Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
Hat eine GmbH I, die vom Ehemann der Mehrheitsgesellschafterin einer weiteren GmbH (GmbH II) beherrscht wird, der GmbH II als "Darlehen" bezeichnete Beträge überlassen, die bei dem beherrschenden Gesellschafter der GmbH I als vGA besteuert worden sind, erhöht die Gewährung des "Darlehens" als mittelbare verdeckte Einlage die Anschaffungskosten der Mehrheitsgesellschafterin der GmbH II auf ihre wesentliche Beteiligung.
Normenkette
§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG
Sachverhalt
Die Klägerin war mit 60 % an der GmbH II beteiligt. Weiterer Gesellschafter der GmbH II war mit 40 % der Sohn S der Klägerin. Der Ehemann der Klägerin – E – war mit 80 % an der GmbH I beteiligt. Die GmbH II erwirtschaftete Verluste; sie war überschuldet. In dieser Lage gewährte ihr die GmbH I im Februar 1980 ein "Darlehen" i.H.v. 200000 DM. Am 3.12.1981 wurde die GmbH II aufgelöst. Die GmbH I schrieb ihre "Darlehensforderungen" gegen die GmbH II 1981 und 1982 auf 0 DM ab. Am 11.8. des Streitjahrs 1980 übertrugen die Klägerin und S ihre Anteile an der GmbH II gegen Vergütung des eingezahlten Teils der Stammeinlagen auf die GmbH I.
Das FA ging davon aus, dass die "Darlehenshingabe" an die GmbH II im Februar 1980 nicht betrieblich, sondern durch die verwandtschaftlichen Beziehungen des E zu den Gesellschaftern der GmbH II veranlasst gewesen sei. Die Zuwendung der "Darlehensmittel" an die GmbH II sei bei der GmbH I und E als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu erfassen. Bereits bei Hingabe des "Darlehens" habe festgestanden, dass die GmbH II die Beträge nicht habe zurückzahlen können. Eine verdeckte Einlage bei der GmbH II sei nicht anzusetzen, weil die "Darlehensforderung" der GmbH I schon im Zeitpunkt der Hingabe des "Darlehens" mit 0 DM zu bewerten gewesen sei.
Der Klage, mit der die Klägerin begehrte, ihren Veräußerungsverlust nach § 17 EStG im Streitjahr 1980 um den Darlehensbetrag von 200000 DM zu erhöhen, gab das FG teilweise i.H.v. 120000 DM statt. Zu Recht, wie der BFH entschied.
Entscheidung
Als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i.S.v. § 17 EStG sind insbesondere solche Aufwendungen des Gesellschafters anzusetzen, die auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als Nachschüsse oder verdeckte Einlagen zu werten sind. Im Streitfall sind die Voraussetzungen einer mittelbaren verdeckten Einlage der "Darlehensvaluta" das Vermögen der GmbH II gegeben. Die Verfahrensbeteiligten sind sich darüber einig, dass in der Hingabe der "Darlehensvaluta" an die GmbH II eine mittelbare vGA der GmbH I an E zu sehen ist.
Im Streitfall ist davon auszugehen, dass E die als "Darlehen" bezeichneten Beträge der Klägerin und S unentgeltlich zugewendet hat mit der Bestimmung, diese Beträge in die GmbH II einzulegen. Da mit der Zuwendung dieses Geldbetrags trotz ihres buchmäßigen Ausweises als "Darlehen" keine Rückzahlungsverpflichtung der GmbH II verbunden war, ist das Aktivvermögen der GmbH II vermehrt worden.
Die Zuwendung des Vermögensvorteils war auch durch das Gesellschaftsverhältnis der Klägerin zur GmbH II veranlasst. Wird der Vermögensvorteil – wie im Streitfall – durch eine dem Gesellschafter nahestehende Person an die Kapitalgesellschaft geleistet, kommt es für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung dieser Leistung darauf an, ob der Dritte mit der Zuwendung an die Gesellschaft eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt oder ob er damit eine Zuwendung gegenüber den Gesellschaftern machen will, die dadurch ihrerseits eine verdeckte Einlage in die Gesellschaft erbringen. Im Streitfall sind sich die Beteiligten darin einig, dass eigenwirtschaftliche Interessen der GmbH I für die Gewährung der als Darlehen bezeichneten Beträge nicht maßgebend waren.
Die verdeckte Einlage erhöht, soweit sie der Klägerin zuzurechnen ist, d.h. mit 60 % des insgesamt eingelegten Betrags, die Anschaffungskosten ihrer Beteiligung.
Hinweis
Im zu beurteilenden Fall ging es um eine in die äußere Form eines Darlehens gekleidete, verschleierte Zuwendung eines Geldbetrags durch den beherrschenden Gesellschafter (E) der GmbH I an seine Ehefrau (Klägerin) und seinen Sohn, die mit 60 % und 40 % an einer anderen GmbH (GmbH II) beteiligt waren. Diese Zuwendung wurde dadurch vollzogen, dass die GmbH I die Zahlung direkt an die GmbH II leistete. Da die GmbH I diese Leistung ohne eigenwirtschaftliches Interesse (ohne betrieblichen Anlass) erbracht hatte, sah der BFH darin zu Recht eine bloße Verkürzung des für die steuerrechtliche Beurteilung maßgebenden langen Leistungswegs, der sich aus folgenden Schritten zusammensetzte:
1. Schritt: Verdeckte Gewinnausschüttung des entsprechenden Betrags durch die GmbH I an ihren Gesellschafter E.
2. Schritt: Unentgeltliche Zuwendung dieses Betrags durch E an Ehefrau (Klägerin) und Sohn.
3. Schritt: Verdeckte Einlage des Betrags durch Ehefrau und Sohn in die GmbH II.
Im Hinblick auf den beschriebenen 3. Schritt begehrte die Klägerin (Ehefrau) zu Recht, den auf sie entfallenden Zuwendungsbetrag als nachträgliche Anschaffungskosten auf ihre wesentliche Beteil...