Prof. Dr. Ronald Gleich, Dr. Peter Schentler
Anpassungsfähigkeit an Veränderungen der Unternehmensumwelt erhöhen
Flexibilität bezeichnet die Anpassungsfähigkeit an Veränderungen der Unternehmensumwelt, also Handlungsspielraum, Handlungsschnelligkeit und Handlungsbereitschaft. Das Spannungsfeld zwischen Flexibilität und notwendiger Struktur ist eine Unternehmens- und Führungskultur, die auf Offenheit und die Bereitschaft setzt, Änderungen unterjährig durchzuführen und aus Fehlern zu lernen: "Schuldige suchen" führt zu "Fehler verstecken" und Intransparenz, hingegen erweist sich eine zukunftsorientierte Verbesserungskultur als hilfreich (vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Empfehlungen zur "Flexibilität" in der Budgetierung
1. Unterjährige Reaktionsfähigkeit schaffen
- Mit pragmatischen Genehmigungsprozessen unterjährige Chancen nutzen, wobei im Sinne eines Wettbewerbs der Einzelbudgets top-down Umschichtungen vorgenommen werden können. Hilfreich sind dazu beispielsweise verpflichtende Prioritätensetzungen bereits in der Erstplanung, z. B. bei Investitionen.
- Für unterjährige Chancen und Spezialprojekte kann die Geschäftsführung zentrale Budget-Sonderposten einplanen. Auch hier erzwingt Wettbewerb – mit Projektanträgen wird um diesen Budgetposten konkurriert – vorzeitige Prioritätensetzung.
- Überträge ins nächste Budget sollten flexibel sein: Das Übernehmen nicht ausgenutzter Budgets in das Folgejahr ("Budgetüberträge") sollte immer anlassbezogen geprüft werden. Weder eine generelle Erlaubnis noch ein generelles Verbot von Überträgen ist sinnvoll, da in beiden Fällen dysfunktionale Effekte ("Sammeln" nicht benötigter Budgets vs. Verbrauchen am Jahresende) auftreten können.
2. Forecasting kontinuierlich durchführen
Die zunehmend volatile Umfeldentwicklung in fast allen Branchen macht die Durchführung von unterjährigen Forecasts zum Controllingstandard. Dabei sollte man für die unterjährige Prognose bis zum Jahresende nicht unreflektiert Plan-Monate durch Ist-Monate ersetzen und damit auf das Gesamtjahresergebnis (-entwicklung) hochrechnen, sondern sich vielmehr (neue) Gedanken über die zukünftige Entwicklung machen. Forecasts (Erwartungsrechnungen) können je nach Anwendung/Methode unterschiedliche Zwecke erfüllen:
- Traditionelle Forecasts bis zum Geschäftsjahresende durchführen … Diese liefern zusätzliche Informationen zur klassischen Abweichungsanalyse. Das hilft speziell zur Ansteuerung von Geschäftsjahreszielen ("Werde ich das Ziel erreichen?"). Es handelt sich somit um eine zukunftsorientierte Abweichungsanalyse.
- … aber für Kerngrößen rollierend planen: Ein über das Geschäftsjahresende hinausgehender rollierender Forecast kann für Kerngrößen/wesentliche Werttreiber hilfreich sein (abhängig vom Geschäftsmodell, Projektgeschäft, Kunden etc.), um den Planungshorizont ohne großen Aufwand zu erweitern.
- In dynamischen Umfeldern rollierend planen: Liegt ein dynamisches Umfeld vor, sollte ebenfalls ein rollierender Forecast Anwendung finden. Dabei wird monatlich (oder vierteljährlich) immer für den gleichen Zeitraum (12, 15 oder 18 Monate) geplant. Je nach Planart wird dann das erste Viertel-/Halbjahr detailliert, das nächste Viertel-/Halbjahr weniger detailliert und das weitere Halbjahr nur noch grob berücksichtigt.
- Eine "Teilrollierung" ist möglich: Wird kein rollierender Forecast durchgeführt, ist auch eine Möglichkeit, den Year-to-End-Forecast ab der Jahresmitte in das nächste Jahr hineinreichen zu lassen.
3. Sensitivitäten und Szenarien berücksichtigen
Da es nicht "eine" Zukunft gibt, die sicher eintreten wird, sondern unterschiedliche Möglichkeiten, wie sich geplante Werte in Zukunft verhalten, ist es sinnvoll, auch unterschiedliche Alternativen in der Planung zu berücksichtigen und darauf aufbauende Maßnahmen zu überlegen. Eine Lösung bietet hier für Manager und Controller die Szenario- bzw. Contingency-Planung. Für einen Eintrittsfall ist man gerüstet, da Vorabüberlegungen bereits "am grünen Tisch" durchgeführt wurden. Wenn tatsächlich bestimmte Entwicklungen eintreten, können die vordefinierten Maßnahmenpakete umgesetzt werden, was die Reaktionsschnelligkeit erhöht.
- Mehrere Entwicklungen berücksichtigen …: In der Planung müssen Sensitivitäten und Szenarien sowie Einfluss-/Stellgrößen für die Entscheider bekannt gemacht werden. Wie ändern sich Ergebnis oder Rentabilität, wenn Umsatz, Kosten um beispielsweise 10 % sinken? Wesentlich dafür ist die Kenntnis der wesentlichen Treiber des Unternehmenserfolgs: Bei welchen Faktoren haben (kleine) Änderungen (große) Auswirkungen auf das Ergebnis.
… und mit Risikomanagement verbinden: Eine Eventualplanung ("Plan B") mit konkreten Maßnahmen ist bei wichtigen Einflussfaktoren sinnvoll. Sie basiert häufig auf Szenarienrechnungen, die obige Entwicklungsfragen weiterführen, beispielsweise:
- Wie wirken sich Umsatzeinbußen von 20 % bzw. 40 % aufgrund der politischen Entwicklung in Land A auf GuV und Finanzierungsbedarf aus?
- Und wie Veränderungen der Rohstoffverfügbarkeit/-kosten oder Währungsrelationen um gestaffelte Prozentsätze?