Zusammenfassung
Normalerweise erfolgen Gewinnausschüttungen in der Praxis nach dem regulären Verhältnis der Gewinnanteile. In Einzelfällen ist es jedoch unter bestimmen Voraussetzungen ebenfalls möglich, eine abweichende Gewinnverteilung (sog. "inkongruente Gewinnverteilung") zu wählen.
Hintergrund
Die Grundregel (§ 29 Abs. 3 S. 1 GmbHG) sieht vor, dass der auszuschüttende Gewinn einer Kapitalgesellschaft – insbesondere GmbH – nach dem Verhältnis der Gewinnanteile verteilt wird. Das bedeutet, wer mehr Anteile an der Gesellschaft hält, bekommt auch mehr von dem Gewinn. Die Kapitalgesellschaft kann aber auch von diesem Maßstab abweichen und den Gewinn "inkongruent" bzw. "disquotal" verteilen.
Voraussetzung dafür ist, dass der Gesellschaftsvertrag die quotenabweichende Verteilung ermöglicht, sei es in Gestalt einer entsprechenden Festlegung oder in Gestalt einer Öffnungsklausel. Die Gründe für einen abweichenden Verteilungsschlüssel sind vielfältig. Hierbei sind zu nennen:
- Ungleichmäßige Leistung der Gesellschaftereinlagen,
- Unterbewertete Sacheinlagen,
- Abgeltung persönlicher Leistungsbeiträge eines Gesellschafters.
Finanzrechtsprechung sorgt für praktischen Änderungsbedarf
Die Finanzrechtsprechung hat entschieden, dass ein Beschluss über eine ungleiche Vorabausschüttung von Gewinnen einer GmbH, der einstimmig von der Gesellschafterversammlung gefasst wurde und von keinem Gesellschafter angefochten werden kann, zivilrechtlich gültig ist. Daher wird dieser Beschluss als Grundlage für die Besteuerung berücksichtigt.
Der Bundesfinanzhof (BFH) widerspricht damit ausdrücklich der bisherigen Verwaltungspraxis der Finanzverwaltung.
Finanzverwaltung nimmt praktische Anpassungen vor
Aus diesem Anlass nimmt die Finanzverwaltung daher praktische Anpassungen vor. Demnach sind inkongruente Gewinnausschüttungen aktuell steuerrechtlich grds. dann anzuerkennen, wenn sie zivilrechtlich wirksam sind.
Das ist nach der aktuellen Verwaltungspraxis (vgl. BMF, Schreiben v. 4.9.2024, IV C 2 – S 2742/19/10004 :003) insbesondere in den folgenden Fällen gegeben:
Ab wann gelten die praktischen Neuerungen?
Das aktuelle BMF-Schreiben der Finanzverwaltung ersetzt die bisherige Verwaltungspraxis und ist grds. in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Inkongruente Gewinnausschüttungen sind somit nach aktueller Verwaltungspraxis steuerrechtlich insbesondere dann anzuerkennen, wenn sie unter den genannten Voraussetzungen zivilrechtlich wirksam sind.