Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
1. Als nachträgliche Anschaffungskosten können Aufwendungen des Steuerpflichtigen dessen Auflösungsverlust nur erhöhen, wenn sie sich auf die konkrete Beteiligung beziehen.
2. Befriedigt ein qualifiziert beteiligter Gesellschafter einer GmbH einen Gläubiger der GmbH, obschon diese Verbindlichkeit wegen der Vollbeendigung der GmbH nicht mehr besteht, ist der entsprechende Aufwand nicht (mehr) durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.
Normenkette
§ 17 EStG
Sachverhalt
Herr K ist vielfältig geschäftlich aktiv. U.a. war er qualifiziert an einer GmbH beteiligt, die aber wegen tatsächlicher Vermögenslosigkeit gelöscht worden war. Nach dem Erlöschen der GmbH und dem damit verbundenen zivilrechtlichen Untergang ihrer Verbindlichkeiten zahlte K ein Darlehen zurück, welches eine Bank der GmbH gegeben hatte. Er machte diese Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten im Rahmen des Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG geltend.
FA und FG lehnten das ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 14.05.2009, 11 K 431/06, Haufe-Index 2212922, EFG 2009, 1739).
Entscheidung
Der BFH folgte der Vorentscheidung und wies die Revision des K zurück. Die Zahlung war nicht durch sein Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst, da die GmbH bereits voll beendet war und Forderungen der Bank ihr gegenüber nicht mehr bestanden, die K hätte ablösen können.
Hinweis
1. Wie sind eigentlich Finanzierungshilfen eines i.S.v. § 17 EStG qualifiziert beteiligten GmbH-Gesellschafters steuerlich zu behandeln, die gewährt wurden, nachdem die GmbH bereits gelöscht worden war?
2. Nach § 17 Abs. 1 und Abs. 4 EStG kann der Gesellschafter einen Auflösungsverlust geltend machen. Das ist der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten sowie seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen.
3. Zu den abziehbaren nachträglichen Anschaffungskosten i.S.d. § 255 Abs. 1 S. 2 HGB können bekanntlich auch Finanzierungshilfen des Gesellschafters zugunsten seiner Gesellschaft gehören. Auch wenn diese Finanzierungsmaßnahmen (z.B. ein Darlehen oder eine Bürgschaft) dem sog. Fremdvergleich nicht standhalten, folgt allein daraus noch nicht ihre Funktion als Eigenkapital und deshalb auch nicht ihre Berücksichtigung als nachträgliche Anschaffungskosten im Verlustfall.
4. Werden solche Finanzierungshilfen geleistet, nachdem die GmbH aufgrund ihrer tatsächlichen Vermögenslosigkeit und Löschung nach Liquidation bereits vollbeendet war, sind diese Aufwendungen nicht mehr durch das Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst. Die GmbH ist nämlich nach ihrer Löschung wegen tatsächlicher Vermögenslosigkeit als Person nicht mehr existent, Verbindlichkeiten gehen unter.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige durchaus geschäftlich motiviert gezahlt hat, weil er z.B. um seine Reputation fürchtete und verhindern wollte, dass die Bank, die er nach dem Untergang der Verbindlichkeit dennoch befriedigte, ihm für andere gewerbliche Aktivitäten kein Geld mehr ausleiht. Dies alles kann nicht eine fehlende Veranlassung durch das konkrete Gesellschaftsverhältnis ersetzen (der Abzug dieser Aufwendungen bei den andersartigen geschäftlichen Aktivitäten konnte im Streitfall nicht geprüft werden).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 09.06.2010 – IX R 52/09