Redesign der Planung und Budgetierung: eine Daueraufgabe!
Neue Planungskonzepte: in der Praxis angekommen?
Was beschäftigt Controllerinnen und Controller im Jahresverlauf am meisten? Sie werden es spielend erraten, es sind die Planung und die Budgetierung. In vielen Analysen der Controllingtätigkeiten in der Praxis ragen stets diese Aufgaben gegenüber den anderen Aufgaben heraus. Und weil diese Aufgaben so viele Kapazitäten binden im Controlling und gleichzeitig nicht immer zur Zufriedenheit der Controllingkunden ausgeführt werden, sind sie seit Jahren und Jahrzehnten auch Gegenstand von Verbesserungsinitiativen. Die Stichworte bzw. Gesamtkonzeptbezeichnungen, die für solche Aktivitäten zur besseren Aufgabenerfüllung im Planungszusammenhang genannt werden können, sind hinlänglich und seit Jahren bekannt:
- „Better Budgeting“,
- „Beyond Budgeting“,
- „Zero-Base-Budgeting“ oder
- „Moderne Budgetierung“
Eine aktuelle, im Auftrag der IGC (International Group of Controlling) durchgeführte Studie zeigt jedoch, dass die Praxis vermeintlich immer noch stark von klassischen Budgetierungsansätzen geprägt ist und neue Konzepte als Ganzes nur sehr wenig in die Unternehmen diffundierten (vgl. Abb. 1). Dies gilt für auch für die genannten und vielzitierten sowie in Wissenschaft und Praxis intensiv diskutierten Konzepte. Es entsteht sogar der Eindruck, als ob diese neuen Konzepte keine Wirkung entfaltet hätten.
Was sich die letzten Jahre im Planungskontext verbessert hat
Es wäre jedoch falsch zu behaupten, dass sich nur wenig in den letzten Jahren und Jahrzehnten geändert hätte und man tatsächlich immer noch konventionell und „klassisch“ plant und budgetiert wie in den achtziger oder neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Das Gegenteil ist der Fall! Statt der Übernahme von kompletten Konzepten hat man sich in der Planungspraxis mit der Einführung einzelner neuer Tools und Teilkonzepte, geänderten Aufgabenverteilungen zwischen Controlling und Management, gestrafften Planungskalendern, einfacheren Prozessen oder mit Integration schaffenden IT-Lösungen beschäftigt.
D.h. viele Ideen oder Teilaspekte der oben skizzierten neuen Planungs- und Budgetierungslösungen werden mittlerweile tatsächlich in den Controllingabteilungen angewendet. Man kann ohne Zweifel feststellen, dass sich die Planung und Budgetierung in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren bei den meisten Unternehmen durchaus grundsätzlich geändert hat, ohne dafür ein gänzlich neues Label für die Aufgabe zu nutzen. Man schätzt das eigene Planungsagieren eher immer noch als „klassisch“ ein, obwohl es dies in vielen Aspekten und Ausprägungen nicht mehr ist.
So zeigt auch eine Studie von Matje/Losbichler aus dem Jahr 2022, dass z.B. die Kernprinzipien der Modernen Budgetierung (Einfachheit, Flexibilität, Integration) für Unternehmen, die mit ihrer Planung zufrieden sind, fast selbstverständlich erscheinen. D.h. neue Prinzipien sind auch hier in die Praxis diffundiert, ohne ein Gesamtkonzept (hier die Moderne Budgetierung) im Ganzen umgesetzt und damit die „klassische“ Budgetierung voll ersetzt zu haben. Man nutzt aber einzelne Ideen sowie Tools, die z.B. Flexibilität schaffen oder Integration zwischen Planungsebenen fördern und verbessert damit die eigene Planungs- und Budgetierungsperformance entscheidend.
So wurden zum Beispiel zwei Verbesserungsideen der Modernen Budgetierung in den letzten Jahren immer mehr zum selbstverständlichen Bestandteil der Unternehmensplanung:
- So werden Simulationen und die Analysen von Planungsszenarien immer populärer in der Praxis. Eine BARC-Studie (vgl. Fuchs/Tischler 2021) geht davon aus, dass 4 von 10 Unternehmen dies mittlerweile standardmäßig tun und diese Fähigkeit zukünftig noch weiter ausgerollt bzw. ausgebaut werden wird. Dabei nutzen die Controllingbereiche laut einer anderen BARC-Befragung („Fundierte Entscheidungen in dynamischen Zeiten“) aus 2020 besonders drei Simulationsmethoden:
- „Was-wäre-wenn-Simulationen“,
- „Parametersimulationen“ und
- „Simulationen mit Werttreibermodellen“ - Ähnlich erfolgreich genutzt wird im Planungs- und Budgetierungskontext mittlerweile auch die rollierende Planung und das rollierende Forecasting. D.h. man plant oder forecastet über das Budgetjahresende hinaus und geht bei den Analysen mehrere Monate oder Quartale in das neue Budget- bzw. Planungsjahr. Forecasts nur bis zum Geschäftsjahresende sind, das kann man durchaus sagen, tatsächlich „old style“.
