Leitsatz
Übernimmt ein wesentlich beteiligter Gesellschafter im Rahmen einer Liquidation Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein, können daraus resultierende Schuldzinsen weder als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb steuerlich geltend gemacht werden.
Sachverhalt
Der Kläger, eine natürliche Person, war bis zur Liquidation an einer GmbH i. S. des § 17 EStG beteiligt. Um den Geschäftszweck der GmbH im Rahmen eines Einzelunternehmens unverändert fortzuführen, übernahm der Kläger das positive Betriebsvermögen der GmbH sowie ein Darlehen. Das Darlehen überstieg den Wert der übergegangenen Aktiva bei Weitem. In den Folgejahren begehrte der Kläger einen Betriebsausgabenabzug für die Schuldzinsen aus dem übernommenen Darlehen. Als Begründung führte er die geänderte Rechtsprechung des BFH an, nach der Finanzierungsaufwendungen auch nach der Veräußerung einer § 17 EStG-Beteiligung als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können. Die Finanzverwaltung hielt die geänderte Rechtsprechung dagegen erst mit Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG auf 10%, und somit ab dem Veranlagungszeitraum 1999, für einschlägig.
Entscheidung
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Die aus dem übernommenen Darlehen resultierenden Zinsaufwendungen stellen keine Betriebsausgaben des Einzelunternehmens dar, da der Kläger damit keine betrieblichen Aufwendungen finanziert hat. Das Darlehen ist zudem nicht im Rahmen einer Rechtsnachfolge von der GmbH auf das Einzelunternehmen übergegangen, sondern wurde vielmehr ohne rechtliche Verpflichtung übernommen. Auch einen Abzug der Zinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen lehnte das Gericht ab. Die geänderte Rechtsprechung des BFH, nach der bei Beteiligungen i. S. des § 17 EStG Schuldzinsen aus der Finanzierung des Beteiligungserwerbs u. U. auch nach Liquidation oder Veräußerung als nachträgliche Werbungskosten abzugsfähig sind, ist erst für Liquidationen/Veräußerungen in Veranlagungszeiträumen nach 1998 einschlägig. Die Liquidation der GmbH erfolgte aber bereits in 1995.
Hinweis
Das Urteil ist rechtskräftig. Nachträgliche Werbungskosten können lediglich durch Zinsen begründet werden, die aus der ursprünglichen Finanzierung einer § 17 EStG-Beteiligung resultieren. Übernimmt dagegen ein wesentlich beteiligter Anteilseigner ohne rechtliche Verpflichtung Schulden seiner GmbH, können die damit verbundenen Zinsen nicht steuerlich geltend gemacht werden. Gleiches gilt aufgrund des fehlenden Abzugs tatsächlicher Werbungskosten im Rahmen der Abgeltungssteuer auch für nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.10.2010, 14 K 86/06