OFD Hannover, Verfügung v. 12.4.2007, S 7100 - 542 - StO 171
Gebietskörperschaften und Unternehmer, die Landschaften in ihrer natürlichen Beschaffenheit maßgeblich und nachhaltig verändern (z.B. durch Erschließung eines Bau- und Gewerbegebietes, Bau von Straßen, Errichtung von Gebäuden, Abtragen von Bodenvorkommen) sind naturschutzrechtlich verpflichtet, entsprechende Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen (§ 10 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes – NNatG – vom 11.4.1994 – Nds. GVBl. S. 155, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23.6.2005 – Nds. GVBl. S. 210). Können die erheblichen Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes nicht nach § 10 NNatG ausgeglichen werden, hat der Verursacher bzw. der dazu Verpflichtete die durch den Eingriff zerstörten Funktionen oder Werte des Naturhaushalts oder Landschaftsbildes an anderer Stelle des von dem Eingriff betroffenen Raumes in ähnlicher Art und Weise wiederherzustellen (Ersatzmaßnahmen i.S. des § 12 NNatG).
Der Eingriffsverursacher ist in der Regel nicht in der Lage, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen selbst durchzuführen. Er verfügt nicht über geeignete Grundstücke und/oder ist nicht bereit, Grundstücke über Jahre i.S. einer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme lediglich extensiv zu nutzen (z.B. Feuchtbiotop, Streuobstwiese, Reduzierung weidender Tiere, Verbot der Ausbringung von Gülle und Pflanzenschutzmitteln).
Die Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahmen werden vielmehr von einem Dritten (z.B. Naturschutzbehörde, Land- und Forstwirt oder Stiftung) erbracht, an den der Eingriffsverursacher Zahlungen leistet. Da die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowohl räumlich als auch zeitlich unabhängig vom Eingriff selbst durchgeführt werden können, schaffen Dritte auch Vorratsflächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Die auf den Vorratsflächen vorgenommenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden in Ökopunkte umgerechnet, die handelbar sind. Weder bei der Durchführung von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen noch beim Verkauf von Ökopunkten liegt eine Grundstückslieferung oder eine Grundstücksvermietung vor. Denn der Eingriffsverursacher hat nur ein Interesse daran, von seiner Verpflichtung eine Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme durchführen zu müssen, befreit zu werden. Er erwirbt oder mietet kein Grundstück.
Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme durch die Naturschutzbehörde
Gehört die Übernahme der Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme durch die Naturschutzbehörde zu ihren hoheitlichen Aufgaben, handelt die Naturschutzbehörde nicht als Unternehmer. Die Zahlungen des Eingriffsverursachers unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Begründet die Tätigkeit dagegen einen Betrieb gewerblicher Art i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 UStG i.V.m. § 4 UStG, handelt die Naturschutzbehörde unternehmerisch. Die Zahlungen des Eingriffsverursachers sind steuerbar und steuerpflichtig zum Regelsteuersatz. In welchen Fällen ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, ergibt sich aus der Körperschaftsteuerkartei § 4 KStG Karte B 14.
Ausgleichsmaßnahmen durch einen Land- und Forstwirt
Verpflichtet sich der Land- und Forstwirt gegenüber dem Eingriffsverursacher die Belastung bestimmter Flächen seines Betriebes mit Naturschutzauflagen zu dulden, erbringt er eine steuerpflichtige sonstige Leistung, die auch bei einem pauschalierenden Land- und Forstwirt der Regelbesteuerung unterliegt. Führt der Land- und Forstwirt daneben die Ausgleichsmaßnahme durch, erbringt er eine weitere selbstständige Leistung an den Eingriffsverursacher. Die Leistung kann eine der Regelbesteuerung unterliegende Werklieferung oder -leistung oder eine reine Pflanzenlieferung sein. Eine Pflanzenlieferung fällt bei einem pauschalierenden Land- und Forstwirt unter die Pauschalierung, wenn es sich um selbsterzeugte Pflanzen handelt.
Erbringt der Land- und Forstwirt die Ausgleichsmaßnahme bereits im Voraus und veräußert er an den Eingriffsverursacher Ökopunkte, ist die Veräußerung eine der Regelbesteuerung unterliegende sonstige Leistung.
Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen durch einen anderen Dritten (z.B. Stiftung)
Verpflichtet sich ein Dritter vertraglich gegenüber dem Eingriffsverursacher, die Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme durchzuführen, erbringt er eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung. Gleiches gilt, wenn der Dritte Ökopunkte an den Eingriffsverursacher veräußert.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1