Die Aufgabe eines Handelsunternehmens besteht darin, von Lieferanten solche Artikel auszuwählen und in das Sortiment aufzunehmen, die seinen Kunden den besten Nutzen bieten. Um die eigene Profitabilität zu erhöhen, stellt sich damit für das Handelsunternehmen die Frage, welche Kunden oder welche Lieferanten den höchsten Nutzen, d. h. die höchste Profitabilität liefern. Eigentlich müsste es zur Ermittlung der Unternehmensprofitabiliät genügen, für jeden verkauften Artikel die Kosten von den Erlösen (= Verkaufspreise) abzuziehen.
Interdependenzen erschweren Ermittlung der Profitabilität
Aufgrund von Wechselwirkungen können aber nicht alle Erlöse und Kosten genau einem Artikel zugeordnet werden. Eine Artikelprofitabilität ist daher äußerst ungenau. Einen Ausweg stellt die Ermittlung der Profitabilität auf einer höher aggregierten Ebene (= Bezugsgröße) dar. Im Folgenden wird daher die Bezugsgrößenhierarchie auf Beschaffungs- und Absatzseite aufgeführt und wesentliche Interdependenzen innerhalb beider Seiten sowie zwischen den Seiten werden erläutert. Es zeigt sich, dass auf der Beschaffungsseite der einzelne Lieferant und auf der Absatzseite die Kundengruppe geeignete Bezugsgrößen darstellen.
2.1 Bezugsgrößenhierarchie und Interdependenzen
Warengruppe
Das Sortiment als Gesamtheit aller angebotenen Artikel wird zur besseren Steuerung in Warengruppen und teilweise in Unterwarengruppen gegliedert. Dabei wird unter einer Warengruppe eine Gruppe von Artikeln oder Dienstleistungen verstanden, die aus der Sicht des Kunden als zusammengehörig (komplementär) oder substituierbar zur Erfüllung seines Nutzens angesehen wird.
Unterteilung in Warengruppen im Lebensmittelhandel
Das Sortiment lässt sich zunächst in einen Food- bzw. Non-Food-Bereich teilen. Der Food-Bereich kann dann z. B. weiter in die Warengruppen Fisch, Fleisch, Obst, Molkereiprodukte, Konserven, Getränke usw. unterteilt werden. Meist werden Warengruppen noch weiter in Unterwarengruppen (z. B. Molkereiprodukte in Milchprodukte, Desserts, Fette usw.) gegliedert.
Mehrfachzuordnungen vermeiden
Diese Gliederung ist eine strenge Hierarchie, d. h. ein Artikel ist genau einer (Unter-)Warengruppe und eine Warengruppe genau einem Bereich zugeordnet. Würde man einen Artikel mehreren Warengruppen zuordnen (z. B. Milchmixgetränke sowohl der Warengruppe Getränke als auch der Warengruppe Molkereiprodukte), so könnte man den Umsatz oder den Ertrag nicht einfach über alle Warengruppen addieren, sondern müsste die Doppelzählungen eliminieren (konsolidieren).
In den meisten Fällen stellt der Artikel die niedrigste Bezugsgröße dar (als Ausnahme sei auf die Variante verwiesen: ein Schuh der Größe 10 ist eine Variante des Artikel "Laufschuh Asics GT-2140").
2.2 Die Beschaffungsseite und ihre Interdependenzen
Auf der Beschaffungsseite kann einem einzelnen Artikel zwar der Listenpreis zugeordnet werden, doch dieser sagt meist wenig über seinen tatsächlichen Einstandspreis aus. Vom Listenpreis sind die geschäftsvorfallbezogenen und generellen Konditionen abzuziehen. Erst nach Beendigung der Abrechnungsperiode können die nachträglichen Vergütungen (NVG) ermittelt werden, die ebenfalls den Einstandspreis mindern.
Die Einstandspreise können mit der Einkaufsmenge je Periode oder auch je Bestellung variieren. Werden vom Hersteller Mindestbestellmengen bzw. Mindestbestellkosten gefordert, so fallen diese mengenfix an und dürfen, um Fehlentscheidungen zu vermeiden, nicht proportionalisiert einzelnen Artikeln zugerechnet werden. Würden die mengenfixen Kosten proportionalisiert, so würde im Modell eine Bestellung von 100 Artikeln zu den gleichen Kosten wie vier Bestellungen von 25 Artikeln führen, obwohl dies in der Realität nicht der Fall ist.
Gleiches gilt für gewährte Rabatte oder geänderte Preise, die aus dem gleichen Grund nicht einem bestimmten Artikel, sondern lediglich einem einzelnen Bestellvorgang zugeordnet werden sollten. Für besondere Aktionen des Händlers mit einzelnen Artikeln (z. B. Werbung oder Sonderplatzierung) zahlt der Lieferant meist einen Zuschuss. Auch dieser Zuschuss darf streng genommen nur den während der Werbung bzw. Sonderplatzierung verkauften Artikeln zugeordnet werden.
Listungsgebühren stellen ebenfalls Erträge dar, die keinem Artikel zugeordnet werden können, da diese schon gezahlt werden, ehe ein Artikel verkauft worden ist.
Auch bei der Beschaffung fallen Kosten an, die nicht direkt einem Artikel zugeordnet werden können, sondern nur
- einer Bestellung (z. B. Transportkosten),
- einem Lieferanten (z. B. Personalkosten der Rechnungsprüfung und der Kreditorenbuchhaltung) oder
- einer Warengruppe (z. B. Personalkosten der Disposition und des Wareneingangs).
2.3 Die Absatzseite und ihre Interdependenzen
Auf der Absatzseite kann der am Point of Sale (POS) ermittelte gesamte Erlös eines Warenkorbs (= Kassenbon des Einkaufs) nicht den einzelnen Artikeln zugeordnet werden. Der Kunde könnt...