aa) Bei Kapitalgesellschaften
Trotz Schuldenverrechnung und 15 %-Abschlag i.R.d. Finanzmitteltests (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) sowie Schmutzzuschlag (§ 13b Abs. 7 ErbStG) ist es bei Unternehmen mit hohen Finanzmittelbeständen (insb. Bankguthaben, Forderungen) denkbar, dass die Verschonungsregeln nur eingeschränkt zur Anwendung kommen. In Extremfällen – z.B. bei Handelsunternehmen mit hohen Finanzmittelbeständen im Bewertungszeitpunkt – ist es sogar möglich, dass die Verschonung aufgrund der Regelung des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG vollständig versagt wird (vgl. dazu bereits oben den Beraterhinweis bei III. 1. 2.).
Im Kapitalgesellschaftskonzern könnte in diesem Fall in Betracht gezogen werden, zunächst sämtliche Finanzmittelbestände – nahezu steuerbefreit unter Anwendung von § 8b KStG – bis zur Ebene der Obergesellschaft auszuschütten. Im Anschluss daran könnten die Finanzmittelbestände in einer separaten Gesellschaft ("Cash-Box") gebündelt und anschließend abgespalten werden.
Zur Sicherstellung der Ertragsteuerneutralität der Abspaltung sind allerdings die strengen Anforderungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG i.V.m. Tz. 15.01 ff. des UmwSt-Erlasses (BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 - S 1978-b/08/10001, BStBl. I 2011, 1314 = GmbH-StB 2012, 44) zu erfüllen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG muss im Falle der Abspaltung nicht nur ein Teilbetrieb abgespalten werden, sondern bei der übertragenden Körperschaft auch ein Teilbetrieb verbleiben. Dies ist allerdings nicht dahingehend zu verstehen, dass, solange nur ein Teilbetrieb zurückbleibt, einzelne hierzu nicht gehörende Wirtschaftsgüter einer steuerneutralen Abspaltung nicht entgegenstehen (Nitzschke in Brandis/Heuermann, UmwStG, Stand: 164. EL 11/2022, § 15 Rz. 56). Die Finanzverwaltung verlangt vielmehr in Tz. 15.01 Satz 1 des UmwSt-Erlasses, dass "bei der übertragenden Körperschaft das zurückbleibende Vermögen ebenfalls zu einem Teilbetrieb gehört". Mitunternehmeranteile und 100%ige Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gelten zwar für Zwecke des § 15 UmwStG als Teilbetriebe (Tz. 15.02 UmwSt-Erlass), neutrale Wirtschaftsgüter können diesen "fiktiven Teilbetrieben" allerdings nur sehr eingeschränkt zugeordnet werden (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl, UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 15 Rz. 63).
Beraterhinweis Um nicht zwischen einer Ertragsteuerbelastung in der Gegenwart und einer denkbaren Erbschaftsteuerersparnis in der Zukunft abwägen zu müssen, ist dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit dem "doppelten Teilbetriebserfordernis" bei Abspaltungen dringend zur Einholung einer verbindlichen Auskunft zu raten.
bb) Bei Personengesellschaften
Im Personengesellschaftskontext ist eine ähnliche Gestaltung denkbar. Vor dem Hintergrund, dass eine direkte Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften wohl nicht unter Fortführung der Buchwerte möglich ist (Gosch, DStR 2010, 1173 [1175]; BFH v. 10.4.2013 – I R 80/12, BStBl. II 2013, 1004 (anhängig beim BVerfG unter Az. 2 BvL 8/13), sind alternative Übertragungswege in Betracht zu ziehen. Hierzu i.E.:
Denkbar ist z.B., dass die Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens von dem bisherigen Betriebsvermögen separiert werden, indem diese Wirtschaftsgüter unentgeltlich in eine im Vorfeld neu gegründete Unterpersonengesellschaft eingelegt werden. Diese Einbringung vollzieht sich nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG zwingend zu Buchwerten (Fischer/Petersen, DStR 2019, 2169 [2173]). Im Nachgang können die Mitunternehmer der Oberpersonengesellschaft den Mitunternehmeranteil an der Unterpersonengesellschaft beteiligungsidentisch entnehmen, was nach § 6 Abs. 3 EStG ebenfalls zwingend zu Buchwerten erfolgt (Entnahme eines gesamten Mitunternehmeranteils). Denn hinsichtlich der Person des Übertragenden sowie des Übernehmenden sieht der Gesetzeswortlaut keine Einschränkungen vor, d.h. übertragender und übernehmender Rechtsträger können sowohl natürliche Personen, Mitunternehmerschaften als auch Kapitalgesellschaften sein (so auch BMF v. 20.11.2019 – IV C 6 - S 2241/15/10003, BStBl. I 2019, 1291 Tz. 1 = EStB 2020, 16). Auch hinsichtlich der Übertragung von im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft befindlichen Mitunternehmeranteilen an Untergesellschaften ist somit § 6 Abs. 3 EStG anzuwenden (Kulosa in Schmidt, EStG, 41. Aufl. 2022, § 6 Rz. 704; Uhl-Ludäscher in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand: 314. EL 11/2022, § 6 EStG Rz. 1249).