. teilweise schon durchlaufen haben. Alle Aspekte eröffnen auch anderen Kanzleien eine Spanne an Möglichkeiten, sich Orientierung für die eigene Reise in die Zukunft zu verschaffen.
2.1 Blick auf die Mandantschaft
Mit Blick auf die Mandantenunternehmen und die Gestaltung der Wertschöpfung und Beziehungen zu diesen ist die Erkenntnis aus den Workshops wie der Umsetzung einfach und klar: Kanzleien, die den Weg der Digitalisierung beschreiten, gestalten in unterschiedlicher Ausprägung die Mandantendimension entlang folgender Ideen:
- Gemeinsame Wege mit Mandanten finden: Es geht darum, Wege zu finden und die eigene Digitalisierung zu gehen, auch wenn sie von Ihren Mandanten nicht eingefordert wird. Dabei ist die Berücksichtigung der hintergründigen Bedürfnisse der Mandanten wichtig, z. B. (vermeintliche) Zeitersparnis, Sicherheit der Abläufe, und nicht unbedingt das vordergründige Festhalten an der oberflächlichen Aussage "wir wollen nichts ändern und dass alles so bleibt". Letzteren Wunsch gilt es zu hinterfragen, genauer zu verstehen und in das eigene digitale Leistungsangebot zu integrieren. Die offensichtliche Reaktion auf solche Mandanten ist, einen Scanservice anzubieten.
- Anschluss an "Digital Natives" finden: Digital Native Mandanten fördern die Digitalisierung – Kanzleien, die solche Mandantengruppen haben, sind weiter als andere. Es hat sich als praktikabel erwiesen, die eigenen Digitalisierungskompetenzen in konkreten Mandantenprojekten weiterzuentwickeln. So entstehen Lösungen, bei denen die digitalen Angebote nicht einseitig aus Kanzleisicht gestrickt werden, sondern den gesamten Prozess auch beim Mandanten beachten.
- Professionelles Ausprobieren – Planvolle Testprojekte mit Mandantenunternehmen: Es ist wichtig, sich mit Testphasen Raum für Ausprobieren und Lernen und die unvermeidbaren Anfangshürden zu nehmen. Das bei neuen Angeboten auch offiziell den Mandanten gegenüber zu labeln, ist nur professionell. Den Mitarbeitern nimmt es den übergroßen Erfolgsdruck. Wichtig ist auch, bewusst (und dokumentiert) Rückschlüsse aus Testprojekten zu ziehen und diese Testperspektive in einen kontinuierlichen Erfahrungsaustausch zu überführen.
- Konkrete Vorteile für das Mandanten-Unternehmen benennen: Im Kontakt mit Mandanten ist es dienlich, Vorteile für die Prozesse und das Geschäftsmodell der jeweiligen Firma konkret zu benennen. Hier hat sich gezeigt, dass beispielsweise auch qualifizierte Fibu-Mitarbeiter ohne viel Digitalisierungserfahrung mit dem Blick auf den Rechnungswesenprozess des Mandanten leicht Potenziale der Digitalisierung erkennen. Entscheidend ist, diese Aufgabe zu priorisieren und ihr Zeit einzuräumen – beispielsweise auch in Workshops oder kanzleiinternen Erfahrungsaustauschrunden.
- Schlüssiges und positives Gesamtbild zeichnen: Kanzleien, die ihrer Mandantschaft insgesamt ein vorteilhaftes Bild der Digitalisierung vermitteln, das alle Aspekte beinhaltet – z. B. auch die Perspektive der GoBD – überzeugen diese. Entscheidender als die Inhalte ist hier die kompetente Überzeugung, für den Mandanten digital bessere Arbeitsergebnisse zu leisten – im Gesamtblick, nicht nur mit einem Einzelaspekt wie z.B. der digitalen Belegübermittlung.
2.2 Leistungsangebot der Kanzlei
Jede Kanzlei, die den Weg durch die Digitalisierung bis heute gegangen ist, hat das eigene Angebotsprofil geschärft – durch eine kontinuierliche, aber konsequente Anpassung (weiter verbreitet) oder ein planvolles Anstreben einer zuvor entwickelten Vision (weniger verbreitet). Während "vor der Digitalisierung" der "Gemischtwarenladen" noch das gängige und plausible Geschäftsmodell war, sind Kanzleien durch die eigene digitale Transformation viel fokussierter in ihrem Angebot. Dabei zeigt sich insgesamt eine erfreuliche und bunte Vielfalt an Wegen, die Kanzleien gehen – ganz nach dem Motto "Jeder nach seiner Façon".
- Mandanten den Rücken freihalten – jetzt erst recht: Mehr denn je gilt es, Mandanten zu ermöglichen, sich auf ihre eigenen unternehmerischen Kernaufgaben zu fokussieren. Ihnen den Rücken freizuhalten heißt heute auch insbesondere, Fragen der Digitalisierung von Rechnungswesen- und Steuerdeklarationsprozessen – inklusive Aspekte verstärkter Betriebsprüfu...