Was es aktuell zu tun gibt: neue Treiber der Veränderung
Es hat sich also doch einiges geändert und verbessert im Planungskontext in den vergangenen Jahren. Trotzdem gibt es aktuell in der Controller-Community neue Ansätze zur Weiterentwicklung der Planung. So hat auch der International Controller-Verein (ICV eine neue Initiative unter dem Namen „nextgen@planning“ gestartet. Wie 2011 zur „Modernen Budgetierung“ sollen sich Experten aus Unternehmenspraxis, Wissenschaft und Beratung mit Verbesserungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten der Planung und Budgetierung auseinandersetzen. Ich denke, alleine drei wichtige Entwicklungen im Unternehmenskontext zeigen, dass diese erneute Auseinandersetzung mit der Thematik seitens des ICV richtig ist:
- Zum einen ist hier der Einfluss der zunehmenden Agilitätsbestrebungen in Unternehmen auf die Ausübung der Controllingaufgaben, hier insbesondere die Planung und Budgetierung, zu nennen.
- Zum anderen gab es in den letzten Jahren eine solch starke Dynamik bzgl. Digitalisierung der Controllingprozesse sowie der unterstützenden Nutzung von KI-Lösungen, dass auch diese Entwicklung es lohnenswert macht, sich nochmal intensiver mit möglichen Auswirkungen auf die Planung und Budgetierung zu beschäftigen.
- Die größte inhaltliche Änderung betrifft die Nachhaltigkeit. Neben finanziellen KPIs müssen zukünftig auch Werte zur Umweltverträglichkeit und Sozialem geplant werden, damit Nachhaltigkeit in die Unternehmenssteuerung
In Bezug auf Agilität und agiles Management fällt auf, dass sich auf den ersten Blick zwei sehr gegensätzliche Welten begegnen: hier die durchstrukturierte und mit klaren Regeln, Zielvorgaben und Verantwortlichkeiten verbundene Planung, dort das entbürokratisierte Handeln mit vielen Freiräumen für Mitarbeitende und einer kurzfristigeren, flexibleren Festlegung von Zielen.
Doch gerade diese Gegensätzlichkeit hat in der Praxis zu neuen Ideen geführt. So wenden sich Unternehmen beispielsweise immer mehr ab von verbindlichen Zielvorgaben und bevorzugen zunehmend flexible, auf Prognosen basierende Ausprägungen der Key Performance Indicators. Vielfach steuert man mittlerweile sogar „auf Sicht“ abhängig vom Unternehmenskontext und dessen Entwicklung und nicht mehr orientiert an starren Jahresplänen und Budgets. Das Forecasting gewinnt damit signifikant an Bedeutung.
Es lohnt sich also bzw. ist auch absolute Pflicht für Controllerinnen und Controller, sich immer wieder mit der Weiterentwicklungsnotwendigkeit der einzelnen Controllingaufgaben zu beschäftigen. Besonders die Planung, aber auch das Reporting, als wichtigste und ressourcenintensivste Aufgaben im Controlling, sind demzufolge logischer Gegenstand kontinuierlicher Verbesserungsüberlegungen. Ich kann Sie also nur ermutigen, sich immer wieder mit Effizienz- und Effektivitätssteigerungen bei der Erfüllung der Controllingaufgaben zu beschäftigen und z.B. die aktuelle Planungsinitiative des ICV als Motivation zu sehen, selbst wieder Tools, Prozesse und Kompetenzen zu verbessern.
Literatur:
Fuchs, C., Tischler, R. (2021), Die Zukunft der Planung - veränderten Anforderungen mit umfassender Modernisierung begegnen, BARC Topical Survey 2021
Matje, A., Losbichler, H. (2022), Status quo der Modernen Budgetierung, in: Controller Magazin, Heft 2, 2022, S. 4-9
Ulrich, P., Rieg, R. (2022), Digitization in Planning, Budgeting and Forecasting, IGC, St. Gallen 2022
Der Beitrag erschien erstmals in Controller Magazin 4/2024, S. 38.
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