Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Obwohl die Belegnachweise keine materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung von innergemeinschaftlichen Lieferungen darstellen, muss das Vorliegen der Voraussetzungen vom Unternehmer nachgewiesen werden. Zweifel an der Richtigkeit der Nachweise gehen zu Lasten des Unternehmers.
Sachverhalt
Die Klägerin hatte für gut zwei Jahre ein Gewerbe zum An- und Verkauf von Fahrzeugen angemeldet. In Voranmeldungen wurden im Wesentlichen steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen und Vorsteuerbeträge erklärt. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die Unternehmereigenschaft nicht gegeben sei und außerdem keine ordnungsgemäßen Nachweise für die Ausführung innergemeinschaftlicher Lieferungen vorliegen würden. Auf Grund der Prüfungsfeststellungen wurde der Vorsteuerabzug versagt und die Umsatzsteuer auf 0 EUR festgestellt.
Die Klägerin erhob Klage gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs und vertrat die Auffassung, dass steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen ausgeführt wurden. Dies sei auch ausreichend nachgewiesen, der nach dem Umsatzsteuergesetz erforderliche Beleg- und Buchnachweis verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Entscheidung
Das Gericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin ist zwar als Unternehmerin tätig geworden, es konnte aber nicht nachgewiesen werden, dass steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen ausgeführt wurden. Da insoweit die entstehende Umsatzsteuer für die Lieferungen höher ist als der der Klägerin zustehende Vorsteuerabzug, war - da eine Verböserung im finanzgerichtlichen Verfahren nicht möglich ist - die Klage abzuweisen.
Entgegen der Feststellungen des Finanzamts war die Klägerin als Unternehmerin tätig. Sie war im Streitjahr als selbständige Unternehmerin tätig gewesen, weil sie die Kaufgeschäfte über die streitgegenständlichen Kfz im eigenen Namen abgeschlossen hat. Nach den Feststellungen der Beweisaufnahme hat es sich bei den Ankäufen der Fahrzeuge nicht um unbeachtliche "vorgeschobene" Strohmanngeschäfte gehandelt. Der Klägerin steht damit der geltend gemachte Vorsteuerabzug aus dem Ankauf der Fahrzeuge zu.
Allerdings konnte nach der Beweisaufnahme nicht nachgewiesen werden, dass es sich bei der Veräußerung der Fahrzeuge um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen nach § 6a UStG gehandelt hat. Grundsätzlich stellt das Gericht fest, dass die Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, aber keine materiell-rechtlichen Voraussetzungen darstellen. Allerdings muss der leistende Unternehmer nachweisen können, dass die Voraussetzungen für die innergemeinschaftlichen Lieferungen vorliegen. Im vorliegenden Fall bezweifelte das Gericht nach der Vernehmung von Zeugen die inhaltliche Richtigkeit der vorgelegten CMR-Frachtbriefe, da in den Frachtbriefen andere Übergabeorte angegeben waren, als sich dies aus der Befragung der Zeugen ergab.
Hinweis
Die Voraussetzungen für die innergemeinschaftlichen Lieferungen müssen vom Unternehmer nachgewiesen werden. Zwar stellen die Nachweispflichten keine materiellen Voraussetzungen für die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen dar, und bestimmen die Regelungen des § 6a Abs. 3 UStG und der §§ 17a und 17c UStDV lediglich, dass und wie der Unternehmer die Nachweise zu erbringen hat. Kommt der Unternehmer diesen Nachweispflichten jedoch nicht nach, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung nicht erfüllt sind. Will der Unternehmer den Nachweis in anderer Weise führen, gehen Zweifel an der Richtigkeit dieser Nachweise zu Lasten des liefernden Unternehmers.
Der nachhaltige und sichere Nachweis der innergemeinschaftlichen Lieferung wird deshalb regelmäßig nur über die in § 17a ff. UStDV aufgeführten Belege zu führen sein.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 13.07.2010, 14 K 3222/07