Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit der Steuerberater in einer solchen Konstellation pflichtwidrig gehandelt hat, stellen sich bei einer etwaigen Inanspruchnahme des Steuerberaters durch den GF zahlreiche weitere Fragen:

Hätte die Geschäftsführung bei korrekten Hinweisen zur Insolvenzreife tatsächlich Insolvenzantrag gestellt? Hierfür besteht grundsätzlich keine Vermutung[24].

In welcher Höhe ist der Geschäftsführung ein Schaden entstanden, den der Berater ersetzen muss? Hierbei kann ein Schaden nicht mit den Zahlungsverpflichtungen der Geschäftsführung aus § 64 GmbHG a.F./§ 15b InsO gleichgesetzt werden. Vielmehr bedarf es eines Gesamtvermögensvergleichs, bei dem auch Vermögensmehrungen zugunsten der Geschäftsführung zu berücksichtigen sind[25].

Scheitert ein schuldhaftes Verhalten daran, dass die Geschäftsführung sich hat extern beraten lassen? Eine Haftung des GF nach § 64 GmbHG a.F./§ 15b InsO setzt ein Verschulden seitens des GF voraus (s.o. Abschnitt III). Handelt der GF schuldhaft – und kann sich insoweit einer Haftung nicht entziehen –, bedeutet dies, dass er sich nicht auf Beratungen eines unabhängigen externen Beraters berufen konnte. Auch hat er die Insolvenzreife jedenfalls fahrlässig nicht erkannt. In diesem Fall wird man von einem erheblichen, mindestens 50%igen Mitverschulden der Geschäftsführung ausgehen müssen[26].

[24] Vgl. BGH v. 14.6.2012 – IX ZR 145/11, GmbHR 2012, 1009 Rz. 40 = GmbH-StB 2012, 274 (Große-Wilde).
[25] Vgl. BGH v. 14.6.2012 – IX ZR 145/11, GmbHR 2012, 1009 Rz. 41 ff. = GmbH-StB 2012, 274 (Große-Wilde).
[26] Vgl. Wagner, ZinsO 2018, 1005 (1012).

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