Leitsatz
Hat ein Beamter im Veranlagungszeitraum nur zeitweise eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet ausgeübt und dafür eine steuerfreie Aufwandsentschädigung erhalten, so sind die auf die Tätigkeit im Beitrittsgebiet entfallenden Werbungskosten zu dem Anteil nicht abziehbar, der dem Verhältnis der steuerfreien Einnahmen zu den im Zeitraum der Tätigkeit im Beitrittsgebiet erzielten Gesamteinnahmen entspricht (Fortführung der Rechtsprechung aus dem Urteil vom 26.3.2002, VI R 26/00).
Normenkette
§ 3 Nr. 12 Satz 1 EStG , § 3c EStG , § 9 EStG
Sachverhalt
Der Kläger, ein Finanzbeamter, war 1991 Bediensteter des Landes Niedersachsen. Er war ab Beginn des 2. Halbjahrs 1991 bis zu seiner Versetzung im Jahr 1992 an ein Finanzamt in Sachsen-Anhalt abgeordnet.
Dem Kläger entstanden 1991 im Zusammenhang mit der Abordnung Aufwendungen (Reisekosten, Fahrtkosten etc.) in Höhe von rd. 8 400 DM. Insoweit erhielt er eine steuerfreie (Reisekosten-) Erstattung von rd. 3 400 DM. Den Differenzbetrag in Höhe von rd. 5 000 DM machte der Kläger als Werbungskosten geltend.
Das FA setzte von diesem Betrag eine steuerfrei ausgezahlte Aufwandsentschädigung in Höhe von rd. 3 000 DM ab und berücksichtigte Werbungskosten nur in Höhe von rd. 2 000 DM.
Das FG gab der Klage statt. Die Kosten in Höhe von 5 000 DM seien nicht um die steuerfrei ausgezahlte Aufwandsentschädigung zu kürzen.
Entscheidung
Die Entscheidung Die Revision des FA war begründet. Entsprechend den o.a. Ausführungen in den Praxis-Hinweisen seien die vom Kläger geltend gemachten – auf die Tätigkeit im Beitrittsgebiet bezogenen – Werbungskosten aufgrund der steuerfreien Aufwandsentschädigung (anteilig) zu kürzen. Da das FG keine Feststellungen getroffen habe, welche steuerpflichtigen Grundbezüge der Kläger im 2. Halbjahr 1991 erzielt habe, sei die Sache nicht spruchreif und an das FG zurückzuverweisen.
Hinweis
Die Besprechungsentscheidung ergänzt das BFH-Urteil VI R 26/00 vom gleichen Tag. Auf die Besprechung in BFH-PR 2002, 325 wird verwiesen.
In der Grundsatz-Entscheidung VI R 26/00 hatte der BFH im Einzelnen dargelegt, dass die einem Beamten für seine Tätigkeit im Beitrittsgebiet entstandenen Werbungskosten nicht – wie viele FÄ meinten – um die (steuerfreie) Aufwandsentschädigung zu kürzen sei; andererseits seien die Werbungskosten wegen § 3c EStG aber auch nicht in voller Höhe abziehbar.
Da der Beamte sowohl steuerpflichtige Grundbezüge als auch eine steuerfreie Aufwandsentschädigung bezogen habe, stünden Werbungskosten mit beiden Bezügen in wirtschaftlichem Zusammenhang. Dies habe zur Folge, dass Werbungskosten (u.a. für Arbeitsmittel, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte etc.) in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen seien.
Bei ganzjähriger Tätigkeit im Beitrittsgebiet sei der nicht abziehbare Teil der Werbungskosten nach dem Verhältnis der steuerfrei gewährten Aufwandsentschädigung zu den Gesamteinnahmen im Beitrittsgebiet zu bemessen.
Im Streitfall war der Beamte nicht ganzjährig im Beitrittsgebiet tätig. Diejenigen Werbungskosten, die im 1. Halbjahr 1991 (Tätigkeit in einem alten Bundesland) angefallen waren, konnten naturgemäß vollständig berücksichtigt werden, da in dieser Zeit keine (steuerfreie) Aufwandsentschädigung gezahlt worden war. Die anteilige Kürzung betraf aber diejenigen Werbungskosten, die auf den Zeitraum der Tätigkeit im Beitrittsgebiet entfallen waren.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.3.2002, VI R 45/00