Die Begründung des Gesetzesentwurfs verweist darauf, dass im Gegensatz zu den durch Verwaltungsschreiben veröffentlichten Schnittstellen bei der Schaffung von Schnittstellen durch Rechtsverordnung nach § 47 Abs. 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung die Pflicht bestehe, die betroffenen Verbände vorab anzuhören, wodurch die Transparenz vergrößert werde (vgl. BR-Drucks. 409/22, 93). Dieser Vorteil der Verordnungs- gegenüber einer Erlassregelung ist nicht von der Hand zu weisen.
Allerdings ist der Umstand, dass nach § 147b AO-E nicht nur die technische Beschreibung von Schnittstellen und Datensatzbeschreibungen, sondern auch die allgemeine Verpflichtung zur Nutzung der durch Rechtsverordnung vereinheitlichten Schnittstellen und Datensatzbeschreibungen in einer Rechtsverordnung geregelt werden sollen, vor dem Hintergrund des Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt rechtsstaatlich zumindest bedenklich. Die Pflicht zur Implementierung und Nutzung der Schnittstellen und Datensatzbeschreibungen bedeutet nicht zuletzt aufgrund des damit verbundenen finanziellen Aufwands einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Steuerpflichtigen.
Fehlende Definition "Datenverarbeitungssystem": Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der in § 147b S. 1 AO-E (ebenso wie in § 146 Abs. 7 AO) verwendete Begriff des "Datenverarbeitungssystems" gesetzlich nicht definiert ist, was bereits nach derzeit geltendem Recht zu Problemen bei der Bestimmung der Reichweite des Datenzugriffsrechts des Außenprüfers führen kann (vgl. hierzu Peters/Danielmeyer in Hruschka/Peters/von Freeden, Steuerliche Betriebsprüfung, Rz. 1.21). Neben "Klassikern" wie Kassen- und Warenwirtschaftssystemen können zu Datenverarbeitungssystemen i.S.v. § 147 Abs. 6 AO bzw. dann § 147b AO-E je nach Tätigkeitsfeld des Unternehmens noch weitere technische Einrichtungen gehören, bei denen die Gewährung des Datenzugriffs bzw. die Schaffung einer einheitlichen Schnittstelle und Datensatzbeschreibung eher fernliegt (vgl. hierzu Peters/Danielmeyer in Hruschka/Peters/von Freeden, Steuerliche Betriebsprüfung, Rz. 2.29 ff.).
Beispiele:
Zu Datenverarbeitungssystemen, die steuerrelevante Daten aufzeichnen, können bspw. Betriebsstundenzähler, Kassen- und Parkscheinautomaten, Ladepunkte für Elektrofahrzeuge oder Warenautomaten gehören.
Die dargestellten Bedenken werden verstärkt durch den Umstand, dass es nach der neuen Fassung des § 158 Abs. 2 Nr. 2 AO-E zu einer Verwerfung der Buchführung, also einer Aufhebung der Vermutung der sachlichen Richtigkeit des Buchführungsergebnisses, führen soll, wenn elektronische Daten nicht nach den Vorgaben des § 147b AO-E i.V.m. der dann geltenden Rechtsverordnung zur Verfügung gestellt werden. Dies wiederum führt grundsätzlich gem. § 162 Abs. 2 AO zu einer Schätzungsbefugnis des Prüfers.
Vor diesem Hintergrund wäre eine Regelung vorzuziehen, die – vergleichbar der für Kassensysteme geltenden Vorschrift des § 146a AO i.V.m. der Kassensicherungsverordnung – das "ob" der Verpflichtung zur Nutzung einheitlichen Schnittstellen und Datensatzbeschreibungen gesetzlich verankert und das "wie" der technischen Ausgestaltung einer Rechtsverordnung überlässt. Auf diese Weise würden den Gesichtspunkten der Rechtssicherheit einerseits und der erforderlichen Flexibilität und Transparenz andererseits in gleicher Weise Rechnung getragen. Im Rahmen der Verordnung sollten außerdem Klarstellungen zu denjenigen Datenverarbeitungssystemen vorgenommen werden, die von i.S.v. § 147b AO-E erfasst werden sollen.
Nach dem Regierungsentwurf würde die Neuregelung des § 147b AO-E ab dem 1.1.2023 gelten. Um Steuerpflichtigen und Systemherstellern die technische Umsetzung zu ermöglichen und klarzustellen, dass die Regelung nicht für abgeschlossene Jahre zur Anwendung kommt, sollte (vgl. Art. 7 Abs. 1 des Regierungsentwurfs, BR-Drucks. 409/22, 94) eine zeitliche Übergangsregelung geschaffen werden (so auch Kowalick, DB 2022, 2181 [2183]).