Prof. Dr. Klaus-Michael Ahrend
"Es ist nicht gesagt, dass etwas besser wird, wenn es anders wird, aber wenn es besser werden soll, muss es anders werden. "(Georg Christoph Lichtenberg)
2.1 Einführung
Der Begriff des ehrbaren Kaufmanns wurde im Mittelalter geprägt, damals vor allem für selbstständige Kaufleute. Immer noch aktuell ist der Begriff, u. a. weil jede Industrie- und Handelskammer durch den Gesetzgeber gem. § 1 Abs. 1 IHKG aufgerufen ist, für Anstand und Sitte des "ehrbaren Kaufmanns" zu wirken. Gleichwohl verändert sich der Begriff des ehrbaren Kaufmanns. Weitere Prägungen erhält der Begriff durch Konzepte wie Corporate Governance, Corporate Social Responsibility und Nachhaltigkeit. Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren ihr Selbstverständnis verändert. Klimaschutz hat deutlich an Bedeutung gewonnen. Dieser Trend ist weitgehend unabhängig von Unternehmensgröße und Branche. Dazu kommt die Erkenntnis jedes Unternehmers, sich als Mitglied einer Gesellschaft mit Traditionen, einer Geschichte und bestimmten moralischen Werten zu verstehen. Die Loyalität zu der Gemeinschaft hat in Deutschland einen hohen Stellenwert. Jeder kann und will meist einen Beitrag für den "sozialen Klebstoff" der Gemeinschaft leisten.
Das Kümmern um die Umwelt, der Einsatz für mehr Zusammenhalt, gegen die Entsolidarisierung und gegen eine übertriebene Individualisierung – das sind wichtige Treiber für die Entwicklung von nachhaltigen Geschäftsmodellen.
2.2 Strategische Agilität
Jede Unternehmensstrategie basiert auf der Beobachtung und Analyse von (externen) Kontextfaktoren und der Ausgestaltung von unternehmerischen Handlungsparametern. Wichtig ist, dass Strategien nicht unverrückbar bleiben, nur weil sie einmal formuliert und beschlossen wurden. Strategien müssen überprüft werden – nur mit einer solchen strategischen Kontrolle werden Unternehmen agil und können im Wettbewerb langfristige Erfolge erwarten. Die strategische Agilität hilft, mit unsicheren und komplexen Marktentwicklungen souverän umzugehen. Für die inhaltliche Arbeit von Geschäftsleitung und Aufsichtsgremien ist daher die Befassung mit Kontextfaktoren, mit Erfolgen und Chancen sowie mit Fehlern und Risiken von besonderer Bedeutung.
- Kontextfaktoren: Immer wichtiger wird in diesem Zusammenhang die Beobachtung des Wettbewerbs. Die frühzeitige Erkennung von Entwicklungen kann dabei durch ein professionelles Wissens- und Informationsmanagement unterstützt werden. Dazu gehört auch ein regelmäßiger Bericht der Geschäftsleitung an das Aufsichtsgremium über die Entwicklungen des Marktes, mit Entwicklungen im Vertrieb, Maßnahmen des Wettbewerbs und neuen Trends bei den Kundenerwartungen. Der Steuerberater kann die Erstellung derartiger Berichte unterstützen. Dabei sollte der Bericht der Geschäftsleitung nicht nur den Markt bzw. Vertrieb, sondern auch die Entwicklungen bei den übrigen Geschäftsfeldern umfassen. Ergänzt wird der Blick auf die externen Kontextfaktoren um eine Überprüfung der vorhandenen internen Prämissen.
- Erfolge und Chancen: Es ist für die Geschäftsleitung und das Aufsichtsgremium wichtig, die unternehmerischen Stärken zu formulieren und die erreichten Erfolge zu würdigen. Diese Bestätigung kann zu einer Stärkung der formulierten Strategie führen. Ferner können Erfolge auch zu neuen Chancen führen. Neue Chancen lassen sich ebenfalls durch die gemeinsame Befassung mit Veränderungen im externen Umfeld entwickeln bzw. verstärken. Eine wesentliche Chance kann in der Realisierung von nachhaltigen Geschäftsmodellen liegen.
- Fehler und Risiken: Eine gute Unternehmenskultur akzeptiert Schwächen und in einem angemessenen Umfang auch Fehler; auch solche, die von der Geschäftsleitung dem Aufsichtsgremium vorgetragen werden. Entsprechend sollte nicht die Suche nach Verantwortlichen im Vordergrund stehen, sondern die Ableitung von Maßnahmen, um derartige, negative Entwicklungen gegenüber der Planung künftig zu vermeiden. Ein integriertes Risikomanagement umfasst dabei neben regelmäßigen Risikoberichten auch die Ableitung von Maßnahmen und die Befassung mit diesen im Aufsichtsgremium. Auch die Erstellung dieser Berichte kann die Steuerkanzlei unterstützen.
Abb. 1: Strategie-Komponenten zur Befassung des Aufsichtsgremiums
Auf Basis der Analyse der genannten Elemente sind die strategischen Ziele, insbesondere die der Produkt-Markt-Kombination und der Wettbewerbsstrategie (Kostenführerschaft oder Qualitätsführerschaft im Gesamtmarkt oder in einer Nische) ggf. anzupassen. Werden Strategien bzw. strategische Ziele angepasst, kann dies auch zu einer Anpassung der Geschäftsmodelle führen.
2.3 Nachhaltige Geschäftsmodelle
Ein Geschäftsmodell ist die vereinfachte Abbildung der Ressourcentransformation des Unternehmens sowie seiner Austauschbeziehungen mit Marktteilnehmern. In der Regel enthält ein nachhaltiges Geschäftsmodell die folgenden Elemente:
- Ressourcenstruktur (insb. von Kapital, Personal, Know-how)
- Konfiguration der Wertschöpfung (integrierte, spe...