Ausgangspunkt für die entsprechende Umsetzung der Maßnahmen gegenüber den Arbeitnehmern ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer anweisen, bestimmte Tätigkeiten in einer definierten Art und Weise auszuführen. In diesem Zusammenhang sollten sich die Arbeitgeber aber vor Einführung der Maßnahmen auch der jeweiligen Schranken des Direktionsrechts bewusst sein. Diese liegen zum einen in den gesetzlichen Vorgaben sowie zum anderen in den individual- und kollektivrechtlichen Regelungen.
Geregelt ist das Direktionsrecht samt Schranken in § 106 GewO.
2.1.1 Gesetzliche Vorschriften
Eine in § 106 GewO genannte Schranke stellen zunächst die gesetzlichen Vorschriften dar. So muss bei der Einführung von nachhaltigen Maßnahmen z. B. das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz beachtet werden. Maßnahmen dürfen Arbeitnehmer etwa nicht aufgrund des Alters, der Herkunft, einer Behinderung, der Religion und Weltanschauung oder der sexuellen Orientierung unzulässig benachteiligen. Selbst wenn ein Unternehmen durch eine Maßnahme "im Großen und Ganzen" seiner gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen will, kann dies nur dann eine zulässige Benachteiligung darstellen, wenn die gesetzlichen Ausnahmen eingreifen. Z. B. kann es ein Unternehmensziel sein, im Rahmen der Thematik Diversity (als sozialer Belang und damit Teil der Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens) bei einer Führungsebene gezielt mehr Mitarbeiterinnen zu rekrutieren, da aktuell der Anteil an weiblichen Führungskräften sehr gering ist. Auch in diesem Fall darf aber eine Stelle nicht nur für weibliche Personen ausgeschrieben werden, sondern muss nach den allgemeinen Grundsätzen für alle Geschlechter offen sein.
2.1.2 Individualrechtliche Schranken
Neben den gesetzlichen Vorschriften können die Schranken des Direktionsrechtes auch individualrechtlicher Natur sein, d. h. sich aus Vereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergeben. Hier muss insbesondere der Arbeitsvertrag betrachtet werden. Ggf. werden etwaige Maßnahmen des Unternehmens ausgeschlossen. Ist dies der Fall, kann von dieser arbeitsvertraglichen Regelung nicht einseitig durch den Arbeitgeber abgewichen werden. Dies kann z. B. bei der Einführung eines neuen Vergütungsmodells oder bei geänderten Prozessen eine Änderung der vereinbarten Tätigkeit der Fall sein. Hier kann z. B. eine Änderungsvereinbarung mit dem Arbeitnehmer abgeschlossen werden. Stimmt der Arbeitnehmer nicht zu, kann eine kollektivrechtliche Ablösung oder in engen Grenzen auch eine Änderungskündigung als einseitige Maßnahme des Arbeitgebers in Betracht kommen.
Insofern wird auch diskutiert, die Tätigkeitsbeschreibungen in Arbeitsverträgen möglichst offen zu formulieren. Gerade die Nachhaltigkeitsstrategie eines Unternehmens kann auch zu einer Transformation verschiedener Geschäftsbereiche führen. Oftmals wird das Thema Digitalisierung dabei eine große Bedeutung haben. Mit offenen Tätigkeitsbeschreibungen im Arbeitsvertrag oder weit formulierten Versetzungsklauseln hat ein Arbeitgeber einen größeren Spielraum, die Transformation einseitig durch das Direktionsrecht umzusetzen. Es müssen aber die arbeitsrechtlichen Grenzen einer Versetzungsklausel beachtet werden.
Der "klassische" Verkäufer
Verkauft ein Einzelhandelsunternehmen seine Produktpalette zukünftig auch über einen Online-Shop und werden in diesem Zuge Filialen geschlossen, so fallen im Unternehmen verschiedene Arbeitsplätze weg oder wandeln sich. Es werden z. B. einerseits weniger Verkäufer in den Filialen benötigt, andererseits aber wird eine Online-Beratung via Chat oder Video eingeführt, sodass Online-Berater benötigt werden.
Ob einem Verkäufer dann per Direktionsrecht zukünftig die neuen Aufgaben eines Online-Beraters zugewiesen werden können, wird dann anhand der Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag geprüft. Ist diese Beschreibung weit gefasst oder eine entsprechende Versetzungsklausel vorgesehen, steht der Arbeitsvertrag diesem Wandel nicht entgegen. Vielmehr kann der Arbeitgeber die neuen Tätigkeiten einseitig zuweisen. Zu beachten wäre jedoch ein etwaiges Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
Für Arbeitgeber gibt es aber auch eine Kehrseite der Medaille. Kann durch Direktionsrecht der Verkäufer als Online-Berater eingesetzt werden, kann eine betriebsbedingte Kündigung dieses Verkäufers bei einer Filialschließung nicht mehr ohne Weiteres ausgesprochen werden. Dies sollte bei der Festlegung einer weiten Tätigkeitsbeschreibung oder einer Versetzungsklausel bedacht werden.
Ein oftmals nicht beachtetes Rechtsinstitut kann im Rahmen einer Nachhaltigkeitsstrategie ebenfalls eine erhebliche Rolle spielen: die betriebliche Übung. Die betriebliche Übung ist ein Rechtskonstrukt, dass die Gleichbehandlung bei einer dauerhaften Unternehmenspraxis sicherstellen soll. Die mehrfache Gewährung einer Leistung durch den Arbeitgeber kann als Angebot für die Zukunft mit Bindungswirkung für den Arbeitgeber verstanden werden, sofern der Arbeitnehmer daraus geschlossen haben durfte, dass er...